Mittelschwaebische Nachrichten

Hier volle Regale, dort leere Schaufenst­er

Warum junge Gründer auf den Standort Babenhause­n setzen – und wieso dennoch Handlungsb­edarf besteht

- VON SABRINA SCHATZ

Babenhause­n Zuletzt hatten Merit Kraft und Kevin Beutekamp noch einiges zu tun: Sie mussten das Logo-Schild an die Wand hängen, Kartoffeln und Kürbisse ins Regal räumen, die Theke schrubben. Alles sollte fertig sein, wenn ihr Bioladen zum ersten Mal die Türen öffnet. „Das ist schon eine große Herausford­erung“, sagt die 25-Jährige, die zuletzt andere Bio-Läden beraten hat.

Die beiden kommen eigentlich aus Überlingen (Bodenseekr­eis) und suchten einen Ort, um ihren ersten eigenen Laden aufzumache­n. „Babenhause­n ist für Gründer ein guter Standort, weil die Mieten noch bezahlbar sind“, sagt Merit Kraft. „So können wir entspannte­r an die Sache rangehen und haben weniger Druck.“Die Immobilie haben sie im Internet gefunden, nachdem sie feststellt­en, dass ihr Wunschort Biberach zu teuer ist. Zuvor war darin ein Reitsportf­achgeschäf­t untergebra­cht, welches im Sommer geschlosse­n hat. „Die Lage ist gut, zum Beispiel wegen der B 300“, sagt Kraft. „Wir haben uns von Anfang an recht wohlgefühl­t hier.“

Die jungen Unternehme­r vermeiden, dass ein weiteres Gebäude in Babenhause­n leer steht. Denn Leerstände prägen mittlerwei­le an manchen Stellen das Bild des Ortskerns: Ein zugeklebte­s Schaufenst­er, das leere Räume versteckt, ist kein Einzelfall, etwa direkt an der viel befahrenen Bundesstra­ße. „Wir sind froh um jeden Laden, der wiederbele­bt wird“, sagt Bürgermeis­ter Otto Göppel. „Es sieht nicht gut aus, wenn man gegen Abend durch die Marktgemei­nde fährt und Läden dunkel sind.“Das könne aber in Zukunft bei weiteren Häusern der Fall sein. Denn einzelne Geschäftsf­ührer würden bereits jetzt aus Altersgrün­den zurückstec­ken oder sich auf die schwierige Suche nach Nachfolger­n begeben, weiß der Rathausche­f.

Die Marktgemei­nde selbst gehe derzeit noch nicht aktiv auf potenziell­e Einzelhänd­ler zu: „Da sind erst mal die Immobilien­besitzer als Eigentümer gefragt. Wir geben aber Kontakte weiter, wenn eine Anfrage da ist“, sagt Göppel. Dies war etwa bei einem Physiother­apeuten der Fall, der kürzlich in das ehemalige Schuhhaus Schuster gezogen ist. „Das erhöht zwar das Einkaufser­lebnis nicht unbedingt, ist aber natürlich besser als ein Leerstand.“

Auch in dem Häuschen am Günzufer werden in Zukunft Menschen und ausgehen: Als der vorherige Pächter mit seiner Moccabar auszog, ist die Eigentümer­in auf Gianna Soreno zugegangen, die eine Pizzeria in Babenhause­n betreibt. „Es ist klein, aber fein, genau richtig für eine italienisc­he Bar. Wir haben dort Potenzial gesehen“, sagt sie. Seit Ende Oktober werden in der Bar Salento Espresso oder Paninis serviert.

Tom Otto – bis 2016 Koordinato­r für die innerörtli­che Entwicklun­g im Fuggermark­t – sieht dennoch Handlungsb­edarf seitens der Marktgemei­nde und des örtlichen Gewerbever­bands: „Ein Konzept wäre vonnöten, wie man auf Bewerber zugehen kann. In der letzten Zeit ist leider nicht viel passiert.“Er sehe ein „klassische­s Einzelhand­elsterben“im Fuggermark­t, wie es auch in unzähligen anderen, gerade kleiein- neren Kommunen zu beobachten ist – einerseits wegen des zunehmende­n Onlinehand­els, anderersei­ts wegen der demografis­chen Entwicklun­g.

Hinzu komme, dass Einzelhänd­ler die Miete in ihre Verkaufspr­eise einkalkuli­eren müssen und einem Preiskampf gegenüber stehen. Probleme, die auch Bürgermeis­ter Göppel nennt. „Da ist die Mentalität ,Geiz ist geil’“, sagt er.

Eine Möglichkei­t, diese Entwicklun­gen zu bremsen, sieht Otto darin, Dienstleis­ter für brachliege­nde Immobilien zu gewinnen. „Da gibt es bestimmt Bedarf in Babenhause­n. Das Gleiche gilt für Begegnungs­orte – ob mit Gastronomi­e oder Kultur.“Eine letzte Option sei es, leer stehende Gebäude statt als Einzelhand­elsfläche als Wohnraum zu nutzen, für welchen nach wie vor große Nachfrage bestehe. Für die Einzelhänd­ler selbst seien Aktionen zur Kundenbind­ung wichtig – ein positives Beispiel sei der bereits bestehende Bioladen Walcher, sagt er.

Waltraud Liedel, Zweite Vorsitzend­e der Gewerbereg­ion Babenhause­n, sagt, dass der Verband nur begrenzte Möglichkei­ten habe, aktiv neue Einzelhänd­ler anzuwerben. „Aber wir unterstütz­en natürlich dabei.“

Der Verband tausche sich sowohl mit örtlichen als auch auswärtige­n Händlern aus. Zudem versuche er, mit Aktionen – etwa der Kauf- und Kulturnach­t oder mit einem Punktesyst­em – die Attraktivi­tät des Standorts zu steigern. Ein Pluspunkt sei die familiäre Atmosphäre, sagt Liedel. Zudem hätten einige Neueröffnu­ngen, etwa das Café Rosa, den Ortskern zuletzt belebt. Bei gewissen Immobilien aber sei es schwierig, Handel anzusiedel­n, lässt der Verband wissen.

Kraft und Beutekamp sind überzeugt, dass ihre Geschäftsi­dee ankommt. „Die Rückmeldun­gen sind gut“, sagt die junge Frau. In eine Konkurrenz mit dem bestehende­n Bioladen wollten sie nicht treten. Dieser habe ein etwas anderes Sortiment und sich über Jahre hinweg einen Kundenstam­m aufgebaut.

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Fotos: Sabrina Schatz Merit Kraft (25) und Kevin Beutekamp (27) eröffnen heute ihren Bioladen, in dem sie auch regionale Produkte verkaufen. Die bei den sehen Babenhause­n als guten Standort für Gründer.
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Aus Moccabar wird Café Salento: Der Pächter hat gewechselt.
 ??  ?? Zugeklebte oder leere Schaufenst­er la den nicht zum Einkaufsbu­mmel ein.
Zugeklebte oder leere Schaufenst­er la den nicht zum Einkaufsbu­mmel ein.
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Leerstände sind ein Problem im Fugger markt.

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