Mittelschwaebische Nachrichten
Der Volksmusikrebell
Hubert von Goisern gilt als der erfolgreichste Vertreter des Alpenrocks. Wie er nach einem Umweg über Südafrika Karriere machte und was ihm wirklich wichtig ist
Auch so ein Schlagwort: Volksmusikrebell. Was ist das eigentlich? Hubert von Goisern würde über so eine formale Kategorisierung wohl den Kopf schütteln. Schubladendenken ist nicht seine Art. Aber natürlich hat der Österreicher volksmusikalische Grundthemen nicht zuletzt wegen seines ersten großen Hits „Hirtamadl“(Hirtenmädchen) in einem ganz neuen Kontext für eine jüngere Zielgruppe erschlossen. Von Goisern wollte aus regionalen Stücken Weltmusik machen, und das ist ihm auch gelungen.
Das Thema Zeit spielt im Werk des österreichischen Komponisten und Musikers durchaus eine Rolle. „Wia de Zeit vergeht“, heißt beispielsweise einer seiner Titel, und zum aktuellen Anlass passt er wie die Faust aufs Auge. Denn heute wird Hubert Achleitner, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, 65 Jahre alt. „Was? Schon?“, ist man geneigt aufzumerken. Denn das Wort Ruhestand fällt einem zu diesem umtriebigen Künstler nicht ein.
Geboren in Bad Goisern hat Achleitner schon mit fünf Jahren seinen Eltern erklärt, dass er später mal Dirigent werden will. Er spielte auch in der örtlichen Blaskapelle Trompete – bis dann das erste Mal der Rebell in ihm erwacht. Achleitner fliegt wegen seiner langen Haare aus der Musikantentruppe. Geschadet hat es ihm nicht. Er erweiterte sein Instrumentenspektrum zunächst um die Gitarre und die Klarinette. Die Steirische Harmonika, auf die ihn sein Großvater aufmerksam gemacht hatte, erlernte er wie das Jodeln im Selbststudium sogar erst mit Mitte 30. Überhaupt war er als Profimusiker ein Spätstarter. Mit 20 Jahren ging der Oberösterreicher erst einmal nach Südafrika und arbeitete dort als Chemielaborant, weil es ihm in der Heimat kulturell und gesellschaftlich zu eng geworden war. Er engagierte sich gegen die Apartheid, kehrte aber, nicht zuletzt wegen der Rassentrennung, wieder nach Österreich zurück. Hier heiratete er seine aus Kanada stammende Frau und nahm ihren Familiennamen Sullivan an.
Mit 27 entschied er sich, als Musiker zu arbeiten. Musikalische und textliche Inhalte sind ihm in seiner Karriere wichtiger als die Produktion von Hits. Dabei geht es in seinem vielleicht bekanntesten Stück „Brenna tuats guad“um Geld, dem er aber kritisch gegenübersteht: „Es hilft dir in der Umsetzung einer Idee überhaupt nicht weiter“, sagte er einmal in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Du kannst dir mit Geld ja auch nicht kaufen, dass jemand für dich ein Buch liest oder auf einen Berg geht. Das wirklich Spannende im Leben musst du selber umsetzen“, fügte er hinzu.
Will Achleitner in seiner Heimat Bad Goisern alt werden? „Ich kann es mir vorstellen“, sagt er. „Hier ist ein guter Platz, um zu reflektieren. Aber ob es dann wirklich so wird, weiß ich nicht.“