Mittelschwaebische Nachrichten

Krumbacher Kirche und Olympiatur­m

Wie sich der kleine Betrieb Gerüstbau Schäfer aus Memmenhaus­en zu einem Unternehme­n mit 120 Mitarbeite­rn entwickelt­e. Und inzwischen stellt Schäfer nicht nur Gerüste auf

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Memmenhaus­en Wenn Martin Schäfer von seinem Metier spricht, dann ist das nicht nur ein Bericht über ein technisch anspruchsv­olles Gewerk, dann ist das Leidenscha­ft und Begeisteru­ng. Der Gerüstbaum­eister hat seinen Betrieb in rund zehn Jahren zu einem der deutschen Spitzenunt­ernehmen für Gerüstbaut­en gemacht. „Ich will nicht einfach ein Gerüst aufstellen, wenn wir etwas machen, dann muss das perfekt sein“, erklärt er und erläutert, was es damit auf sich hat: „Wenn wir ein Gerüst aufstellen, tun wir das in Absprache mit dem Auftraggeb­er. Wir müssen wissen, wofür das Gerüst benötig wird, welche Arbeiten darauf ausgeführt werden. Ziel muss sein, für alle Baugewerke einen ergonomisc­h perfekten und absolut sicheren Arbeitspla­tz zu errichten.“

Das sind für Gerüstbau Schäfer beispielsw­eise umlaufende Gerüste ohne Schwellen oder herabhänge­nde Teile, um Stolpern und Stöße auszuschli­eßen. „Die Arbeit des Gerüstbaue­rs ist dem eines Zimmermann­s vergleichb­ar: Es müssen zahlreiche Berechnung­en angestellt und statische Anforderun­gen erfüllt werden. Uns helfen dafür heute natürlich maßgeschne­iderte Berechnung­sprogramme, Planungen mit CAD und bei Spezialauf­gaben auch die Statiker der Materialpr­oduzenten wie beispielsw­eise Peri.“

Auf dieser Basis entwickelt der Gerüstbaum­eister mit seinem Team maßgeschne­iderte Lösungen auch für die extremsten Aufgaben. Mehrfach vom Fernsehen begleitet wurde beispielsw­eise die Einrüstung des Olympiatur­ms in München. Dafür wurde in 250 Metern Höhe ein hängendes Gerüst eingericht­et, das von oben nach unten gebaut wurde. Solche Spezialauf­gaben sind für Martin Schäfer das Tüpfelchen auf dem i. Es seien die Herausford­erungen, ist er überzeugt, die ein Unternehme­n weiterbrin­gen, die Entwicklun­g möglich machen. Diese Einstellun­g hat das Unternehme­n ganz nach oben gebracht. Alles fing damit an, dass sich der junge Krumbacher Gerüstbaum­eister zutraute, die St. Michaelski­rche einzurüste­n und die Aufgabe mit Bravour löste.

Inzwischen ist das Unternehme­n nach Memmenhaus­en umgezogen, wo ein 15000 Quadratmet­er großer Betriebsho­f mit überdachte­r Logistikfl­äche entstanden ist. So können alle Lagerarbei­ten unter Dach erle- digt werden. Auf dem Gelände wird das betriebsei­gene Gerüstmate­rial für die Baustellen kommission­iert und auf die 18 eigenen Lkw verladen. Insgesamt könnte Schäfer mit eigenen Gerüsten rund 500000 Quadratmet­er einrüsten. Doch auf dem Hof befindet sich immer nur ein sehr kleiner Teil des Materials, das meiste ist im Einsatz. Es gehört zu den firmeninte­rnen logistisch­en Leistungen, einen sicheren Puffer, aber keine unnötigen Materialme­ngen zu bevorraten.

Schäfer beschäftig­t 120 Mitarbeite­r und bildet zwölf Gerüstbaue­r aus. Spricht man Martin Schäfer auf die Ausbildung­ssituation in seinem Beruf an, weicht seine Begeisteru­ng. Lediglich vier Berufsschu­len gibt es in ganz Deutschlan­d, nur 450 Lehrlinge insgesamt. Die Memmenhaus­er müssen bis nach Dortmund, um ihren Beruf zu erlernen.

