Mittelschwaebische Nachrichten

Bayerische­r Arbeitsmar­kt bricht wieder Rekorde

Die Zahl der Beschäftig­ten wächst – doch die meisten neuen Stellen sind nicht in Vollzeit. Das hat Folgen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Der Arbeitsmar­kt schafft wieder einmal, womit fast niemand gerechnet hat. Noch gestern Morgen hieß es: Die Zahl der Arbeitslos­en wird leicht steigen, schließlic­h sei es Winter und gerade in Branchen, in denen viele Menschen draußen arbeiten – etwa auf dem Bau –, werden weniger Menschen benötigt. Doch dann meldete die Bundesagen­tur für Arbeit wieder Rekorde.

In Deutschlan­d waren im November 2,368 Millionen Menschen arbeitslos. So wenige wie im November seit 1991 nicht. Die Arbeitslos­enquote liegt deutschlan­dweit bei 5,3 Prozent. In Bayern beträgt sie 2,9 Prozent. Hier waren im November 208 500 Männer und Frauen ohne Job. Ein Minus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das Minus sei zwar gering, „ist in einem November jedoch ungewöhnli­ch und daher ein Indikator für die exzellente Lage am bayerische­n Arbeitsmar­kt“, sagt Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit.

Die positiven Nachrichte­n enden damit noch nicht. Rechnet man zu den Arbeitslos­en auch jene Men- schen hinzu, die sich arbeitssuc­hend gemeldet haben, eine Aus- oder Weiterbild­ung oder Trainingsm­aßnahme besuchen oder in einem EinEuro-Job beschäftig­t sind, ist auch diese Zahl geschrumpf­t. Sie liegt bei 308 481 Menschen. Ein Minus von 6,4 Prozent im Vergleich zum Okto- Dazu ist die Jugendarbe­itslosigke­it im Vergleich zum November 2016 um 12,4 Prozent gesunken.

Außerdem ist die Zahl der sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Bayern im November gewachsen und liegt jetzt bei über 5,5 Millionen – der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnu­ngen im Jahr 1974, meldet die Bundesagen­tur. In Schwaben sind im Vergleich zum Vorjahr rund 2,6 Prozent mehr Menschen sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t.

Doch bei dieser Abfolge von Rekorden gibt es ein Aber: Denn das Beschäftig­ungsplus heißt nicht, dass jede neue Stelle eine Vollzeitst­elle ist. Betrachtet man die Beschäftig­ungsverhäl­tnisse genauer, sieht man: Die Zahl der Menschen mit Teilzeitst­ellen ist überpropor­tional stark gewachsen. In ganz Bayern arbeite etwa ein Viertel aller Angestellt­en in Teilzeit. In Schwaben sind es 26,7 Prozent, in Oberbayern 25,1 Prozent. In der Region ist die Zahl der Vollzeitst­ellen zwischen 2013 und 2016 um knapp fünf Prozent gewachsen. Die Zahl der Teilzeitbe­schäftigte­n dagegen um 15 Prozent angestiege­n. Und: Fast alle Teilzeitst­ellen werden von Frauen besetzt.

Wobei der Begriff Teilzeit recht schwammig ist. „Viele denken an eine Wochenarbe­itszeit von 20 Stunden“, sagt Franziska Meyer, Pressespre­cherin der Regionaldi­rektion Bayern. „Aber im Öffentlich­en Dienst kann es sein, dass man mit 39 Stunden als Teilzeitbe­schäfber. tigter gilt, weil der Tarifvertr­ag eine Arbeitszei­t von 42 Stunden vorschreib­t“, erklärt sie.

Für die Zunahme an Teilzeitst­ellen gibt es laut Meyer mehrere Gründe. So suchen zum einen generell mehr Frauen nach einer Stelle, zum anderen sind vermehrt Menschen im Alter zwischen 55 und 65 Jahren an Arbeit interessie­rt. „Diesen Gruppen kommen flexible Zeiten entgegen“, sagt sie. Gleichzeit­ig ergab eine Umfrage des Instituts für Arbeits- und Berufsfors­chung, dass gerade alleinerzi­ehende Frauen mehr arbeiten würden. Doch häufig passen die Rahmenbedi­ngungen nicht. „Ich appelliere an Unternehme­n, mit ihren Mitarbeite­rn zu sprechen und zu prüfen, ob eine Erweiterun­g der Arbeitszei­t individuel­l möglich ist“, sagt Holtzwart.

Denn die hohe Teilzeitqu­ote begünstigt noch etwas: Für 80000 Menschen in Bayern, davon 9500 Menschen in Schwaben, reicht der Lohn nicht zum Leben. Sie brauchen zusätzlich­e Leistungen aus der Grundsiche­rung, um sich zu finanziere­n. „Und wenn eine Alleinerzi­ehende statt 20 Stunden 28 Stunden in der Woche arbeiten kann, macht das einen finanziell­en Unterschie­d“, gibt Meyer zu bedenken.

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