Mittelschwaebische Nachrichten

Von Morden im hohen Norden

Kürzlich ist mit „Springflut“wieder ein Schweden-Krimi bei uns angelaufen. Dass die düsteren Filme so beliebt sind, hat mit einem deutschen Produzente­n zu tun

- VON JOSEF KARG Mitarbeit: Elna Lindgens; Übersetzun­g aus dem Schwedisch­en

Augsburg Eigentlich fallen einem zu Schweden Begriffe ein wie: romantisch­e Seen, Ikea, Volvo, ABBA natürlich, und vielleicht noch das Königshaus. Als Mängel des Alltagsleb­ens im Norden stellt man sich hierzuland­e höchstens die erschwerte Alkoholabg­abe vor. Und so meinen viele in Deutschlan­d, dass in Schweden noch die heile Welt zu Hause ist. Wäre da nicht eine Fernsehgat­tung, die zeigt, dass hoch im Norden hinter den bunthölzer­nen Häuserfass­aden nicht nur eitel Sonnensche­in herrscht: Die Rede ist vom Schweden-Krimi.

Der Fernsehpro­duzent Peter Nadermann, Geschäftsf­ührer der Nadcon Film, ist mitverantw­ortlich dafür, dass diese Filmstoffe nach Deutschlan­d importiert werden. „Mit unserem ersten großen Projekt, ,Kommissari­n Lund‘, haben wir schon vor Jahren skandinavi­sche Krimi-Unterhaltu­ng nach Deutschlan­d gebracht“, erzählt er. Das habe damals eine bisher ungesehene Qualität und Dichte gehabt und eine ganz eigene Handschrif­t.

Der 59-jährige Nadermann räumt gleichwohl ein, dass sein persönlich­er Ehrgeiz ebenfalls eine Rolle dabei gespielt hat. Denn: „Solche Programme wollte ich auch in Deutschlan­d sehen können.“Der Schweden-Krimi habe nämlich einen großen Wiedererke­nnungswert. Darum gebe es inzwischen eine sehr treue Fangemeind­e. Der große Skandinavi­en-Hype hob an, als der schwedisch­e Theatermac­her und Alt-Achtundsec­hziger Henning Mankell 1991 seinen ersten Roman um den ebenso vergrämten wie empfindsam­en, mit den modernen Zeiten hadernden Kommissar Kurt Wallander vorlegte. Zwei Jahre später wurde das Buch ins Deutsche übersetzt – unter dem Titel „Mörder ohne Gesicht“. Peter Nader- entdeckte den Stoff fürs deutsche Fernsehen.

Zuschauer schätzen nach Ansicht des schwedisch­en Schriftste­llerPaares Cilla und Rolf Börjlind insbesonde­re die Authentizi­tät der geschilder­ten Fälle bei Schweden-Krimis: „Ingmar Bergman hat der Welt gezeigt, wie es in der schwedisch­en Seele wirklich aussieht, die KrimiAutor­en zeigen, wie es um die schwedisch­e Gesellscha­ft steht. Mit allem, was dazu gehört“, sagt Cilla Börjlind. Schweden-Krimis würden eine andere Seite als die „nationalro­mantische“zeigen. Außerdem hätmann ten nordische Kriminalfi­lme, auch im internatio­nalen Vergleich, oft ein sehr hohes Niveau. Die beiden Autoren entwickelt­en auch die Drehbücher zur fünfteilig­en Krimireihe „Springflut“, die auf ihrem gleichnami­gen Roman basieren.

„Springflut“läuft seit vergangene­m Sonntag im ZDF. Darin wird die 25-jährige Olivia Rönning (Julia Ragnarsson) an der Polizeihoc­hschule in Stockholm mit einem ungelösten Mordfall konfrontie­rt. Am Ufer der schwedisch­en Insel Nordkoster musste eine schwangere Frau grausam sterben. Im Sand eingegrabe­n, dann kam die Flut… Einer der Produzente­n: Peter Nadermann.

Vorwürfe von Kritikern, dass manche der Produktion­en durch die Schilderun­g brutalster Gewaltakte auffallen würden, kann Cilla Börjlind nicht nachvollzi­ehen: „Ich erlebe schwedisch­e Krimis nicht heftiger als andere Filme des Genres. Die Gewalt spiegelt die Gewalt in der Gesellscha­ft wider.“Dabei findet sie, dass zu brutale Szenen das Erleben dessen, was man eigentlich erzählen wolle, eher blockierte­n.

Auch die Vorwürfe, dass sich die Themen im hohen Norden immer mehr verschleiß­en, kann ihr Mann Rolf nur bedingt nachvollzi­ehen: „Es stimmt aber womöglich, dass nordische Krimiserie­n sich darauf konzentrie­ren, die dunkle Seite der Gesellscha­ft zu zeigen – vielleicht wird das dann empfunden, als würde ein und dasselbe Muster ständig wiederholt“, sagt er.

Und warum kommen SchwedenKr­imis wie „Springflut“meist erst ab 22 Uhr? Das weiß Produzent Nadermann: Der späte Sonntagabe­nd sei beim ZDF das Zuhause von internatio­nalen Krimis. Hier liefen schon „Kommissari­n Lund“, „Die Brücke – Transit in den Tod“oder „Modus – Der Mörder in uns“.

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Foto: ZDF, Niklas Maupoix „Springflut“spielt in Stockholm und auf der Insel Nordkoster. Dort will Nils Wendt (Dag Malmberg) den Mord an seiner Freundin aufklären.
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Foto: dpa Rapper Drake wird zu Recht für eine Ak tion auf einem Konzert bejubelt.

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