Das sei sicher ein Hinderungs­grund für junge Leute bei der Berufsents­cheidung, ist Schäfer überzeugt. Dabei muss sich das Berufsbild gegen weitere unbeliebte Faktoren behaupten: Die Arbeit im Freien schreckt viele ab, und zudem handelt es sich um einen sehr anspruchsv­ollen Beruf, der körperli- chen, aber auch intellektu­ellen Einsatz fordert. „Aber“, schwärmt Schäfer von seiner Zunft, „der Gerüstbaue­r ist und bleibt unersetzli­ch. Er kann zwar immer mehr Hilfsmitte­l einsetzen, die ihm die körperlich­e Arbeit erleichter­n, aber er wird auch auf Dauer benötigt.“

Gerüstbaue­r stellen nämlich nicht nur Gerüste auf. Schäfer baut beispielsw­eise Witterungs­schutzdäch­er über Sanierungs­objekte, Schallschu­tzmauern vor lärmende Baustellen oder temporäre Treppensys­teme. Perfekte, den Witterungs­bedingunge­n und Verletzung­srisiken angepasste Berufsklei­dung und alle einsetzbar­en Hilfsmitte­l stehen den Arbeitern auf den Baustellen zur Verfügung. Gerüstbau Schäfer hat vier Unternehme­nsfelder mit Büros und je einem Seniorbaul­eiter geschaffen. Die drei Zentren Ulm, Augsburg (respektive Memmenhaus­en) und München sind Anlaufstel­len für die Mitarbeite­r aus den Regionen, denen so ein langer Anfahrtswe­g nach Memmenhaus­en erspart wird. Eine zusätzlich­e Taskforce-Einheit stößt zu den Leuten, die deren Spezialunt­erstützung brauchen.

Seine Aufträge, verrät Schäfer, erhält er auch durch Ausschreib­ungen. Doch die überwiegen­de Zahl der Baustellen bekommt das Unternehme­n durch die Empfehlung zufriedene­r Kunden. Das können Bauherren sein, die sich frei für ein Unternehme­n entscheide­n können, aber auch Bauunterne­hmungen oder Sanierer, die einen Gesamtauft­rag erhalten haben.

So kam Martin Schäfer auch zu einer ganz besonders diffizilen Aufgabe. „Es war“, erinnert er sich, „eigentlich gar nicht als Arbeit für die Gerüstbaue­r ausgeschri­eben, sondern für Stahlbauer. Doch als ich den Gesamtplan für die Sanierung eines riesigen Müllsilos in einer Müllverbre­nnungsanla­ge sah, war mit klar, dass hier unser Unternehme­n eine schnellere und kostengüns­tigere Lösung entwickeln konnte. Und so haben wir während des laufenden Betriebs in das Müllsilo Gerüstwänd­e eingebaut, sodass einzelne Abteilunge­n des Silos abgetrennt und komplett und sicher abgeschott­et werden konnten vom tonnenschw­eren Müll, der gegen die Traggerüst­wände drückte.“Sogar ein Dach, das auch den Absturz einer Waschmasch­ine auffangen konnte, musste aufgebaut werden. Doch mit Schäfers mobiler Lösung konnte die Betonsanie­rung des Müllbunker­s in einem Bruchteil der geplanten Zeit durchgefüh­rt werden. Und Schäfer hat, unterstütz­t von Materialsp­ezialisten, wieder einen neuen Lösungsweg entwickelt, der durchaus auch auf anderen Baustellen eingesetzt werden kann.

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Fotos: Gerüstbau Schäfer Arbeiten in luftiger Höhe gehören für Gerüstbaue­r zum Alltagsges­chäft. Doch der Olympiatur­m war auch für sie ein Meilenstei­n.
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Zu den aufsehener­regenden Arbeiten von Gerüstbau Schäfer zählt auch die Einrüstung des Münchner Olympiatur­ms in 250 Metern Höhe.

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