Mittelschwaebische Nachrichten
Ein begnadeter Pädagoge
Dekan Bernhard Heinrich Overberg wurde 1783 Schulleiter in Münster
Krumbach Schon früh erwachte in dem 1754 geborenen Bernhard Heinrich Overberg der Wunsch, Priester zu werden. Die Eltern waren nicht mit Glücksgütern gesegnet. Der Vater zog als Hausierer von Haus zu Haus. Die Mutter betrieb einen Kramladen. Für vier Kinder galt es zu sorgen. Der jüngste Sohn machte ihnen Sorgen, denn „Krämers Bernd“war von Geburt an schwächlich und wenig widerstandsfähig. Sie wussten von seinem Wunsch Priester zu werden, aber der Lehrer meinte, seine Begabung reiche für eine höhere Schule nicht aus, außerdem sei ein solcher Schulbesuch nicht gerade billig. Der Pfarrer teilte die Meinung nicht und begann Bernd Lateinstunden zu geben. Der Fleiß des Buben ersetzte, was an Begabung fehlte.
So vorbereitet machte er mit 16 Jahren die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium. Nach glücklich bestandenem Abitur begann er im Alter von 22 Jahren mit dem Studium der Theologie in Münster. Hatte er schon als Gymnasiast Nachhilfeunterricht erteilt, übernahm er nun eine Stelle als Hauslehrer. Damit war schon Kost und Logis gesichert. Nach drei Jahren konnte er das Studium abschließen und wurde am 20. Dezember 1779 zum Priester geweiht. An Weihnachten konnte der Neupriester „Krämers Bernd“im heimatlichen Voltlage seine Primiz feiern.
Der Generalvikar Franz Freiherr von Fürstenberg schickte den Primizianten Overberg zu einem betagten Pfarrer. Dieser überließ seinem Kaplan den gesamten Religionsunterricht. Es sprach sich in Münster herum, dass dieser junge Geistliche seine Schüler begeistern konnte. Auch der Generalvikar hörte davon. Er besuchte den Unterricht. Was er erlebte, überzeugte ihn so sehr, dass er ihn bereits 1783 zum Leiter der Normalschule in Münster machte. Die Normalschule bildete junge Lehrer für das Münsterland aus. Overberg trat für die allgemeine Schulpflicht ein, die der Generalvikar im Fürstentum Münster durchsetzte. Die von Overberg 1801 verfasste „Allgemeine Schulordnung für das Münsterland“wurde beispielhaft für den ganzen deutschen Sprachraum.
Welch guten Ruf die Schulreform des Generalvikars von Fürstenberg und von Dekan Overberg hatte, lässt sich daraus ersehen, dass die Fürstin Amalie von Gallitzin aus Holland nach Münster übersiedelte, um ihren beiden Kindern die beste schulische Ausbildung zu ermöglichen. Die hochgebildete Fürstin, die mit bedeutenden Philosophen und Gelehrten, auch mit Goethe im Gedankenaustausch stand, ließ sich in Erziehungsfragen von Dekan Overberg beraten. Ihre zahlreichen Gespräche führten dazu, dass die Fürstin katholisch wurde, ebenso ihre beiden Kinder. Das Haus der Fürstin wurde zu einem Treffpunkt der geistigen Elite. Etwas spöttisch sprach man in Münster von der „sacra familia“- der heiligen Familie, weil von hier ein vertieftes religiöses Leben ausging. Zu dem Kreis gehörten auch Friedrich Leo Graf Stolberg und seine Frau, die ebenfalls katholisch wurden.
Dekan Overberg hat eine ganze Lehrergeneration geprägt, die sich der Kirche verbunden wusste. 1809 wurde Overberg, der auch Pfarrer von Liebfrauen-Überwasser war, die Priesterausbildung anvertraut. Die Schule blieb jedoch zeitlebens sein Herzensanliegen. Bis zu seinem Tod, inzwischen Ehrendomherr, unterrichtete er. Man rühmte seine Güte und seine Geduld. Wenn Dekan Overberg am Sonntagnachmittag die Christenlehre hielt, füllten Jugendliche und Erwachsene die Kirche. Am 9. November 1822 starb Overberg dessen segensreiches Wirken das schulische und religiöse Leben im Münsterland ähnlich prägte wie die Schule Johann Michael Sailers im süddeutschen Raum.