Mittelschwaebische Nachrichten
Viele Versionen zu einer Schlägerei im Eisstadion
Vor Gericht geht es um Beleidigungen, eine Bedrohung und Körperverletzung in Burgau
Günzburg/Burgau Der Besuch eines Eishockeyspiels in der vergangenen Saison in Burgau hatte für einen 20-Jährigen nun ein gerichtliches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft erhob schwere Vorwürfe gegen den jungen, in Augsburg lebenden Mann: Es soll nach einem Spiel gegen die Ulmer Eishockeymannschaft zu Beleidigungen, Bedrohung und Körperverletzung gekommen sein. Nach einem Handgemenge im Zuschauerraum waren zwei Männer, Vater und Sohn, am Tag nach dem Spiel zur Polizei gegangen und hatten Anzeige erstattet gegen den jungen Mann. Das mündete nun in eine Gerichtsverhandlung.
Gleich zu Beginn bekannte sich der reuige Angeklagte der Beleidigungen schuldig, wies aber die Vorwürfe der Bedrohung und der Körperverletzung von sich. Es sei zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, da ihm vorgeworfen wurde, das Banner der gegnerischen Ulmer Mannschaft klauen zu wollen. Das Wortgefecht sei beigelegt worden, doch auf dem Weg zum Ausgang sei sein Mandant, so sagte Rechtsanwalt Hansjörg Schmid, von hinten gerempelt worden, worauf dieser überreagiert habe.
Acht Zeugen waren geladen, um das Geschehen zu rekonstruieren. Richter Daniel Theurer belehrte sie vorab eindringlich, die Wahrheit zu sagen. Dennoch schien jeder Zeuge etwas anderes gesehen zu haben. Einer sah nur eine Person auf dem Boden liegen, andere zwei, wieder andere keine. Selbst die Aussagen von Vater und Sohn, dem Hauptgeschädigten, waren nicht deckungsgleich. Der Sohn gab an, seinem Vater zu Hilfe geeilt zu sein. Denn dieser sei angegriffen worden. Daraufhin habe er den Angreifer vom Vater weggerissen, zu Boden geworfen und sich auf ihn gekniet. Ob er von einem Umstehenden Fußtritte erhalten habe, konnte er nicht sagen, gespürt habe er keine. Am anderen Tag habe ihm die Seite wehgetan. Aber, gab er auf Nachfrage zu, nachgeschaut hatte er nicht, ob er blaue Flecken hat. Sein Vater sagte dagegen aus, er habe seinen Sohn bedroht gesehen, und sei ihm zu Hilfe geeilt. Er habe dabei gesehen, wie der Angeklagte nach seinem Sohn, der auf dem Boden lag, mit dem Fuß trat. Er habe sich von dem aggressiven jungen Mann auch verbal bedroht gefühlt, aber an den Wortlaut könne er sich nicht mehr erinnern.
Auch die weiteren Zeugenaussagen aus dem Kreis der Ulmer Fans brachten nicht die gewünschte Erhellung des Falls. Ein Video, das Szenen der Rangelei eingefangen hatte, brachte ebenfalls keinen Beleg für die Körperverletzung. Ebenso wenig Bilder eines Ulmer Stadionfotografen, der das Gerangel bemerkt hatte und eingeschritten war. Er habe sich um den Angeklagten gekümmert, der zwar verbal sehr aggressiv gewesen sei, aber weder geschlagen noch getreten habe. Nachdem auch der damalige Sicherheitsbeauftragte des Burgauer Stadions, der den Angeklagten festgehalten hatte, bestätigte, dass keine Tritte oder Schläge ausgeteilt worden waren, verzichtete das Gericht auf weitere Zeugenaussagen. Staatsanwaltschaft und Gericht waren sich einig, dass die Vorwürfe der Bedrohung und der Körperverletzung nicht aufrecht erhalten werden konnten. Der Jugendpfleger stellte dem bislang unbescholtenen Angeklagten ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Er wolle demnächst auf die BOS, sein Abitur machen und studieren. Der junge Mann, der noch bei seiner Mutter lebt, habe bisher ein sehr geradliniges Leben geführt, komme dank seiner Disziplin auch gut mit seiner Diabetes zurecht. Er, der für Eishockey lebe, hatte sogar schon mit dem Jugendtrainer ein Wiedergutmachungsprojekt ausgearbeitet. Doch der sei kurz darauf tödlich verunglückt und der Verein habe ihm ein fünfjähriges Stadionverbot erteilt. Was zum einen einer Vorverurteilung gleichkomme und zum anderen weit über das Normalmaß an Strafen hinausgehe. Die Tat des jungen Mannes begründe sich in typisch jugendlichem „den starken Max markieren“, weshalb eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht angemessen sei.
Die Staatsanwältin plädierte für eine Geldauflage von 300 Euro, Rechtsanwalt Schmid schlug eine zehnstündige Arbeitsauflage im Umkreis des Eishockeys vor. Richter Theurer verurteilte den Angeklagten zu 300 Euro Geldauflage, zahlbar in 30-Euro-Monatsraten, damit er jeden Monat erinnert werde, sich korrekt zu verhalten. Auch soll er 20 Stunden Sozialarbeit leisten. Das Urteil ist rechtskräftig.