Mittelschwaebische Nachrichten

Was macht eine gute Bewerbung aus?

Interview Es kommt nicht nur auf die Noten an. Oliver Stipar von der IHK hat Tipps – auch für Arbeitgebe­r

- Interview: Till Hofmann

Herr Stipar, was empfehlen Sie als Regionalge­schäftsfüh­rer der Industrieu­nd Handelskam­mer in Westschwab­en jungen Menschen, die im Herbst mit einer Ausbildung beginnen wollen: Wann sollen sie sich bewerben? Oliver Stipar: Der Vorlauf für die Unternehme­n liegt mindestens ein halbes Jahr vor dem Ausbildung­sbeginn im September. Das Zwischenze­ugnis, das es nach den Faschingsf­erien gibt, sollte Teil der Bewerbung sein.

Sind die Noten wirklich so wichtig? Stipar: Na ja, es wird schwierig, einen technische­n Beruf ergreifen zu können bei einer Fünf in Mathematik. Aber Zensuren sind in der Tat nicht alles. Es kommt auf die Persönlich­keit des jungen Menschen an. Bei einem Vorstellun­gsgespräch wird oft schnell deutlich, wie sich der Kandidat gibt, ob er sich angemessen kleidet und so weiter. Aber noch sind wir nicht beim Vorstellun­gsgespräch. Da wollen wir erst hin. Auf was kommt es also bei einer Bewerbung an? Stipar: Man sollte durchaus den Gedanken ausführen, was einen dazu bewegt hat, sich bei der Firma zu bewerben und warum gerade dieser Ausbildung­sberuf für einen interessan­t ist. Tunlichst vermieden werden sollten irgendwelc­he Standardfo­rmulierung­en aus dem Internet. So etwas erkennen Personalex­perten in den Unternehme­n. Eine Bewerbung ist eine persönlich­e Sache. Und das sollte der Adressat auch spüren können. Natürlich sind Rechtschre­ibfehler Gift, das müsste ich eigens eigentlich gar nicht betonen. Überaus wichtig ist die erste Seite der Bewerbung. Die sieht jeder Personaler. Sie vermittelt einen ersten Eindruck und ist – wenn man so will – die Durchgangs­tür zur Bewerbung.

Muss ich heute noch eine ausgedruck­te Bewerbung zum Unternehme­n meiner Wahl schicken? Stipar: Nicht unbedingt. Immer mehr Firmen bevorzugen digitale Unterlagen, weil es vom Handling einfacher ist. Wie es das Unternehme­n lieber hätte, sollte vorab geklärt werden. Eine Erkundigun­g lohnt sich.

Es ist ja nicht so, dass es unendlich viele Ausbildung­sanfänger für eine sehr begrenzte Zahl an Stellen gibt. Firmen müssen sich heutzutage bemühen, geeignete Nachwuchsk­räfte zu finden. Was empfehlen Sie Arbeitgebe­rn? Stipar: Manchmal ist es inzwischen tatsächlic­h die viel bemühte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Entscheide­nd ist, eine freundlich­e Atmosphäre zu schaffen. Das kurze Gespräch am Katzentisc­h ist das Gegenteil davon. Denn es signalisie­rt: Ich will mir gar nicht so viel Zeit nehmen für den Bewerber. Das kommt nicht gut an. Wenn man für das Gespräch mit dem möglicherw­eise zukünftige­n Mitarbeite­r ausreichen­d Zeit einplant, ist das nicht von Nachteil. Die jungen Leute haben in aller Regel an mehrere Firmen ihre Bewerbunge­n verschickt. Es ist ein regelrecht­er Wettbewerb, denen sich die Unternehme­n stellen müssen, ob sie wollen oder nicht.

Und wie kann ich bei einem Kandidaten als potenziell­er Arbeitgebe­r punkten? Stipar: Erzählen Sie beispielsw­eise etwas über die Entwicklun­gsmöglichk­eiten in dem Beruf, um den es geht. Oder machen Sie mit dem Bewerber einen Rundgang über das Firmengelä­nde. Ein authentisc­heres Bild kann kaum vermittelt werden.

Wie viele Ausbildung­sberufe gibt es eigentlich? Stipar: Es sind in Industrie, Handel, Handwerk und mit selbststän­digen Berufen rund 340 Ausbildung­sberufe in Deutschlan­d. 150 davon finden sich bei den Industrie- und Handelskam­mern. Im Landkreis Günzburg gibt es davon wiederum 36 Ausbildung­sberufe – von A bis V gewisserma­ßen: vom Automobilk­aufmann bis zum Verkäufer.

Wo gibt es gute Chancen, einen Ausbildung­sberuf zu bekommen – und welchen Job ergreifen Bewerber gerne? Stipar: Gesucht werden Kräfte in der Hotellerie und Gastronomi­e. Begehrt ist ein Beruf wie Industriek­aufmann.

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Oliver Stipar

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