Mittelschwaebische Nachrichten

Im Weißen Haus geht es wieder drunter und drüber

John Kelly sollte für Ordnung sorgen. Dies schien ihm zunächst zu gelingen, doch jetzt sorgt er selbst für Chaos

- VON THOMAS SEIBERT Daily Mail Washington Post New York

Washington Er gilt als strenger Zuchtmeist­er, der das Chaos in Donald Trumps Weißem Haus beenden und dabei auch noch den Präsidente­n zügeln soll: Seit einem guten halben Jahr arbeitet John Kelly, ehemaliger General der Marineinfa­nterie, als Stabschef im amerikanis­chen Präsidiala­mt. Bisher galt der 67-Jährige als Garant der Stabilität in einer Regierung, die Disziplinl­osigkeit zu ihren Markenzeic­hen zählt. Doch jetzt sorgt Kelly selbst für Chaos in der Regierungs­zentrale an der Pennsylvan­ia Avenue. Schon wird über den Abgang des Ex-Generals spekuliert: Im Weißen Haus geht es wieder drunter und drüber.

Kelly ist ins Gerede gekommen, weil er öffentlich lobende Worte für Rob Porter fand, den bisherigen Stabssekre­tär im Weißen Haus. Porter musste vor wenigen Tagen gehen, weil er gegenüber seinen beiden ExFrauen gewalttäti­g geworden sein soll. Die Vorwürfe wurden durch die

bekannt: Die Zeitung veröffentl­ichte ein Foto von einer der ehemaligen Gattinnen mit einem blauen Auge, das angeblich von Porter stammte. Porter wies alles zurück. Doch dann wurde bekannt, dass die Bundespoli­zei FBI die Vorwürfe durchaus als glaubhaft wertet.

Als Stabssekre­tär legte Porter dem Präsidente­n unter anderem streng geheime Dokumente vor: ein mutmaßlich­er Schläger im Zentrum der Macht. Kelly betonte zunächst, der Sekretär sei ein Mann von „Integrität und Ehre“. Als Porter dann doch seinen Hut nehmen musste, wollte Kelly seine Mitarbeite­r und die Öffentlich­keit glauben machen, dass er erst sehr spät über die mutmaßlich­en Gewaltausb­rüche seines Mitarbeite­rs informiert worden sei – dabei wusste das Weiße Haus schon seit gut einem Jahr Bescheid.

Kellys Ausrede und die merkwürdig­e Lobeshymne auf einen Mann, dem glaubhaft häusliche Gewalt vorgeworfe­n wird, sind aber nicht alles. Fast gleichzeit­ig kündigte ein weiterer Trump-Mitarbeite­r wegen ähnli- cher Vorwürfe: Redenschre­iber David Sorensen soll vor einigen Jahren seiner damaligen Ehefrau eine brennende Zigarette auf der Hand ausgedrück­t haben. Trump bedauerte den Abgang von Porter und Sorensen und beklagte, die Karrieren beider Männer seien durch bloße Unterstell­ungen zerstört worden – für die betroffene­n Frauen hatte der Präsident kein Wort der Anteilnahm­e übrig. Der Präsident, dem selbst sexuelle Übergriffe gegen Frauen nachgesagt werden, hat schon häufiger mit der Parteinahm­e für Männer unter dem Verdacht der sexuellen Nötigung für Schlagzeil­en gesorgt.

Unterdesse­n wurde publik, dass Hope Hicks, Trumps Kommunikat­ionsdirekt­orin und seit Jahren engste Mitarbeite­rin des Präsidente­n, die Freundin des mutmaßlich­en Schlägers Rob Porter ist. Laut Medienberi­chten versuchte die 29-jährige Hicks, die Vorwürfe gegen ihren Lebensgefä­hrten unter der Decke zu halten. Der zufolge ging die Stellungna­hme von Kelly zur Verteidigu­ng von Porter zum Teil auf Hicks’ Initiative zurück. Kelly soll dem Ex-Model Hicks vorgeworfe­n haben, ihm Informatio­nen über Porter vorenthalt­en zu haben. Auch Trump sei sauer auf Hicks, melden die Zeitungen.

Wenn das Weiße Haus mit solchen Dingen beschäftig­t ist, wundert es nicht, dass kaum Zeit für politische Inhalte oder die diversen Krisenherd­e in der Welt bleibt. Da der Präsident sich weigert, das tägliche Dossier der US-Geheimdien­ste zu lesen, befürchten Sicherheit­sexperten, dass dem Weißen Haus in einer ernsten Gefahrensi­tuation die Kenntnisse für eine angemessen­e Reaktion fehlen werden. Kelly hat es in seiner bisherigen Zeit im Weißen Haus zudem nicht geschafft, den Präsidente­n von unüberlegt­en Twitter-Botschafte­n abzuhalten.

Angesichts des teilweise von ihm selbst verschulde­ten Durcheinan­ders hat Kelly intern seinen Rücktritt angeboten, wie die Times meldete.

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John Kelly

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