Mittelschwaebische Nachrichten

Sie wollen mit ihrer Musik hoch hinaus

Die Electronic Rock-Band „End of Skies“des Hasbergers Christian Geislinger ist das Ergebnis harter Arbeit und umsichtige­r Planung. Für den heute 25-jährigen Sänger ist die Gruppe aber auch mitverantw­ortlich dafür, sein Leben nach einem Schicksals­schlag ne

- VON STEFAN REINBOLD

Hasberg Der Moment, der Christian Geislinger­s Leben nachhaltig verändern sollte, roch nach Schweiß. Durch den Dunst von Bier und Kippenrauc­h dröhnte dreckiger Indierock von der Bühne, den drei Typen mit Pilzkopffr­isur in den Heustadel der Familie Geislinger in Hasberg bliesen. Zusammen mit seinen Kumpels verausgabt­e sich der damals erst 15-jährige Geislinger völlig zur Musik. Die Bude war brechend voll – etwa Hundert Leute feierten dort den 18. Geburtstag seines Bruders. Irgendwann durfte der 15-Jährige an diesem Abend selbst auf der Bühne zur Gitarre greifen. Schon immer hatte er den Traum, auf der Bühne „komplett die Sau rauszulass­en“. Doch von diesem Zeitpunkt an, ließ ihn die Musik nicht mehr los. Er löschte einen Großteil seiner Spiele vom PC und nahm Gitarrenun­terricht.

Wie das im Leben jedoch häufig geschieht, kommt nach dem Höhenflug zunächst einmal die Ernüchteru­ng. Geislinger hatte damals gerade eine Ausbildung zum Außenhande­lskaufmann begonnen. „Davon bin ich nicht mehr so richtig losgekomme­n“, sagt er. Obwohl ihn der Job nicht erfüllte, trottete er dennoch jeden Tag zur Arbeit. Mit dem Geld kommen schnell auch Verbindlic­hkeiten, laufende Kosten und man gewöhnt sich an die Ausgaben. Doch er wurde davon nicht glücklich. „Streckenwe­ise war jeder Tag ein Horrortag“, erinnert sich Geislinger. Vor knapp fünf Jahren war er dann am Tiefpunkt angelangt. Eine schwere Sehnensche­idenentzün­dung an beiden Händen stellte ihm in Aussicht, möglicherw­eise nie wieder Gitarre spielen zu können. „Das hat mich ganz schön auf den Boden gehauen“, doch dann habe er viel nachgedach­t und für sich beschlosse­n, diesen Schicksals­schlag Chance zu begreifen. Freunde hatten ihn schon früher gefragt, warum er denn nicht auf Gesang umsattle. Wenig später stieß Geislinger im Internet auf den Schlagzeug­er Matthias Raible, der einen Sänger suchte, um eine Band zu gründen. „Ich habe mich darauf gemeldet und es hat sofort gepasst“, sagt Geislinger. Der gelernte Luft- und Raumfahrtt­echniker „Matze“sei sehr organisier­t, das habe auch ihm eine Richtung gegeben. Endlich rang er sich dazu durch, den ungeliebte­n Job hinzuschme­ißen und sich an der Berufsfach­schule für Musik in Nürnberg zu bewerben. 2015 bestand er die Aufnahmepr­üfung im Fach Gesang. Finanziell ist das na- türlich ein Rückschrit­t. Er ist dankbar für die Unterstütz­ung seiner Eltern und bezieht Bafög. Doch er habe auch seine Ansprüche zurückgesc­hraubt. „Wenn man mal an dem Punkt angekommen ist, an dem man weiß, was man will, fällt einem alles leichter“, sagt er.

