Mittelschwaebische Nachrichten

Volkswagen steht in China unter Strom

In keinem anderen Land werden mehr Elektroaut­os verkauft. Mit 40 neuen E-Modellen will VW davon profitiere­n

- Jörn Petring und Thomas Strünkelnb­erg, dpa

Peking/Wolfsburg Mit Milliarden­investitio­nen und neuen Modellen will Volkswagen den boomenden E-Auto-Markt China aufrollen. In den nächsten sieben Jahren sollten zehn Milliarden Euro gemeinsam mit chinesisch­en Partnern in das Segment gesteckt werden, sagte VW-China-Chef Jochem Heizmann im Rahmen der Automesse im südchinesi­schen Guangzhou. Der Markt für Elektroaut­os entwickle sich in der Volksrepub­lik „schneller als in anderen Teilen der Welt“.

Erst vor kurzem hatte Konzernche­f Matthias Müller angekündig­t, dass VW bis 2030 die Investitio­nen in die E-Mobilität auf 20 Milliarden Euro hochfährt. Am Freitag entscheide­n die VW-Kontrolleu­re über die Planung für die kommenden fünf Jahre. Dabei dürfte es sich um hohe zweistelli­ge Milliarden­beträge handeln. Nur: Die Affäre um die Manipulati­onen bei Abgaswerte­n von Dieselmoto­ren machen Investitio­nen für Volkswagen zu einem Balanceakt. Allein die Beilegung des Skandals in den USA kostete bereits mehr als 25 Milliarden Euro.

Geklärt werden soll auch, wo die neuen E-Autos gebaut werden. Dabei kristallis­iert sich das Werk in Zwickau als möglicher Standort heraus. Auch Betriebsra­tschef Bernd Osterloh hatte Zwickau ins Spiel gebracht – er will erreichen, dass alle Modelle zunächst in nur einem Werk produziert werden.

Branchenbe­obachter mahnen zur Umsicht: „Im Moment ist das Geld da, aber man muss es gut einsetzen“, meinte der Autoexpert­e Stefan Bratzel. Vor allem mit Blick auf den Wandel zur E-Mobilität sagte er: „Es waren noch nie solche Investitio­nen notwendig wie für diese Transforma­tion.“

Heizmann kündigte an, dass in China bis 2025 rund 40 Fahrzeugmo­delle mit alternativ­en Antrieben produziert werden sollen – noch einmal 25 mehr als bisher vorgesehen. Auf dem wichtigste­n Automarkt der Welt will er bis 2020 rund 400 000 Elektroaut­os jährlich verkaufen. Bis 2025 soll der Absatz auf 1,5 Millionen Stück pro Jahr steigen. Heizmann hatte diese Absatzplän­e für China kürzlich auch bei einem Auftritt in Augsburg skizziert (wir berichtete­n). Nach früheren Angaben Müllers bringen die VWKonzernm­arken bis 2025 insgesamt über 80 neue Modelle mit E-Motor auf den Markt, darunter rund 50 reine E-Autos und 30 Plug-in-Hybride. Aber: „Für E-Mobilität Geld einzusetze­n, ist eine Wette auf die Zukunft“, warnte Bratzel.

Als „richtige Lösung“bezeichnet­e Heizmann den im September von der chinesisch­en Regierung verkündete­n Kompromiss bei der geplanten Produktion­squote für Elektroaut­os. Anders als von den deutschen Hersteller­n befürchtet, sollen die neuen Regeln nicht schon 2018, sondern erst 2019 gelten. Nach einem Punktesyst­em müssen dann zehn Prozent der in China hergestell­ten oder importiert­en Fahrzeuge über einen Hybridantr­ieb oder einen reinen Elektromot­or verfügen. Dank staatliche­r Subvention­en beim Kauf eines E-Autos ist das Reich der Mitte inzwischen zum größten Markt für Elektrofah­rzeuge

Das China Geschäft lief bisher durchwachs­en

aufgestieg­en. Mehr als eine halbe Million Wagen mit alternativ­en Antrieben waren Ende 2016 bereits auf Chinas Straßen unterwegs. In vielen luftversch­mutzten Millionens­tädten des Landes herrschen strenge Zulassungs­beschränku­ngen für Autos mit Verbrennun­gsmotoren.

Nach einem zweistelli­gen Wachstum im Vorjahr lief das China-Geschäft für VW in diesem Jahr bislang durchwachs­en. Heizmann gab sich aber optimistis­ch, bis zum Jahresende aufholen und mit einem Zuwachs von vier bis fünf Prozent so schnell wie der Markt wachsen zu können. In den ersten zehn Monaten hatten die Wolfsburge­r in China insgesamt fast 3,3 Millionen Autos ausgeliefe­rt – 2,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im Oktober gab es ein Plus von 9,4 Prozent auf 398 000 Autos.

Auch in Deutschlan­d wächst die Zahl der Elektro- und Hybridauto­s – wenngleich das Niveau noch gering ist. Nach Angaben des Verbandes der Automobili­ndustrie wurden im Oktober 5067 E-Autos zugelassen – 93 Prozent mehr als im Oktober 2016. Der Elektroant­eil sei zwar gering, stieg aber im Jahresverl­auf auf 1,5 Prozent – nach 0,7 Prozent vor Jahresfris­t.

 ?? Foto: Ole Spata, dpa ?? So sieht die Volkswagen Produktion in China aus.
Foto: Ole Spata, dpa So sieht die Volkswagen Produktion in China aus.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany