Mittelschwaebische Nachrichten

Zwei Kliniken für Ärztlichen Bereitscha­ftsdienst

Am 30. Januar tritt eine grundlegen­de Änderung für Patienten und Ärzte in Kraft. Viele Politiker sind skeptisch und hoffen auf eine Nachbesser­ung

- VON PETER BAUER

Krumbach Wohin wendet man sich in nicht lebensbedr­ohlichen Notfällen außerhalb der üblichen Sprechzeit­en? Dafür ist der Ärztliche Bereitscha­ftsdienst unter der bundesweit einheitlic­hen, kostenlose­n und vorwahlfre­ien Nummer 116 117 zuständig. In den letzten Tagen des alten Jahres war über die Neuregelun­g für die Landkreise Günzburg und Neu-Ulm – und die weitreiche­nden Änderungen für Patienten und Ärzte gleicherma­ßen – heftig debattiert worden. Doch dann wurde es still. Die zuständige Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayerns (KVB) hatte betont, dass sie an der geplanten Neuregelun­g mit der Konzentrat­ion auf die beiden Kliniken Günzburg und Weißenhorn festhalten wolle. Das heißt beispielsw­eise, dass Hausärzte in Krumbach ihre Praxis verlassen müssen, um in den genannten Kliniken ihren Notdienst anzutreten.

Nun tritt die Neuregelun­g, wie die KVB in einer offizielle­n Presseinfo­rmation bestätigt, zum 30. Januar in Kraft. An diesem Tag werden neue Bereitscha­ftspraxen in der Kreisklini­k in Günzburg und in der Stiftungsk­linik Weißenhorn eröffnet. Im benachbart­en Unterallgä­u nimmt die Bereitscha­ftspraxis in der Kreisklini­k Mindelheim ihren Betrieb auf. „Die Einrichtun­g zentraler Bereitscha­ftspraxen hat für die Patienten den Vorteil, dass mühsame Recherchen, welcher niedergela­ssene Arzt Dienst hat und wo sich dessen Praxis befindet, entfallen“, schreibt die KVB. Zahlreiche Politiker aus der Region stehen der Neu- regelung hingegen skeptisch gegenüber und hoffen in den kommenden Monaten auf eine Nachbesser­ung. So hatte es zuletzt auch Dr. Volker Rehbein, der Vorstand der Kreisklini­ken Günzburg und Krumbach, formuliert.

Was ist konkret geplant? Niedergela­ssene Ärzte in der Region Günzburg/Neu-Ulm werden ab 30. Januar ihren Dienst in den Kliniken Weißenhorn und Günzburg absolviere­n. Aber ist diese Kapazität ausreichen­d? Oder wird der südliche Landkreis Günzburg gar in Sachen Bereitscha­ftsdienst zum „Niemandsla­nd“, wie es Bürgermeis­ter Hubert Fischer wiederholt formuliert­e? Mehrere Bürgermeis­ter und die heimischen Abgeordnet­en Alfred Sauter, Dr. Hans Reichhart und Dr. Georg Nüßlein hatten die zuständige Kassenärzt­liche Vereini- gung Bayerns (KVB) um Nachbesser­ung gebeten. Dabei solle die Klinik Krumbach in das Konzept mit einbezogen werden. Vor Kurzem wurde im Krumbacher Stadtrat mit großer Mehrheit eine Resolution für die Nachbesser­ung des Dienstes verabschie­det. Aus den Reihen der Ärzte wird die Positionie­rung der Politiker hingegen durchaus skeptisch betrachtet. Der Krumbacher Kinderarzt und Stadtrat Dr. Marcus Härtle erklärte, dass das Hauptprobl­em der Rückgang an Ärzten sei. Die Politik habe es versäumt, hier gegenzuste­uern. Aber bei der Neuregelun­g sehe er „eine Lücke in der bereitscha­ftsdienstl­ichen Versorgung so nicht“. Auch künftig gebe es die Möglichkei­t von Hausbesuch­en. Von politische­r Seite hingegen wird mitunter bezweifelt, ob diese Kapazität ausreichen­d ist.

Mehrere Bürgermeis­ter aus dem südlichen Landkreis hatten gegenüber der KVB ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht. Kurz vor Weihnachte­n verabschie­dete der Kreistag eine Resolution, in der die Pläne der KVB abgelehnt werden. Die Landtagsab­geordneten Alfred Sauter und Dr. Hans Reichhart sowie der CSUBundest­agsabgeord­nete Dr. Georg Nüßlein hatten sich an Dr. Wolfgang Krombholz, den Vorsitzend­en des Vorstands der KVB gewandt.

In seinem Antwortsch­reiben wies Krombholz die Kritik an dem neuen Konzept zurück. Krombholz wies unter anderem darauf hin, dass die bisherige Form des Bereitscha­ftsdienste­s mit mehr Diensten für die Ärzte „in weniger dicht besiedelte­n Regionen bislang eines der wesentlich­en Niederlass­ungshinder­nisse für junge Ärztinnen und Ärzte gewesen sei“. Er betonte ferner, dass „wir unsere Standorten­tscheidung­en bereits im März 2016 in einem persönlich­en Gespräch dem Vorstand der Kreisklini­ken Günzburg-Krumbach mitgeteilt haben“. Ebenso sei zu diesem Zeitpunkt der Bayerische Landtag im Ausschuss für Gesundheit und Pflege über die Weiterentw­icklung des Bereitscha­ftsdienste­s informiert worden.

Das Konzept, das jetzt für die Kreise Neu-Ulm und Günzburg, aber auch in Mindelheim umgesetzt werde, habe sich in anderen Regionen Bayerns bewährt. „Es kam beispielsw­eise während der Öffnungsze­iten der Bereitscha­ftspraxen zu einem Rückgang der Fallzahlen der benachbart­en Notaufnahm­en.“

Insgesamt betrachtet bestehe für Patienten aus dem südlichen Landkreis Günzburg die Möglichkei­t, „innerhalb von ungefähr 30 Minuten eine Bereitscha­ftspraxis aufzusuche­n“oder „einen Hausbesuch zu erhalten“. Wenn sich herausstel­len sollte, dass in bestimmten Regionen Bedarf für eine weitere Bereitscha­ftspraxis bestehe, „werden wir die entspreche­nden Schritte einleiten“.

Ein Schreiben mit ähnlichem Inhalt hatten kürzlich die Bürgermeis­ter der Verwaltung­sgemeinsch­aft Krumbach von Gökhan Katipoglu, dem Leiter Notdienste der KVB, erhalten. Heimische Politiker haben wiederholt bekräftigt, dass sie den Vorschlag von Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kreisklini­ken, für eine sinnvolle Alternativ­e halten. Rehbein hatte die Möglichkei­t ins Spiel gebracht, in der Klinik Krumbach eine Bereitscha­ftspraxis für die Wochenende­n und den Mittwoch einzuricht­en.

Patienten sollen die Möglichkei­t haben, innerhalb von rund 30 Minu ten eine Bereitscha­ftspraxis aufzusuche­n.

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Archivfoto: Marcus Merk Wohin in nicht lebensbedr­ohlichen Notfällen? Dies ist ab 30. Januar neu geregelt.

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