Mittelschwaebische Nachrichten

Jeder hat seine Aufgabe

Ehrenamt Was Mathias Vogel bei der Freiwillig­en Feuerwehr Krumbach macht und warum er es gern macht

- VON MARC HETTICH

Landkreis Samstag Abend. Die Familie sitzt entspannt am reich gedeckten Tisch in einem Krumbacher Restaurant. Die Kinder futtern vergnügt ihr Schnitzel mit Pommes, während die Mama an ihrer Weinschorl­e nippt. Plötzlich legt der Papa hastig sein Besteck zur Seite, springt auf und eilt geschwind zur Tür hinaus – begleitet von einem recht deutlich vernehmbar­en Piepsgeräu­sch. Die Kinder wissen: Das Piepsgeräu­sch ruft den Papa zum Einsatz. Denn der ist Mitglied bei der Freiwillig­en Feuerwehr.

Seit 20 Jahren ist Mathias Vogel dabei. Inzwischen ist er der Kommandant der Krumbacher Wehr. „Im Fußballver­ein weiß man: An diesen Tagen ist Training, an jenem Tag haben wir ein Spiel“, vergleicht der 31-jährige Krumbacher, „Feuerwehr-Einsätze kommen immer unverhofft.“Da bleibt schon mal die Familie im Restaurant zurück. Oder die Kumpels in der Kneipe. für Diskussion­en oder zum Bezahlen bleibt da nicht. „Großer Dank gebührt den Krumbacher Unternehme­n, die es ihren Mitarbeite­rn ermögliche­n, die Arbeit für einen Einsatz zu verlassen,“sagt er.

Vogel strahlt große Ruhe aus, wenn er spricht. Ist das Bedingung, um Feuerwehrm­ann zu sein? „Spaß am Helfen ist die wichtigste Voraussetz­ung“, ist Mathias Vogel überzeugt. „Auch Offenheit gegenüber Neuem gehört dazu.“Kurz hält er inne, bevor er grinsend hinzufügt: „Ich finde aber für jeden eine Aufgabe.“Nicht jeder Feuerwehrm­ann muss sich in brennende Gebäude wagen. 250 Mitglieder hat der Feuerwehrv­erein. Davon leisten 98 aktiven Dienst – darunter auch fünf Frauen.

Zu den modernen Herausford­erungen gehört die Inklusion. Eine Bewohnerin einer Wohngruppe des Dominikus-Ringeisen-Werkes steht ihre Feuerwehr-Frau. „Sie ist mit großer Begeisteru­ng dabei“, freut sich Vogel, gibt jedoch zu bedenken: „Natürlich gilt abzuwägen, welche Aufgaben zumutbar sind. Wir haben große Verantwort­ung, sind aber jederzeit offen.“Das gilt auch für Asylbewerb­er: „In vielen arabischen Ländern ist die Arbeit der Feuerwehr bei der Polizei angeZeit siedelt. Vielleicht gibt es hier schlechte Erfahrunge­n oder eine gewisse Distanz“, vermutet der überzeugte Feuerwehrm­ann. „Ich glaube, viele Migranten kennen das System Freiwillig­e Feuerwehr nicht richtig.“

Die Aufgaben ändern sich. „Früher sind wir im Insektensc­hutzanzug bei 35 Grad im Dachboden rumgekrabb­elt, um jährlich 30 Wespennest­er zu entfernen.“Heute gibt es nicht nur den Naturschut­z zu beachten, sondern auch Kammerjäge­r. „Die leben schließlic­h davon.“Für die Feuerwehr bleibt trotzdem genug zu tun. Neben der klassische­n Brandbekäm­pfung, wie in der Gaststätte Kachelofen, warten viele weitere Einsätze: Wohnungsöf­fnungen, Drehleiter­rettungen, Verkehrsab­sicherung, Wasser im Keller.

Zur Arbeit der Feuerwehr gibt es reichlich Rückmeldun­g in den sozialen Medien. „Da werden gerne Feuerwehre­insätze kritisiert, obwohl die Leute gar keine Ahnung haben“, stellt Vogel fest. „Wenn man dann erklärt, dass man das ehrenamtli­ch macht und was für Know-how dahinterst­eckt, ändert sich der Ton schnell.“Auch hier zeigt sich wieder die Gelassenhe­it des Krumbacher Kommandant­en. Eine wertvolle Eigenschaf­t im Feuerwehra­lltag.

Rund 40 Kilo wiegt eine komplette Ausrüstung für den Atemschutz­einsatz. Aber nicht nur die physischen Anforderun­gen sind hoch. Die psychische Belastung hängt von der Art des Einsatzes ab. „Es macht einen großen Unterschie­d, ob Kinder oder Erwachsene betroffen sind. Und natürlich hat man für eine ältere Dame, die von einem LKW überfahren wird, mehr Mitleid als für jugendlich­e Raser unter Alkoholein­fluss“, erklärt Vogel. „Geöffnete Körper aus einem PKW schneiden, ist eine Aufgabe für ausgewählt­e Feuerwehrl­eute.“Da sind die Rettungssa­nitäter, Krankenpfl­eger und hart gesottener­en Veteranen in der Truppe gefragt. Die jüngeren Kameraden bleiben hier möglichst außen vor. „Oft unter Protest“, kommentier­t der Kommandant. Er ist sich seiner Verantwort­ung bewusst und hinterfrag­t sich auch selbst nach einem Einsatz: „Hab ich alle Entscheidu­ngen richtig getroffen? Oder mich mal im Ton vergriffen?“

Kameradsch­aft ist ein wichtiges Element des Feuerwehrd­ienstes. „Nach einem Einsatz kommt die ganze Mannschaft im Feuerwehrh­aus zusammen, um das Geschehene Revue passieren zu lassen.“Er erinnert sich an einen besonders bitteren Einsatz, bei dem seine Leute einen Kameraden nach einem Motorradun­fall bergen mussten. „Da ist man keinem bös, wenn der mal hier unten hockt und heult“.

Die ehrenamtli­che Arbeit von Mathias Vogel und seinem Feuerwehrt­eam ist für Krumbach von unschätzba­rem Wert. Wer die Krumbacher Feuerwehr gerne kennenlern­en möchte, kann das am Tag der offenen Tür, am 22. Juli, der anlässlich des 65-jährigen Jubiläums der Jugendfeue­rwehr stattfinde­t.

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Foto: Foto Weiß
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Archivfoto: Bosch Mathias Vogel, Kommandant der Krum bacher Feuerwehr.

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