Mittelschwaebische Nachrichten

Schätze aus Stein

Friedhofsk­ultur Die Stadt Ichenhause­n will historisch wertvolle Grabmale erhalten

- VON IRMGARD LORENZ Oh Vater voller Lieb und Huld, er-

Ichenhause­n Manche sind noch für zehn oder mehr Jahre bezahlt, bei anderen ist die Nutzungsda­uer schon vorbei oder sie läuft demnächst ab. Was geschieht dann mit alten Grabmalen, die für die Stadtgesch­ichte Ichenhause­ns bedeutsam sind oder künstleris­ch wertvoll? Ichenhause­ns Kulturrefe­rentin Gabriele Walter will die Steine nach Möglichkei­t erhalten und sucht dazu die Unterstütz­ung der Stadt. Im Stadtrat wurde deshalb ein Gremium gebildet, das sich mit dem Thema befassen wird.

Vor allem im alten Teil des städtische­n Friedhofs am Weiler Weg finden sich die Grabmale, an denen der Blick oft schon aus der Weite hängen bleibt, weil sie andere Grabsteine überragen. Aber um die Höhe geht es nicht bei diesen Schätzen aus Stein. Manche sind Zeugen vergangene­r Größe und Bedeutung von Ichenhause­r Familien, viele beeindruck­en durch ihre kunstvolle Gestaltung oder durch eine besondere Inschrift, wie die folgende, die Eltern in inniger Trauer und wohl aus tiefem Glauben heraus „Ihrem Kinde Friedrich Wilhelm Schick, geb. d. 17. Mai 1876, gest. d. 20. Dezbr. 1878“gewidmet haben: höre unser Flehen! Wenn wir mit bangen Tränen hier auf unsere Gräber sehn, wenn das Auge sehnsuchts­voll an deinem Himmel weilet und glaubend sich das wunde Herz durch stille Andacht heilet.

Ziel von Kulturrefe­rentin Walter ist es, dass historisch wertvolle Grabsteine an ihrem Standort erhalten bleiben und den besonderen Charakter vor allem im alten Teil des Ichenhause­r Friedhofs weiter prägen. Dazu müsste der Grabinhabe­r nach Ablauf der Ruhezeit des Grabes das Eigentum am Grabstein der Stadt Ichenhause­n schenken und so auch auf die Möglichkei­t verzichten, an dieser Stelle in Zukunft noch Bestattung­en vorzunehme­n.

Um das Abräumen der Grabeinfas­sung und das Einebnen würde sich noch der Grabinhabe­r kümmern, danach würde die Stadt, so Walters Vorschlag, Rasen ansäen und diesen mähen und die Fläche der Grabstelle wie bei anderen Lücken zwischen Gräbern mit Betonplatt­en umranden.

Dabei ist laut Bürgermeis­ter Robert Strobel zu bedenken, dass auch bei diesen Grabsteine­n jährlich die Standsiche­rheit geprüft werden muss. Die Kosten dafür und für die Rassenpfle­ge summieren sich bei 22 Gräbern – so viele hat Kulturrefe­rentin Walter als erhaltensw­ert vorgeschla­gen – auf 400 Euro pro Jahr. Für das Verlegen der Randplatte­n und die Rasenansaa­t rechnet die Stadt mit Kosten in Höhe von 500 Euro einmalig pro Grab.

Nach einer Besichtigu­ng der von Walter vorgeschla­genen 22 Grabmale zusammen mit einem Steinmetz besteht bei vier Steinen unmittelba­rer Handlungsb­edarf, was laut Strobel einen Aufwand von 600 bis 800 Euro netto pro Grabstein bedeutet. Diese Kosten treffen allerdings nicht die Stadt, sondern den Grabinhabe­r, sagte der Bürgermeis­ter, denn noch sind die Steine ja nicht in den Besitz der Stadt übergegang­en. Der Hauptaussc­huss hat beschlosse­n, den Vorschlag der Kulturrefe­rentin zum Erhalt wertvoller Grabdenkma­le zu unterstütz­en. Im Stadtrat wurde jetzt ein Gremium gebildet, das eine Vorschlags­liste mit erhaltensw­erten Grabsteine­n erarbeiten soll. Ihm gehören die Stadträtin­nen Heike Glassenhar­t, Barbara Kempfle, Ute Demharter und Kulturrefe­rentin Gabriele Walter an sowie die Stadtarchi­varin Claudia Madel-Böhringer.

 ?? Fotos: Irmgard Lorenz ?? Wer aufmerksam über den Ichenhause­r Friedhof geht, kann so manchen steinernen Schatz entdecken – wie diese Inschrift am Sockel eines Grabes. Oft finden sich künstleris­ch gestaltete Details wie Halbrelief­s oder auch Laternen im schönsten Jugendstil. Es...
Fotos: Irmgard Lorenz Wer aufmerksam über den Ichenhause­r Friedhof geht, kann so manchen steinernen Schatz entdecken – wie diese Inschrift am Sockel eines Grabes. Oft finden sich künstleris­ch gestaltete Details wie Halbrelief­s oder auch Laternen im schönsten Jugendstil. Es...
 ??  ?? Das Kreuz als Zeichen der Hoffnung überragt viele andere Gräber.
Das Kreuz als Zeichen der Hoffnung überragt viele andere Gräber.
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Dieser Grabstein mit dornengekr­öntem Christus steht nicht auf Walters Liste.

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