Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn die Ostereier am Christbaum hängen
Karlheinz Kutschker sammelt alten Christbaumschmuck. In seiner Sammlung befindet sich so manch kurioses Stück
Riedheim Jetzt wird es wieder eng im Wohnzimmer von Familie Kutschker in Riedheim. Die Kommode an der Wand rückt näher zum Esstisch, die Türen des hinteren Holzschränkchens bleiben in den nächsten Tagen zu – da kommt keiner mehr ran. Und Karlheinz Kutschker hat sich schon seit Jahren damit abgefunden, dass die Sicht zum Fernseher von Fichtenzweigen verdeckt wird. Zweieinhalb Meter hoch und ebenso breit ist der Christbaum, der im Wohnzimmer der Familie steht. Ein Prachtstück. Das liegt auch am Schmuck, mit dem die Rotfichte behangen ist: Seit Jahren sammelt Karlheinz Kutschker alten Christbaumschmuck. So manch kurioses Stück befindet sich in seiner Sammlung. Und endlich ist der Tag da, an dem die Schmuckstücke – alle ordentlich und sicher verpackt – aus ihrem Sommerquartier kommen, vorsichtig aus den Schachteln genommen und an den riesigen Christbaum gehängt werden.
„Ich wollte ein Weihnachten wie in meiner Kindheit“, erzählt Karlheinz Kutschker, während er vorsichtig einen kleinen Vogel aus einem Karton holt. Das kleine Glastierchen sieht alt aus – und zerbrechlich. „Ich habe vor zehn Jahren mit 150 Teilen angefangen“, erzählt der Riedheimer. Alte Kugeln aus den 1950er- und 1960er-Jahren waren darunter – und Vögel. „Es wird jedes Jahr mehr“, sagt Karlheinz Kutschker und lächelt. Letztes Jahr hingen 280 Schmuckstücke – Kugeln, Tiere, Zapfen, Vogelnester – an seinem Baum. „Ich musste sogar einige Teile weglassen.“Leider. Und dann gibt er zu: „Es gab Jahre, da hatten wir sogar zwei Christbäume im Wohnzimmer stehen.“Dann greift Karlheinz Kutschker zum nächsten kleinen Karton. Zum Vorschein kommt zunächst nur Küchenrolle, darin ist sein Lieblingsstück eingewickelt. Vorsichtig entfernt er das Papier. „Das ist ein kleines Karussell aus den 1920er-Jahren.“Als Nächstes stellt er einen kleinen Glaselefanten auf den Tisch. „Den habe ich mir letzten Jahr gegönnt“, erzählt der Riedheimer. Dieser Christbaumschmuck wurde aus Amerika eingeflogen. Karlheinz Kutschker hat ihn ihm Internet entdeckt.
Seine Sammlung umfasst mittlerweile fast 300 Stück. Und darin befindet sich so manch Kurioses – Motive, mit denen niemand an einem Christbaum rechnet. „Es gibt schon irre Teile“, sagt sogar Karlheinz Kutschker. Sein „irrstes Teil“ist eine circa zehn Zentimeter lange Wespe. „Es kommt noch mehr“, sagt er und grinst. Und dann befreit der Riedheimer tatsächlich vier Ostereier aus ihrer Verpackung. Klar erkennbar ist die Aufhängung für den Christbaum. Ostern und Weihnachten in einem sozusagen. „Die findet man sehr selten“, sagt Karlheinz Kutschker. In seiner Stimme schwingt ein gewisser Stolz mit und eine gebliebene kindliche Freude. Einer seiner ChristbaumVögel sei mit Gelatine bemalt, erzählt Karlheinz Kutschker. Feucht werden darf dieses Schmuckstück nicht, sonst ist die Bemalung weg. Ein Schwein, ein Fuchs, der eine Gans im Maul trägt, eine Maus und ein Hund gehören ebenfalls zur Sammlung. „Ich will es bunt zusammengewürfelt.“Am Christbaum muss man suchen und der muss voll sein. „Die Auswahl wird immer schwieriger, man wird anspruchsvoller“, gibt der Sammler zu. Auf eine besondere Schmuck-Art hat er schon länger ein Auge geworfen: Christbaumschmuck aus Dresdner Pappe. „Es gibt vor allem Motive mit Tieren.“Meist sogar ohne christlichen Bezug. Adler, Störche, Löwen. Diese werden dreidimensional gedruckt. „Aber die werden zu teuer gehandelt“, muss Karlheinz Kutschker eingestehen. Er wird weiter suchen müssen.
Zu einem alten Schmuck gehört natürlich auch ein alter Baum, oder besser gesagt, ein klassischer Baum. Die populäre Nordmanntanne kommt bei Familie Kutschker nicht ins Haus. Eine Rotfichte muss es sein. Eigentlich sucht Karlheinz Kutschker seinen Christbaum schon im Sommer aus. Wenige Tage vor Heiligabend wird dieser dann frisch geschlagen. Doch das wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Erst am zweiten Adventswochenende wurde Karlheinz Kutschker in diesem Jahr fündig.
Vier Stunden brauche er schon, um seinen Baum zu schmücken. „Naja, vielleicht auch etwas länger“,
Zum alten Schmuck gehört ein klassischer Baum
Ein Elefant aus Amerika
sagt er lächelnd nach einem skeptischen und amüsierten Blick seiner Frau Monika. Sie unterstützt die Sammelleidenschaft ihres Mannes. „So hat man immer ein Geschenk, das man unter den Weihnachtsbaum legen kann“, sagt sie. Karlheinz Kutschker schmückt seinen Baum übrigens allein. „Der ist absolute Tabuzone!“Die Freude an seinem Weihnachtsschmuck währt nur ein paar Tage. Schon in der ersten oder zweiten Januarwoche kommt er wieder ab und der Christbaum wieder aus dem Wohnzimmer.
Aus seinem Bekanntenkreis kam der Vorschlag, seine Sammlung auch während des Jahres in einer Vitrine zu zeigen. Aber das möchte Karlheinz Kutschker nicht. „Weihnachten ist nur einmal im Jahr und das soll auch so bleiben.“