Mittelschwaebische Nachrichten
Das Jesuskind als Bürgermeister
Im argentinischen La Rioja ist dies symbolisch der Fall
Krumbach In Norden Argentiniens gibt es eine Stadt, die alljährlich zum Neuen Jahr den Jahreswechsel mit zwei Prozessionen begeht, die von Bruderschaften veranstaltet werden, die bis in die Zeit der Jesuitenmissionare im 17. Jahrhundert zurückgehen. Die Stadt heißt La Rioja und ist die Provinzhauptstadt der gleichnamigen Region.
Die eine Bruderschaft steht unter dem Patronat des heiligen Nikolaus von Tolentino, der auch Patron der Provinz Rioja ist. Was sicher nur wenige wissen: Er ist auch einer der Patrone Bayerns. Die Verehrung dieses Heiligen hat sich von Italien aus bis nach Südamerika ausgebreitet, weil er besonders als Helfer in vielen Nöten gilt. So wird an seinem Gedenktag immer Brot gesegnet und an die Armen verteilt.
Die andere Bruderschaft steht unter dem Patronat des „Nino Jesus Alcalde“. In der Prozession wird in einem Schrein eine Jesusfigur mitgetragen. Es handelt sich dabei um einen Jesusknaben von etwa acht Jahren, der in der Tracht eines spanischen Bürgermeisters des 17. Jahrhunderts gekleidet ist.
Das Jesuskind stellt somit den Bürgermeister dar. Höhepunkt der Prozession ist die Übergabe der Stadtschlüssel durch den Bürgermeister an das Jesuskind. Auf diese symbolische Weise möchte sich die Stadt und die ganze Provinz unter den besonderen Schutz Jesu in diesem Neuen Jahr stellen.
Am Schluss der Prozession hält der Bischof eine Ansprache, in der er dazu aufruft, alle Konflikte friedlich zu lösen. Das gelingt in La Rioja auch weitgehend, denn die beiden Prozessionen haben ihren Ursprung in den kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen Spaniern und den Indigenen also den Indios. Die Missionare haben versucht mit Hilfe des himmlischen Bürgermeisters die Probleme zu bewältigen, denen ein spanischer Bürgermeister nicht gewachsen war.
Die Idee der Jesuitenmissionare das Jesuskind zum Bürgermeister zu machen, hatte gewiss ihren Ursprung im Fest der Unschuldigen Kinder, denn an diesem Fest war es in den Klöstern und den Klosterschulen üblich, dass „die Kleinen“regierten. Die Mitglieder der Bruderschaft des Nino Jesus Alcalde tragen in der Mitte ihrer runden Kopfbedeckung einen Spiegel.
Wer also einem Bruderschaftsmitglied gegenübersteht, sieht nicht nur in das Gesicht des anderen, sondern im Spiegel sein eigenes Gesicht. Die Aufforderung Jesu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“wird damit sozusagen augenscheinlich. Man könnte auch sagen: Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du. Wenn das jedem bewusst ist, dann trägt das von vorneherein zur Entschärfung von Konflikten bei.
Wenn der Schlüssel der Stadt vom Bischof wieder an den Bürgermeister übergeben wird, dann schenkt er ihm auch eine Bibel, um damit auszudrücken, dass Gottes Gebote in Stadt und Land beachtet werden sollen.
Die Jesuiten sind im 18. Jahrhundert aus ganz Südamerika vertrieben worden, aber ihr Wirken trägt Segen bis in unsere Zeit. Dafür ist die Bruderschaft von Jesus als Bürgermeister ein sehr lebendiges Beispiel.