Mittelschwaebische Nachrichten
Über Wahnsinn und Wahrhaftigkeit
Düsteres von Henning Mankell im Ursberger Kellertheater
Ursberg „Schön, dass Sie sich das getraut haben!“, das war wohl einer der schönsten Sätze, die das Ensemble des Kurses Theater und Film unter der Leitung von Lucia Mehr bei der Verabschiedung der Zuschauer zu hören bekommen hat. Und das vor allem, nachdem es, wie die Lehrerin selbst zur Begrüßung gesagt hat, ein harter Weg hin zur Entscheidung war, dieses kalte, grausame und doch so wahrhaftige Stück zu spielen: „Als hörte ich Hunde“von Henning Mankell.
So mancher Zuschauer im Kellertheater des Ringeisen-Gymnasiums der St. Josefskongregation musste wohl in diesem sehr modernen Stück hier und da schlucken. Das lag einmal an der Story selbst, aber auch an der dramaturgischen Undurchsichtigkeit: Die klassische Einheit von Ort, Zeit und Handlung wurde hier nämlich völlig aufgelöst und von einer scheinbar wahllos zusammengewürfelten Abfolge absurd endender Szenen abgelöst.
Das Stück handelt von drei Obdachlosen. Es hält der Gesellschaft den Spiegel vor Augen und zeigt, dass es eben nicht genügt, nur auf die Oberfläche zu achten, sondern dass die tatsächliche Realität meist tiefer liegt. Dass diese nicht so leicht zu verkraften ist, zeigten die jungen Schauspieler eindrucksvoll.
Lukas (schaurig schön umgesetzt von David Müller), Harry (ergreifend ehrlich und facettenreich gespielt von Fabian Böck) und Anna (unter die Haut fahrend dargestellt von Celine Pfaudler), leben nicht nur einfach auf der Straße, weil sie ihr Leben nicht „gebacken“bekommen, sondern weil es ihnen übel mitgespielt hat. Während Lukas versucht, seine Abneigung gegen seinen Erzeuger in gewaltsamen Gedichten zu verarbeiten, hadert Harry mit seiner Hassliebe zu seiner Familie, die ihn nicht mehr haben möchte, weil er homosexuell ist. Lukas bekommt durch die Verlegerin Frida Ingmarson (Ariana Wolf) die Chance, seine Gedichte zu veröffentlichen.
Jedoch kommt er nicht damit zurecht, dass diese weder an seiner Persönlichkeit noch an seiner Geschichte interessiert ist, die aber zentraler Bestandteil seiner Werke sind. Harry hingegen wird von seiner Schwester (Katharina Gleich) und seiner Mutter (Lisa Jochum) aus dem Familienunternehmen gedrängt und rutscht in schlechte Kreise ab, die ihn immer weiter von seiner Familie entfernen.
Zuletzt Anna, die nicht nur vor ihrem gewaltbereiten Ehemann (Anno Floegel) geflohen ist, sondern auch ihre achtjährige Tochter zu Grabe tragen musste, wodurch sie selbst zur Mörderin geworden ist. Ihre Mutter (Sarah Kraft) drängt sie immer wieder zu einem „normalen“Leben, doch Anna ist dazu nicht mehr fähig. Alle drei landen durch ihre Erlebnisse auf der Straße, werden obdachlos und denken anfangs nur an sich. Sie bilden eine reine Zweckgemeinschaft, doch nach und nach erzählen sie sich ihre Geschichten und knüpfen so zarte Bande, die ihnen helfen, zu überleben, denn nur gemeinsam – so die Botschaft der Regisseurin – kann man solch schreckliche Erlebnisse überstehen.
Die herausragenden schauspielerischen Leistungen aller Beteiligten wurden durch den großen Applaus und viel Lob bei der Verabschiedung belohnt. Dies war das letzte Stück „der Großen“aus der 12. Jahrgangsstufe, beim nächsten Mal werden sie vor allem die Regieassistenz übernehmen, um „die Kleinen“aus der 11. Jahrgangsstufe an die Schauspielerei heranzulassen.