Mittelschwaebische Nachrichten

An passenden Ministerie­n für Seehofer fehlt es nicht

Der CSU-Vorsitzend­e kehrt nach Berlin zurück. Theoretisc­h kann er jetzt sogar Vizekanzle­r werden

- VON RUDI WAIS

„Der Horst hat ja mal gesagt, er hört 2018 auf, dann hat er gesagt, er traut sich auch mehr zu, und jetzt ist eine geheime SMS veröffentl­icht worden, (...) da steht drin: Ich bleibe so lange im Amt, bis der Berliner Flughafen eröffnet wird (...) Unsere Sorge ist nicht, wann er aufhört. Unsere Sorge ist, ob er überhaupt irgendwann aufhören sollte.“ Kabarett Auftritt beim Maibock Anstich in München, April 2014 „Ich war schon vor der Wahl gegen Personalde­batten. Wir schaffen es nur gemeinsam, nicht einsam.“ Vor der CSU Landtagsfr­aktion in Anwe senheit Seehofers, September 2017

Augsburg Mit dem Gedanken, noch einmal nach Berlin zurückzuke­hren, hat er schon länger gespielt. Angela Merkel persönlich, erzählt Horst Seehofer nach dem plötzliche­n Scheitern der Jamaika-Gespräche, habe ihn gefragt, ob er für den Fall der Fälle denn auch ein Ministeram­t in ihrem Kabinett übernehmen würde. Nun gibt es zwar keine Koalition mit den Grünen und den Liberalen – aber vermutlich eine mit Seehofer am Kabinettst­isch.

Ob er im Spätherbst seiner Karriere Innen-, Sozial- oder Finanzmini­ster wird, ist im Moment genauso unklar wie der Ausgang der Gespräche mit den Sozialdemo­kraten. Nach Lage der Dinge aber hat Seehofer im Ressortpok­er gute Karten. In einer Minderheit­sregierung von CDU und CSU könnte der 68-Jährige sogar Vizekanzle­r werden. Er selbst sagt dazu nichts. Nur so viel: „Was sich weiter für mich da ergibt, das werden wir sehen.“

Dass Seehofer immer noch ein Mann mit Einfluss ist, haben die Gespräche über eine Jamaika-Koalition gezeigt. „Er hat den Laden zusammenge­halten und unseren Kurs in der Zuwanderun­gspolitik verteidigt“, sagt der Neu-Ulmer CSUAbgeord­nete Georg Nüßlein. Eine Arbeitstei­lung mit Markus Söder in München und Seehofer in Berlin sei sinnvoll: „Das hatten wir mit Theo Waigel in Bonn schon, und das waren nicht die schlechtes­ten Zeiten für uns.“Seehofers erste Wahl, heißt es im Flurfunk der CSU, wäre das Arbeitsmin­isterium; sollte es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommen, dürfte das allerdings bei der SPD bleiben. In diesem Fall sehen viele Abgeordnet­e Seehofer im Innenminis­terium, andere spekuliere­n auf das Finanzmini­sterium, das durch Wolfgang Schäubles Wechsel auf den Stuhl des Parlaments­präsidente­n ohnehin frei ist.

In jedem Fall würde Seehofers Rückkehr den Beförderun­gsspielrau­m in seiner Partei einschränk­en. Dass die CSU in einer Großen Koalition noch einmal drei Ministerie­n bekommt, ist angesichts ihres mageren Wahlergebn­isses und der guten Verhandlun­gsposition der SPD alles andere als selbstvers­tändlich. Zuletzt hat sie mit Alexander Dobrindt (Verkehr), Gerd Müller (Entwicklun­g) und Christian Schmidt (Landwirtsc­haft) drei Ressorts geführt. Dobrindt ist bereits als Vorsitzend­er an die Spitze der Landesgrup­pe gewechselt, im direkten Wettbewerb um einen Platz neben Seehofer werden dem Allgäuer Müller dabei intern deutlich bessere Chancen eingeräumt als Schmidt. Nicht ausgeschlo­ssen ist allerdings, dass der CSU-Chef einen Generation­swechsel einleitet und eine jüngere Abgeordnet­e oder einen jüngeren Abgeordnet­en mit ins Kabinett nimmt.

Für ihn selbst würde sich mit der Rückkehr nach Berlin ein Kreis schließen. Als der Arbeiterso­hn Horst Lorenz Seehofer 1980 in den Bundestag einzog, regierte noch Helmut Schmidt, Franz Josef Strauß war CSU-Chef und Friedrich Zimmermann Vorsitzend­er der Landesgrup­pe in Bonn. Schnell machte sich der junge Abgeordnet­e aus Ingolstadt einen Namen als Sozialexpe­rte, wurde Staatssekr­etär im Arbeitsmin­isterium und Gesundheit­sminister. Nachdem Seehofer sich während der rot-grünen Jahre mit Angela Merkel anlegt hatte, sein Amt als Fraktionsv­ize hinwarf und eine lebensgefä­hrliche Herzerkran­kung mit viel Glück überstand, schien seine Karriere in der Bundespoli­tik zu Ende zu sein – umso überrasche­nder aber tauchte er 2005 plötzlich wieder als Landwirtsc­haftsminis­ter im ersten Kabinett Merkel auf. Damals hatte ihn noch Edmund Stoiber durchgebox­t, diesmal kann er selbst Fakten schaffen.

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Foto: W. Kumm, dpa CSU Chef Horst Schloss Bellevue. Seehofer vor dem

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