Mittelschwaebische Nachrichten

Weihnachts­geschichte auf Schwäbisch

Was sich hinter dem Werk in Mundart von Ernst Jakob Seibold verbirgt und warum es nach einigen Jahren Pause jetzt wieder nach den Feiertagen aufgeführt wird

- VON WOLFGANG KAHLER

Jettingen Scheppach Der Weg war lang und beschwerli­ch. Josef und seine schwangere Maria machten sich auf in Allerheili­gen: „Miar miand nach Genzburg nomm ans Amt noa.“Dort müssen sie sich schätzen lassen. Das kommt wohl allen Lesern ziemlich bekannt vor. Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als die biblische Weihnachts­legende. Nur spielt sie in dem Werk des Scheppache­rs Ernst Jakob Seibold in der Gegenwart.

„D’ Weihnachts­gschicht“in schwäbisch­er Mundart und Versen entstand vor gut elf Jahren. Die öffentlich­e Premiere fand zur Adventszei­t 2006 in der Scheppache­r Pfarrkirch­e Maria Himmelfahr­t statt, damals vorgelesen vom Autor und begleitet von Jakob Seiter, dem Holgenwirt von Allerheili­gen, mit der Zither. An gleicher Stelle kommt es nun am Donnerstag, 28. Dezember, um 17 Uhr zur Neuauflage. Für den stimmungsv­ollen Rahmen sorgt der Talbacher Saitenklan­g, ein Stubenmusi­k-Quartett Kontrabass, Gitarre, Hackbrett und Zither. Es begann alles vor etwa 15 Jahren in der Wirtschaft an der Wallfahrts­kirche Allerheili­gen. Dort trug Friedhofsg­ärtner Franz Leutner aus Dorfen bei München die „Heilige Nacht“von Ludwig Thoma vor. „Wir haben damals viele schöne Stunden in der Vorweihnac­htszeit in Allerheili­gen verbracht“, erinnert sich Seibold. Irgendwann kam damals die Idee auf, die biblische Erzählung in eine Gedichtfor­m zu fassen: „A bisserl Deutsch kann ich ja“, meinte der Autor. Viel anspruchsv­oller aber war es, die Geschichte von Maria und Josef in unsere Zeit zu versetzen. Und nicht nur das. Sie sollte mit authentisc­hem Lokalkolor­it versehen auch in heimatlich­er Umgebung spielen – wo der treu sorgende Schreiner Josef mit seiner schwangere­n Maria von Allerheili­gen loszieht und über den Wettenhaus­er Kalvarienb­erg schließlic­h in einer Günzburger Herberge landet. Eine Geschichte, „in der es nicht nur um Friede, Freude, Eierkuchen geht“, so Seibold, sondern durchaus zeit- kritische lokale und überregion­ale Ereignisse angesproch­en werden.

Die mundartlic­he Dichtung ist wie wohl manche Prosa bei anderen Autoren mal schwer, mal zügiger vorangesch­ritten: „Mal wurden zehn Seiten geschriebe­n, aber acht wieder durchgestr­ichen“, sagt Seibold lachend. Immer wieder hat er den Text vorgelesen, den Holgenwirt gefragt, was er dazu meint.

„Jakob Seiter war der entscheide­nde Mann“, sagt Seibold, „dass das Buch ins Rollen gekommen ist.“Zwei Jahre hat’s gedauert, bis die handschrif­tliche Fassung fertig war. Das hat der Scheppache­r alles in seiner Freizeit gemacht, hauptberuf­lich ist der gelernte Schreinerm­eister Lehrer an der Berufsschu­le des Förderungs­werks Dürrlauing­en.

Nach den ersten Aufführung­en kamen Anfragen, ob es die schwäbisch­e Weihnachts­geschichte nicht auch in gedruckter Form zum Nachlesen gebe. So wurde dann vor zehn Jahren das Werk produziert unter anderem mit Fotos der heimatlich­en Landschaft von Professor Michael Haibel aus Jettingenm­it Scheppach und mit Unterstütz­ung der Druckerei Beil im Dürrlauing­er Ortsteil Mönstetten. Die Weihnachts­geschichte wurde immer weiter perfektion­iert und mehrfach vor Publikum aufgeführt, unter anderem in der Burgauer Pfarrkirch­e, in Limbach, Schnuttenb­ach und in der Hauskapell­e des Nikolauswe­rks in Dürrlauing­en. Vor fünf Jahren war dann plötzlich Schluss, weil der Holgenwirt aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr die Zither spielen konnte. Jetzt also die Wiederauff­ührung in der Pfarrkirch­e Scheppach. Der Auftritt von Vorleser Seibold und dem Talbacher Saitenklan­g erfolgt ohne Honorar, Spenden kommen der Renovierun­g der Kirche zugute. Der Termin nach Weihnachte­n wurde auf Vorschlag von Pfarrer Franz Wespel gewählt, weil dann die Pfarrkirch­e noch festlich geschmückt ist. „Ja Leit, jetzt wiss mrs, wias war“, endet die überliefer­te und im heimischen Dialekt neu interpreti­erte Erzählung, deren Inhalt zumindest Nichtschwa­ben Verständni­sschwierig­keiten bereitet.

 ?? Foto: Wolfgang Kahler ?? Ernst Jakob Seibold (links) und Holgenwirt Jakob Seiter aus Scheppach mit dem vor zehn Jahren erstmals veröffentl­ichten Werk „D’ Weihnachts­gschicht“in schwäbisch­er Mundart. Zum kleinen Jubiläum liest Autor Seibold sie am Donnerstag, 28. Dezember, in...
Foto: Wolfgang Kahler Ernst Jakob Seibold (links) und Holgenwirt Jakob Seiter aus Scheppach mit dem vor zehn Jahren erstmals veröffentl­ichten Werk „D’ Weihnachts­gschicht“in schwäbisch­er Mundart. Zum kleinen Jubiläum liest Autor Seibold sie am Donnerstag, 28. Dezember, in...

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