Mittelschwaebische Nachrichten
So klappt Weihnachten ohne Stress
Wenn Familien sich neu zusammensetzen, erfordert das besondere Rücksicht
Der Bund fürs Leben fällt oft kürzer aus, als sich das jung Verliebte ausmalen. Wie sehr trifft eine Trennung Kinder? Grimaldi: Für Kinder ist es immer ein sehr einschneidendes Erlebnis, wenn die Eltern auseinandergehen. Das kann man uneingeschränkt sagen. Das gilt für jede Altersstufe. Entscheidend hängt es davon ab, wie die Eltern nachher mit der Situation umgehen. Ob die Trennung in einen Dauerkonflikt mündet oder ob es die Eltern nach der heftigen Trennungsphase doch schaffen, als Eltern wieder ein Stück kooperativer zu werden.
Schaffen das betroffene Eltern alleine? Grimaldi: Meist ist es schon schwierig. Ich glaube, dass es gut ist, Unterstützung von außen zu holen. Es ist gut, wenn man einen Neutralen zur Seite hat.
Es ist heute ja nichts Ungewöhnliches mehr, dass sich Familien in neuer Zusammensetzung neu gründen. Vor welchen Herausforderungen stehen diese Familien, wenn Kinder aus früheren Bindungen zusammenkommen? Grimaldi: Die Kinder müssen sich an jemand Neuen gewöhnen, mit dem sie eigentlich gar nichts zu tun haben, der ihnen aber plötzlich in der Vater- oder Mutterrolle gegenübersteht. Der neue Partner muss sich an eine neue Elternrolle gewöhnen. Er sieht sich plötzlich einem sechsjährigen Sohn und einer 14-jährigen pubertierenden Tochter gegenüber. Der Elternteil, der mit Kind eine neue Partnerschaft eingeht, steht oft in einer Pufferfunktion. Einerseits versteht er den neuen Partner mit seinen Vorbehalten. Andererseits versteht er das Kind. Er will immer allen gerecht werden.
Grimaldi: Ja, das ist auch durchaus kompliziert, weil sich die Beziehungen sozusagen potenzieren. Plötzlich stehen Großeltern da, obwohl sie mit dem Kind eigentlich gar nichts zu tun haben. Der neue Partner hat vielleicht auch schon Kinder. Jetzt gehen wir auf Weihnachten zu. Da verdichtet sich alles. Weihnachten ist das Fest der Familie. Da kommen ja schon normale Familien an ihre Grenzen, weil ein Termin den anderen jagt. Was bedeutet die Weihnachtszeit eigentlich für Patchwork-Familien? Grimaldi: Das bedeutet einen großen Organisationsaufwand. Wo sonst nur entschieden werden muss, gehen wir am ersten Feiertag zu den väterlichen Großeltern und am zweiten zu den mütterlichen, muss jetzt zwischen den Eltern gerecht aufgeteilt werden. Jeder möchte Weihnachten ja mit seinem Kind feiern. Möglicherweise stellt auch der neue Partner Ansprüche, weil es in seiner Familie schon immer Tradition war ...
Man kann sich ja nicht zerteilen. Was macht man denn da? Grimaldi: Da sind konstruktive Lösungen notwendig. Wenn die Eltern sich einig sind, muss man Kompromisse schließen. Man kann zum Beispiel mit alten Traditionen brechen. Im Zweifel ist der getrennt lebende Elternteil vielleicht doch wichtiger als die Großeltern.
Das heißt, jetzt schon über den Ablauf der Weihnachtstage reden? Grimaldi: Auf jeden Fall.
Wenn man sich den Problemen nicht stellt, birgt das Sprengstoff für die neue Beziehung? Grimaldi: Genau. Das kann man auf jeden Fall sagen.
Dr. Monika Grimaldi ist Leiterin der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle Unterallgäu. Das Gespräch führte Johann Stoll.
Foto: kjf/agentur flavour