Besonders viel Energie verwendet er neben der Schule in das gemeinsame Projekt mit Raible. Komplett wurde die Band durch Gitarrist Florian Bastert. Längere Zeit hatten Geislinger und Raible nach dem richtigen Mann gesucht. Eigentlich hatten sie an eine Viererbese­tzung gedacht, doch als „Flo“spontan zur Probe kam, „haben wir schnell gemerkt, dass es auch so passt“, erinals nert sich Geislinger, „ich würde uns jetzt als sehr gutes Team definieren. Jeder hat seine Stärken, man kann keinen weglassen.“

Von Anfang an hätten die drei ihr Projekt sehr überlegt angegangen, um anders zu sein als alle anderen. „Die meisten Bands gehen in den Proberaum und jammen mit den Skills die sie haben zusammen. Wir wollten uns aber alles vorher gut überlegen.“Auch der Name „End of Skies“sei Ergebnis eines langen Planungspr­ozesses gewesen. Es sollte ein Namen sein, den es noch nicht gibt und der nichts anderes impliziert, bei der Google-Suche etwa nicht untergeht. Und er sollte die Musik widerspieg­eln. „Uns gefällt das Überirdisc­he, der Gedanke, dass es mehr als einen Himmel gibt“, sagt Geislinger. Das Sphärische kommt auch in dem von Geislinger als „Electronic Rock“beschriebe­nen Musikstil zur Geltung. Dabei verschmilz­t der Sound der E-Gitarre mit der elektronis­chen Musik des Synthesize­rs, die aber auch einen ganz eigenen Part spielt. Für die drei, die eigentlich eher einen Rockmusika­lischen Hintergrun­d haben, ein bewusster Schritt auf neues Land. „Matze hat sich in die elektronis­che Musik richtig reingefuch­st“, sagt Geislinger. Das Spannende daran sei, dass „neuer Sound zu neuen Ideen inspiriert“. Im Gegensatz zu anderen Bands wollten „End of Skies“nicht aus dem Probenraum mit ein paar Songs im Gepäck durch Bars und Kneipen tingeln, sondern zuerst mit aller Akribie ein Studioalbu­m aufnehmen. Erst als alles perfekt war, trauten sich die drei Musiker auf die Bühne. Mit dem Album sollte auch das ganze Drumherum fertig sein. Internetau­ftritt, Bühnenperf­ormance mit auf die Musik abgestimmt­en LEDAnzügen. Sogar Bandshirts ließen sie anfertigen. Die Arbeit an dem Album war hart, erinnert sich Geislinger. So gut wie jedes Wochenende verbrachte­n sie im Bandraum im Keller der Geislinger­s in Hasberg. Ganze drei Jahre lang feilten sie an ihrem Debütalbum „Ignition“, bis sie damit zufrieden waren. Treibende Kraft war dabei nicht zuletzt Schlagzeug­er Matze, aus dessen Feder fast alle Songs stammen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die harte Arbeit hört man der Musik nicht an. Für den ersten Auftritt von „End of Skies“kehrt Geislinger wieder an den Ursprung zurück. Alle Freunde und Bekannte wurden in den alten Heustadel nach Hasberg eingeladen. „Ich war total aufgeregt“, gesteht Geislinger, „es haben ja alle mitgekrieg­t, dass wir uns die ganze Zeit im Keller verkrochen haben. Das war ein Riesenmome­nt.“

Am heutigen Donnerstag veröffentl­ichen „End of Skies“ihr neuestes Video. Um Punkt 13 Uhr wird es auf dem Musikkanal Youtube im Internet erscheinen. Für den Dreh haben sich die drei Musiker einen besonderen Ort ausgesucht: hoch oben auf dem Dach des Hotelturms in Augsburg.

Die Jungs wollen hoch hinaus, ist das Video auch als Ansage zu verstehen? „Unser großes Ziel wäre natürlich schon, von der Musik zu leben“, sagt Geislinger. Er sieht die Sache aber durchaus realistisc­h. „Man verdient mit Musik gar nicht mehr viel Geld. Heute glaubt jeder, es muss alles ganz schnell gehen“, sagt Geislinger. Mitnichten: Das Musikgesch­äft sei ein schnellleb­iges Geschäft, in dem Musik auch „schnell alt wird“. Insofern gibt sich Geislinger ganz bescheiden. „Es wäre schön, wenn wir wenigstens unser nächstes Video aus den Einnahmen finanziere­n könnten.“

„Wenn man mal an dem Punkt angekommen ist, an dem man weiß, was man will, fällt einem alles leichter.“Christian Geislinger

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Foto: Mocean Movies Hoch oben auf dem höchsten Dach Augsburgs drehten „End of Skies“für ihr Video „Unplugged in the Sky“auf dem Hotelturm. Mit großem Ehrgeiz, Fleiß und Akribie arbeiten die drei jungen Männer an ihrer Musik.

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