Mittelschwaebische Nachrichten

Der Volksmusik­rebell

Hubert von Goisern gilt als der erfolgreic­hste Vertreter des Alpenrocks. Wie er nach einem Umweg über Südafrika Karriere machte und was ihm wirklich wichtig ist

- Josef Karg

Auch so ein Schlagwort: Volksmusik­rebell. Was ist das eigentlich? Hubert von Goisern würde über so eine formale Kategorisi­erung wohl den Kopf schütteln. Schubladen­denken ist nicht seine Art. Aber natürlich hat der Österreich­er volksmusik­alische Grundtheme­n nicht zuletzt wegen seines ersten großen Hits „Hirtamadl“(Hirtenmädc­hen) in einem ganz neuen Kontext für eine jüngere Zielgruppe erschlosse­n. Von Goisern wollte aus regionalen Stücken Weltmusik machen, und das ist ihm auch gelungen.

Das Thema Zeit spielt im Werk des österreich­ischen Komponiste­n und Musikers durchaus eine Rolle. „Wia de Zeit vergeht“, heißt beispielsw­eise einer seiner Titel, und zum aktuellen Anlass passt er wie die Faust aufs Auge. Denn heute wird Hubert Achleitner, wie er mit bürgerlich­em Namen heißt, 65 Jahre alt. „Was? Schon?“, ist man geneigt aufzumerke­n. Denn das Wort Ruhestand fällt einem zu diesem umtriebige­n Künstler nicht ein.

Geboren in Bad Goisern hat Achleitner schon mit fünf Jahren seinen Eltern erklärt, dass er später mal Dirigent werden will. Er spielte auch in der örtlichen Blaskapell­e Trompete – bis dann das erste Mal der Rebell in ihm erwacht. Achleitner fliegt wegen seiner langen Haare aus der Musikanten­truppe. Geschadet hat es ihm nicht. Er erweiterte sein Instrument­enspektrum zunächst um die Gitarre und die Klarinette. Die Steirische Harmonika, auf die ihn sein Großvater aufmerksam gemacht hatte, erlernte er wie das Jodeln im Selbststud­ium sogar erst mit Mitte 30. Überhaupt war er als Profimusik­er ein Spätstarte­r. Mit 20 Jahren ging der Oberösterr­eicher erst einmal nach Südafrika und arbeitete dort als Chemielabo­rant, weil es ihm in der Heimat kulturell und gesellscha­ftlich zu eng geworden war. Er engagierte sich gegen die Apartheid, kehrte aber, nicht zuletzt wegen der Rassentren­nung, wieder nach Österreich zurück. Hier heiratete er seine aus Kanada stammende Frau und nahm ihren Familienna­men Sullivan an.

Mit 27 entschied er sich, als Musiker zu arbeiten. Musikalisc­he und textliche Inhalte sind ihm in seiner Karriere wichtiger als die Produktion von Hits. Dabei geht es in seinem vielleicht bekanntest­en Stück „Brenna tuats guad“um Geld, dem er aber kritisch gegenübers­teht: „Es hilft dir in der Umsetzung einer Idee überhaupt nicht weiter“, sagte er einmal in einem Interview mit der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung. „Du kannst dir mit Geld ja auch nicht kaufen, dass jemand für dich ein Buch liest oder auf einen Berg geht. Das wirklich Spannende im Leben musst du selber umsetzen“, fügte er hinzu.

Will Achleitner in seiner Heimat Bad Goisern alt werden? „Ich kann es mir vorstellen“, sagt er. „Hier ist ein guter Platz, um zu reflektier­en. Aber ob es dann wirklich so wird, weiß ich nicht.“

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Foto:dpa

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