Mittelschwaebische Nachrichten
Bittprozession endet im Kampf
Die Geschehnisse von Donauwörth stehen am Anfang eines schrecklichen Krieges
Mindelzell In Nordirland kam es jahrzehntelang anlässlich bestimmter Gedenktage zu Aufmärschen, bei denen Protestanten begleitet von Blasmusik durch katholische Stadtviertel marschierten, um so ihre Überlegenheit zu demonstrieren. In der Regel endeten diese Aufmärsche in brutalen Schlägereien. Nicht selten gab es sogar Tote. Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten hat es seit der Reformation gegeben. Zwar hat der Augsburger Religionsfriede von 1555 zu einer gewissen Befriedung beigetragen. Damals wurde entschieden „cuius regio eius religio“. Der Landesherr bestimmte die Religion in seinem Herrschaftsgebiet. Schwieriger war es bei den freien Reichsstädten, vor allem wenn sich in der Stadt ein Reichsstift befand, das katholisch geblieben war, während der Rat der Stadt sich für den Protestantismus entschieden hatte. So war es in Donauwörth.
Die Benediktinerabtei Heilig Kreuz, ein Reichsstift, blieb katholisch, während die Stadtväter sich der Lehre Luthers angeschlossen haben und mit ihnen die Einwohner der Reichsstadt. Seit 1600 gestatteten die Stadtväter keinen Zuzug von katholischen Bewohnern mehr, sodass gerade noch zwölf Familien katholisch waren. Die Katholiken waren in ihrem religiösen Leben stark eingeschränkt. So war es den Katholiken nicht erlaubt, an den Bitttagen die Hauptstraßen zu benutzen. Sie mussten sich auf Seitenwege beschränken. Die Fahnen hatten zusammengerollt zu sein und es durfte nicht laut gebetet werden. Der Prior von Heilig Kreuz hielt dies für einen unmöglichen Zustand. Der Meinung war auch der Augsburger Bischof. Er schickte einen rechtskundigen Mitarbeiter nach Donauwörth, der sich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten machen sollte.
Am 25. April 1606 zum Markustag fand die übliche Bittprozession nach Auchsesheim statt. Man hielt sich nicht an die Auflagen des Stadtrats. Die Prozession bewegte sich auf der Hauptstraße begleitet von einer Blasmusik. Die Fahnen wurden nicht eingerollt. Das Beten und Singen war alles andere als still. Konnte die Bittprozession ohne Schwierigkeiten durch Donauwörth kommen, hat sich die Lage bei der Rückkehr vom Bittgottesdienst in Auchsesheim völlig verändert. Der Rat der Stadt ließ der Prozession den Weg versperren. Wer nicht in Donauwörth wohne, möge die Prozession verlassen. Einige Bauern aus den umliegenden Orten verließen daraufhin die Prozession. Außerdem seien die Fahnen nach Durchqueren des Tores einzurollen. Freilich kaum war das Tor passiert, wurden die Katholiken von aufgebrachten Protestanten mit Hopfenstangen angegriffen und verprügelt. Die Prozession endete im Tumult und hatte weitreichende Folgen.
Der Bischof von Augsburg beschwerte sich beim Reichshofrat, zumal 1607 eine Bittprozession gar nicht mehr stattfinden durfte. Daraufhin wurde über die freie Reichsstadt die Reichsacht verhängt. Herzog Maximilian von Bayern wurde beauftragt sie durchzuführen. Ende November 1607 erschien Maximilian mit einem gewaltigen Heer vor Donauwörth. Die Stadtväter zogen gar keine Verteidigung in Betracht, sondern ergaben sich widerstandslos. Der Herzog präsentierte eine gewaltige Rechnung, die Donauwörth kaum bewältigen konnte. Daraufhin nahm der Herzog die Stadt zum Pfand. Donauwörth war praktisch bayrisch geworden und damit die Stadtväter entmachtet. Die Ereignisse von Donauwörth erregten viele Protestanten und erfüllte die Katholiken mit Genugtuung. Die Spannungen, die hier offenbar wurden, entluden sich schließlich im Dreißigjährigen jährigen Krieg. Auch das wird man als eine Folge der Reformation betrachten müssen.