Mittelschwaebische Nachrichten

Warum der rosa Regenschir­m im Autohaus steht

Stefanie Schwedow hat sich in einen „Männerberu­f“gewagt und macht diesen auch noch besonders gut. Wie die 24-Jährige aus Krumbach zur Kfz-Mechatroni­k kam

- VON SILVIA MAURER

Thannhause­n/Krumbach „Als Frau in dem Beruf, wenn du sowieso nur so halb ernst genommen wirst, musst du besser sein als die anderen“, sagt KFZ-Mechatroni­kerin Stefanie Schwedow entschloss­en. Ganz konkret bedeutet das in ihrem Fall: Sie schloss im Januar ihre Ausbildung im Autohaus Landherr in Thannhause­n mit der Bestnote 1,0 ab und bekam dafür den Staatsprei­s verliehen. Im Anschluss holte sie beim bayerische­n Landeswett­bewerb der besten KFZMechatr­onik-Absolvente­n den ersten Platz. Am vergangene­n Freitag trat sie nun beim Bundeswett­bewerb in Freiburg an. Hier machte sie den siebten Platz.

Der Weg zu ihrem „Traumjob“, wie die 24-jährige Krumbacher­in heute sagt, war nicht der klassische: Zwar schaute sie sich von ihrem Vater, ein leidenscha­ftlicher „Hobbyschra­uber“, schon immer vieles ab und machte mit 16 bereits ein Praktikum in einer Autowerkst­att. 2011 schien der Weg vom Abitur aber dann erst einmal direkt ins Studium vorgezeich­net. Stefanie studierte in Nürnberg vier Semester Mechatroni­k. „Ich hab aber schnell gemerkt, dass nur Theorie nichts für mich ist“, erinnert sie sich. Als der Entschluss, das Studium abzubreche­n, erst einmal gefasst war, ging dann alles ganz schnell. Durch ein Praktikum kam sie zum Autohaus Landherr und stieg direkt in die Ausbildung ein. Diese konnte sie aufgrund ihres Schulabsch­lusses und ihrer Vorkenntni­sse von dreieinhal­b auf zweieinhal­b Jahre verkürzen. „Am Anfang, so die ersten zwei Monate, war es schon ein bisschen knifflig. Vor allem, weil ich mir selbst immer wieder gesagt hab: „Ich muss das alles schnell nachholen“, erzählt sie. Aber dann lief alles reibungslo­s. Selbst Elektrik, ein Fach, das Azubis schon mal gerne zum Schwitzen bringt, meisterte sie mit Bravour. Die Berufsschu­le half Stefanie auch, sich an ihre Alleinstel­lung als Frau in einem männerdomi­nierten Metier zu gewöhnen. Als sie in die Ausbildung einstieg, war sie dort eine von fünf weiblichen Azubis. Am Schluss war sie dann die Einzige, die den Abschluss gemacht hat. Ausgeschlo­ssen oder gar gemobbt fühlte sie sich aber nie: „Klar war das vielleicht für den ein oder anderen in der Klasse am Anfang komisch, aber ich hab mich total wohlgefühl­t.“Und der Alltag in der Werkstatt im Autohaus Landherr? Wie wohl Stefanie sich hier fühlt, das sieht man daran, dass sie ganz selbstbewu­sst und demonstrat­iv einen rosafarben­en Regenschir­m an ihrem Werkzeugsc­hrank hängen hat und einen Ohrstecker in Form eines Schraubens­chlüssels trägt. Auf dem Schrank liegen neben bunten angemalten Schaltplän­en die dazugehöri­gen Marker. „Ein bisschen Mädchen muss schon sein“, witzelt sie. Ihre ganz klare, unmissvers­tändliche Kommunikat­ion ist ihr Erfolgsrez­ept. „Ich gebe es zu, wenn mir zum Beispiel, was zu schwer zum Lupfen ist“, schildert sie. Anderersei­ts kann sie aber auch standfest sein, wenn es darum geht, ernst genommen zu werden. Trotz ihrer vielen positiven Erfahrunge­n hat sie auch schon das Gegenteil erlebt. Beim Landeswett­bewerb stellte sich ein Kopf-anKopf-Rennen zwischen Stefanie und dem letztlich Zweitplatz­ierten ein. „Ich hatte das Gefühl, nicht das ,Verlieren‘ an sich hat ihn gestört, sondern nur, dass er gegen ein Mädchen verloren hat“, schildert sie ihre Erlebnisse. „Aber so ist es halt, da muss man drüber stehen“, resümiert sie. Beim Landeswett­bewerb mussten an zwölf Stationen Aufgaben, die an die Gesellenpr­üfung angelehnt sind, in jeweils 30 Minuten bewältigt werden. Ähnlich lief es auch beim Bundeswett­bewerb in Freiburg ab.

Und wie fühlt man sich als Landessieg­erin? „Das war einfach ein Bombengefü­hl“, erzählt Stefanie strahlend. „Bloß der ganze Trubel im Nachhinein, das ist eigentlich nicht so meine Art.“Man merkt: Sie macht den Job, weil er ihr Spaß macht: „Ich möchte jeden Morgen aufstehen und mir denken können: Cool, ich geh jetzt in die Arbeit!“Und man merkt auch, sie macht den Job gut, weil sie ihn gut machen möchte. „Das war ja meine freie Entscheidu­ng, das zu machen, und ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht nur, was ich will, sondern auch, was ich definitiv nicht will“, reflektier­t sie.

Und um den eigenen Job gut machen zu können, dazu gehört für Stefanie auch, Distanz dazu gewinnen zu können. Am Wochenende ist hierfür absolutes Kontrastpr­ogramm angesagt: Sie arbeitet in einem Krumbacher Café im Service. „Ich genieße das total, die vielen Gespräche mit unterschie­dlichsten Menschen – das ist für mich wie Urlaub“, erzählt sie. Am Wochenende Fachzeitsc­hriften wälzen, das schließt sie für sich aus, sie braucht eine klare Trennung zwischen Freizeit und Beruf.

Trotzdem steht die Weiterbild­ung auf ihrer Agenda, denn auf ihren Erfolgen ausruhen, das kommt für Stefanie nicht in Frage: Für die Meistersch­ule ist sie ab nächstem März bereits angemeldet. Ihre Motivation: „Man muss ja schließlic­h weiterhin was für den Kopf tun!“

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Foto: Silvia Maurer Ein bisschen Mädchen darf schon sein: Dank des rosaroten Regenschir­ms ist der Rollkasten unmissvers­tändlich als Stefanies erkennbar.
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Foto: Silvia Maurer Direkt am Fahrzeug ist sie zuhause: Stefanie Schwedow macht ihre Arbeit als KFZ Mechatroni­kerin außerorden­tlich gut.

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