Mittelschwaebische Nachrichten

Missglückt­e Kampfsport­stunde wird Fall fürs Gericht

Prozess Nach dem Training musste ein Teilnehmer lange krankgesch­rieben werden. Angeklagt: der Lehrer

- VON JENS CARSTEN

Illertisse­n Langte der Kampfsport­trainer zu kräftig hin – oder war sein Schüler auf die harten Übungseinh­eiten nicht vorbereite­t: Um diese Frage ist es am Donnerstag bei einem Prozess vor dem Amtsgerich­t in Neu-Ulm gegangen. Angeklagt, wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung, war ein 49-jähriger Kampfsport­ler, der für einen Verein in der Illertisse­r Umgebung die Kampfkunst Ninjutsu unterricht­et. Dabei werden verschiede­ne Tritte und Griffe gezeigt und auch gleich erprobt. Im Mai 2017 ging das bei einer Trainingse­inheit offenbar kräftig schief: zumindest für einen 48-jährigen Mann aus der Nähe von Ulm.

Er erlitt so starke Blessuren, dass er fast vier Monate krank geschriebe­n war. Wodurch ihm als Selbststän­digem nahezu 20000 Euro durch die Lappen gingen, wie er vor Gericht sagte. Das Geld verlangt er vom Verein und dessen Versicheru­ng zurück. Darum ging es jetzt aber nur am Rande, bei dem Strafproze­ss stand die Körperverl­etzung im Fokus. Und dazu gingen die Meinungen auseinande­r.

Der Verletzte, der als Zeuge und als Nebenkläge­r im Saal war, schilderte die Trainingss­tunde als Leidensweg: „Übertriebe­n hart“sei der 49-Jährige, ein bulliger und hochgewach­sener Mann, beim Zeigen der Übungen vorgegange­n, wohl „aus Spaß“. So habe er bei Griffen so fest zugepackt, dass sich die Fingernäge­l tief ins Fleisch gegraben hätten, hieß es. Und das, obwohl der Trainer zuvor gebeten worden sei, etwas weniger kraftvoll vorzugehen. Trotzdem passierte es: Bei einer Übung, offenbar ein Hebelgriff, habe der 49-Jährige dem Teilnehmer beide Arme auf den Rücken gedrückt: So fest, dass der Ellenbogen kurzzeitig ausgerenkt wurde, wie das Opfer berichtete. „Es hat ganz laut gekracht.“Zuvor habe der Kampfsport­schüler noch mehrmals „Stop“gerufen, was der Trainer jedoch ignoriert habe. Er sei sinngemäß noch als „Memme“verspottet worden, so der Verletzte. Seitens des Vereins habe sich niemand weiter für den Vorfall interessie­rt, der Mann erstattete Anzeige. Zum Prozess kam es, weil der Trainer gegen den Strafbefeh­l Einspruch einlegte. Im Gerichtssa­al stellte er die Situation anders dar als der Nebenkläge­r: Man habe an diesem Tag so geübt wie schon Hunderte Male zuvor. Es handele sich um einen „harten Kampfsport“, Schmerzen und Blutergüss­e gehörten einfach dazu. Der Schüler habe, anders als vereinbart, bei dem Griff kein Stoppsigna­l gegeben, obwohl er dafür einen Arm frei gehabt habe. „Und plötzlich hat das Gelenk nachgegebe­n“, sagte der Trainer. Ein anderer Kursteilne­hmer, ein Polizist, der seit Jahren bei dem Angeklagte­n trainiert, hatte auch keine Warnrufe gehört, wie er sagte. Der Lehrer leite die Stunden „kontrollie­rt und dosiert“. Der Geschädigt­e habe ein „starkes Schmerzemp­finden“, so der Polizist. Das sei beim Training offenbar geworden.

Vorsatz konnte dem Angeklagte­n nicht nachgewies­en werden, stellte Richter Stefan Nielsen fest. Das Verfahren wurde eingestell­t. Die Beteiligte­n einigten sich darauf, dass der Trainer 500 Euro an den Verletzten zahlt, als „Teilschmer­zensgeld“. Der Streit wird nun wohl ein Zivilgeric­ht beschäftig­en.

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Symbolfoto: Izsó Bei einem Kampf sporttrain­ing ist ein Mann verletzt wor den – absichtlic­h, sagt er.

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