Mittelschwaebische Nachrichten
Eine Lösung für den Arbeitskräftemangel?
Nur etwa zwölf bis 13 Prozent der Flüchtlinge und Asylsuchenden konnten bislang auf dem Arbeitsmarkt untergebracht werden. Warum sich das in Zukunft ändern könnte
Landkreis Im Moment ist die Situation schwierig. Nur etwa zwölf bis 13 Prozent der Flüchtlinge und Asylsuchenden konnten bislang auf dem Arbeitsmarkt im Landkreis untergebracht werden. So wie in anderen Regionen auch. Doch Ralf Schreyer, der Leiter des Jobcenters, sieht für die kommenden Jahre ein beachtliches Potenzial – wenn die Kinder der Flüchtlinge und Asylsuchenden die Schule verlassen haben und eine berufliche Ausbildung suchen. Das könne helfen, den derzeitigen Arbeitskräftemangel zumindest etwas abzufedern, erklärte Schreyer im Wirtschafts- und Strukturbeirat.
Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist auf einem historischen Tiefstand, in manchen Bereichen des Arbeitsmarktes weist der Landkreis bayern- und bundesweite Spitzenwerte auf. Das macht sich auch im Günzburger Jobcenter positiv bemerkbar. Denn eine Vielzahl ehemaliger Hartz IV-Empfänger hat der guten Konjunkturlage in jüngster Vergangenheit eine Arbeit gefunden. Das hat zur Folge, dass die Zahl der Hartz IV-Bezieher derzeit in etwa jener des Jahres 2015 entspricht, ehe die Flüchtlinge und Asylsuchenden ins Land gekommen sind. Verschoben hat sich allerdings der Anteil ausländischer Hartz IVEmpfänger. Er stieg von 25 vor zehn Jahren auf jetzt 40 Prozent, vor allem wegen der Flüchtlinge.
Nach Angaben von Ralf Schreyer sind derzeit 134 Flüchtlinge als ar- beitslos gemeldet, 182 konnten in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit vermittelt werden. 747 Flüchtlinge und Asylsuchende beziehen derzeit über das Jobcenter Hartz IV. Diese Zahlen dürfe man aber nicht nur aus heutiger Sicht betrachten, erklärte Schreyer. Denn etwa die Hälfte von ihnen sei jünger als 14 Jahre. Haben sie in einigen Jahren die deutschen Schulen durchlaufen, seien viele befähigt, eine Lehre anzutreten und damit den Arbeitskräftemangel abzumilangesichts dern. Schon in den nächsten fünf bis sechs Jahren könnten damit bis zu 25 Prozent der Flüchtlinge und Asylsuchenden in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Flüchtlinge und Asylbewerber wohnen noch immer in Sammelunterkünften. Auch das sei ein Vorurteil, sagte Schreyer. Mittlerweile leben im Landkreis 419 Personen oder 56 Prozent in einer Mietwohnung, nur noch 328 Personen oder 44 Prozent seien in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Schreyer: „Das ist ein gutes Verhältnis“.
Richard Paul, der Chef der Agentur für Arbeit, erklärte, es werde noch Jahre brauchen, bis Flüchtlinge und Asylsuchende den Fachkräftemangel spürbar mildern. Um in dieser Hinsicht entscheidende Fortschritte zu erreichen, wäre über ein Einwanderungsgesetz eine „gesteuerte Zuwanderung“mit entsprechenden Qualifikationskriterien nötig. Es klang die Hoffnung durch, dass die künftige Bundesregierung hier Nägel mit Köpfen macht.