Mittelschwaebische Nachrichten
Städtetag findet Signale aus Berlin gut
Die schwäbischen Vertreter des Spitzenverbandes diskutieren in Burgau darüber, wie Kommunen leichter an Flächen kommen können, um Wohnungen zu schaffen. Manchen Vorschlag macht sich die Bundespolitik offenbar zu eigen
Burgau Im oberfränkischen Kloster Banz hat die CSU-Landtagsfraktion auf ihrer Winterklausur die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschlossen. Grundstückseigentümer betroffener Straßen sollen nicht länger zur Kasse gebeten werden. Beinahe zeitgleich tagten die schwäbischen Mitglieder des Bayerischen Städtetages in Burgau. Der bayerische und der schwäbische Vorsitzende des kommunalen Spitzenverbandes, Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) und sein Günzburger Amtskollege Gerhard Jauernig (SPD), verlangten für diesen Fall eine „Kompensation“durch den Freistaat. Ohne eine staatliche Ausgleichszahlung sei die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen nicht möglich, so die Kommunalpolitiker. „Wir haben sicher keinen Spaß daran, die Beiträge zu erheben. Die Abschaffung ist der emotional leichtere Weg“, sagte der Augsburger Rathauschef. Aber der Städtetag hat Zweifel, dass ohne die in vielen Kommunen von den Eigentümern bezahlten Ausbaubeiträge (die Landeshauptstadt München verzichtete beispielsweise darauf, sie zu erheben) eine „nachhaltige Befriedigung“– das formulierte Ziel der CSU-Fraktion – erreicht wird. „Klar ist auch: Die Zahlungen des Freistaats an die Kommunen ist Geld der Steuerzahler“, machte Günzburgs OB Jauernig deutlich.
Lange beschäftigten sich die schwäbischen Ratshauschefs gestern Vormittag mit einer Herausforderung, vor der alle stehen: der Schaffung von ausreichend Wohnraum. Was das Sondierungspapier zwischen der Union und der SPD dazu hergibt, stimmt Gribl zuversichtlich. Der CSU-Oberbürgermeister war direkt an den Gesprächen in Berlin beteiligt. Und die kommunalpolitische Handschrift, lobten Jauernig und der Burgauer Gastgeber, Bürgermeister Konrad Barm (Freie Wähler), sei erkennbar. Konkret sollen für Landwirte Anreize geschaffen werden, dass sie mehr Grundstücke zur Verfügung stellen. Wenn sie momentan Grund und Boden verkaufen, kommt das einer Auflösung des landwirtschaftlichen Betriebsvermögens gleich. Die Erträge müssen mit rund 50 Prozent versteuert werden. Um das zu vermeiden, kann der Bauer reinvestieren: In ein anderes Grundstück, das nur selten zu finden ist; in ein Betriebsgebäude; oder in einen anderen Gewerbebetrieb, sofern er Mitunternehmer ist. Die möglichen Partner einer Großen Koalition wollen diese Möglichkeiten noch verbreitern: Keine Steuern sollen dann anfallen, wenn die Erträge im Mietwohnungsbau investiert werden.
Auch bundeseigene Grundstücke (ehemalige Militärflächen und Kasernengelände) müssen zu kostengünstigen Bedingungen und bevorzugt an Kommunen abgegeben werden, damit dort günstige Wohnungen gebaut werden können, fordert Gribl. Außerdem ist offenbar auch daran gedacht, eine Grundsteuer C einzuführen für Grundstücke mit Baurecht, wenn es nicht ausgeübt wird. Als positives Signal wertet der Städtetag die Bereitschaft des Bundes, in der aktuellen Legislaturperiode auch nach dem Jahr 2019 insgesamt zwei Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau zu stecken. Eigentlich wäre das finanzielle Engagement nächstes Jahr ausgelaufen.
Wie wichtig gerade auch die staatliche Förderung ist, betonte der Günzburger Oberbürgermeister. 500 Mietwohnungen seien in Günzburg allesamt belegt. Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum ist laut Jauernig aber ebenso groß.
Allein könne das keine Kommune stemmen, auch wenn Günzburg einige Instrumente einsetze. Eine „soziale Bodenordnung“nimmt Bauträger,
die Grund von der Stadt kaufen, in die Pflicht: Ab einer Größenordnung von über 1000 Quadratmetern muss jede fünfte entstehende Wohnung für den sozialen Wohnungsbau bereitstehen. Seit Jahren ist ein kommunales Familienförderprogramm aufgelegt: Eltern bekommen je nach Zahl der Kinder bis zu 12 000 Euro, wenn sie in Günzburg Grund kaufen. „Das macht es für einige Familien durchaus attraktiv, sich hier anzusiedeln“, so Jauernig. Demnächst soll in Günzburg eine „soziale Wohnungsbauoffensive“starten – mit Partnern des Freistaats, des Bezirks Schwaben und privater Seite. Bis in zwei Jahren sollen 50 neue Mietwohnungen entstehen, so der OB an.