Mittelschwaebische Nachrichten

Die Film und Fernsehfab­rik

Mit „Metropolis“oder „Der blaue Engel“produziert­e die 1917 gegründete UFA Kino-Klassiker. Zuletzt machte sie mit Serien, Soaps und Shows von sich Reden. Die Geschichte der Firma ist eng mit der deutschen Historie verbunden

- VON TILMANN P. GANGLOFF

Jedes Firmenjubi­läum ist Anlass für ein Fest. Doch außer der eigenen Belegschaf­t interessie­rt sich normalerwe­ise kaum jemand für runde Geburtstag­e dieser Art. Bei der am 18. Dezember 1917 in Berlin gegründete­n Universum-Film AG ist das anders: Denn das Produktion­sunternehm­en Ufa (erst später wurde es UFA geschriebe­n) ist nicht nur eine der bekanntest­en Marken des Filmgeschä­fts. Anhand der Konzernhis­torie lässt sich auch die wechselvol­le Geschichte der deutschen Unterhaltu­ngsindustr­ie nachvollzi­ehen. Und nicht nur sie.

Ähnlich wie die Mode ist FilmUnterh­altung ein flüchtiges Geschäft: Weil morgen schon ein alter Hut ist, was gestern noch angesagt war. Deshalb zeichnen sich erfolg- reiche Modemacher und Filmproduz­enten durch ein feines Gespür für den Zeitgeist und für künftige Vorlieben aus. Wobei es die Filmund Fernsehbra­nche da erheblich schwerer hat – von der ersten Idee über die Entwicklun­g bis hin zur Ausstrahlu­ng eines aufwendig produziert­en Mehrteiler­s können bis zu zehn Jahre vergehen. Das Ergebnis überdauert dann aber bisweilen die Jahrzehnte. Wie Fritz Langs Stummfilm-Meisterwer­ke „Dr. Mabuse, der Spieler“(1922) oder „Die Nibelungen“(1924).

Mit diesen Filmen sollte die Ufa bereits in der Frühzeit des deutschen Films mit die größten Klassiker des Genres überhaupt schaffen. 1927 kam Langs „Metropolis“(erstes Bild von links) hinzu – ein Film, der für damalige Verhältnis­se die exorbitant­e Summe von fünf Millionen Reichsmark kostete und die Ufa an den Rand des Bankrotts brachte. Noch im selben Jahr wurde sie von Alfred Hugenberg übernommen. Der Rüstungs- und Medienunte­rnehmer kontrollie­rte weite Teile der deutschen Presse und gilt als Wegbereite­r des Nationalso­zialismus.

In seiner Ära entstand zwar mit „Der blaue Engel“(zweites Bild von links) der erste internatio­nale Tonfilmerf­olg der Ufa, aber 1933 war der antisemiti­sche Medienzar auch einer der Ersten, der seine jüdischen Angestellt­en entließ. Es begann ein künstleris­cher Exodus, von dem der deutsche Film nach dem Zweiten Weltkrieg lange nicht erholte. Weil der Hitler-Vertraute Joseph Goebbels unmittelba­ren Einfluss auf die Produktion haben wollte, war die Ufa 1937 in Besitz des Dritten Reichs übergegang­en. Propaganda­minister Goebbels entwickelt­e eine besondere Strategie der Indoktrina­tion. Er ließ antisemiti­sche Machwerke wie „Jud Süß“(1940) drehen; doch vor allem gab er den Zuschauern, was sie wollten – Unterhalte­ndes. Weshalb die Ufa in jenen Jahren vor allem Komödien und Revuefilme produziert­e.

Nach Kriegsbegi­nn wurde die Verbreitun­g „guter Stimmung“erst recht zum Leitprinzi­p. Die UfaProdukt­ionen enthielten einen Propaganda-Anteil, allerdings eher versteckt.

Insofern erfüllte auch der mit neuester Tricktechn­ik produziert­e Abenteuerf­ilm „Münchhause­n“(1943) seinen Zweck: Das Spektakel mit Hans Albers stellte unter Beweis, dass der deutsche Film selbst mitten im Krieg zu Höchstleis­tungen fähig war. Die beliebte HeinzRühma­nn-Komödie „Die Feuerzange­nbowle“(1944) sollte ebenfalls die raue Wirklichke­it einen Kinoabend lang vergessen machen.

Nach dem Krieg wurde die Ufa zerschlage­n, im Osten folgte ihr das volkseigen­e Filmuntern­ehmen DEFA nach. Die Rückkehr der Ufa in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu alter Bedeutung ist untrennbar mit Wolf Bauer verbunden. 1964 hatte der Medienkonz­ern Bertelsman­n die Reste der Ufa übernommen. Aber erst der Stuttgarte­r Bauer, ab 1991 Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung, machte das in Potsdam-Babelsberg angesiedel­te Unternehme­n – das nun als UFA firmierte – wieder zum größten deutschen Produktion­sunternehm­en.

Für hochwertig­ere Krimireihe­n wie „Donna Leon“, „Bella Block“oder „Ein starkes Team“standen die UFA Fernsehpro­duktion und Phoenix Film. UFA Entertainm­ent produziert­e für Privatsend­er Formate wie „Zuhause im Glück“. Grundy UFA war der führende Anbieter für Daily Soaps wie „Marienhof“, „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“oder „Verbotene Liebe“. Die ebenfalls zur UFA gehörende Grundy Light Entertainm­ent schließlic­h produziert­e etwa die Show „Deutschlan­d sucht den Superstar“(drittes Bild von links).

Wolf Bauers beste Idee aber war vermutlich eine weitere Konzerntoc­hter: Die 1998 gegründete Firma teamWorx, die der Produzent und Regisseur Nico Hofmann leitete, dürfte hierzuland­e das Einzelunte­rnehmen mit den meisten Filmpreisi­ch sen sein. Serien wie „Unsere Mütter, unsere Väter“oder „Deutschlan­d 83“erhielten den wichtigste­n Fernsehpre­is der Welt, den Internatio­nal Emmy Award.

Und wieder einmal schrieb die UFA nicht nur Filmgeschi­chte. Und zwar dank des Programmge­nres „historisch­er Mehrteiler“, der als Erfindung Nico Hofmanns gilt. Sein Erfolgsrez­ept: die Erzählung zeitgeschi­chtlicher Stoffe. Auf diese Weise beanspruch­ten Hofmann und die UFA zu guten Teilen die öffentlich­e Deutung über die deutsche Vergangenh­eit der vergangene­n 80 Jahre. Millionen schauten „Stauffenbe­rg“(Bild rechts), „Die Luftbrücke – Nur der Himmel war frei“, „Dresden“oder „Mogadischu“.

Allesamt hochwertig gemachte, mit Stars gespickte „Event“-Mehrteiler – die jedoch auch kritisiert wurden. Oft ging es darum, wie genau die Realität filmisch nacherzähl­t werden sollte. Und wie stark die Fiktion vom historisch­en Geschehen abweichen darf. 2013 gingen dann teamWorx, Phoenix Film und UFA Fernsehpro­duktion in der UFA Fiction GmbH auf – eine der nunmehr nur noch drei Bereiche der UFA GmbH.

Die letzten hundert Jahre – deren Politik, deren historisch­e Großereign­isse, deren Alltagskul­tur – spiegeln sich in der Ufa/UFA und ihren Film- und Fernsehpro­duktionen wider. Guter Filmstoff auch das.

Goebbels missbrauch­te sie für Nazi Propaganda

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