Mittelschwaebische Nachrichten

Strompreis: Wirklich niedrigere Netzkosten?

Der Chef der Bundesnetz­agentur sieht keine neuen Belastunge­n entstehen. Gerade in Schwaben befürchtet man aber das Gegenteil

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Berlin Steigende Strompreis­e haben in den vergangene­n Jahren viele Verbrauche­r und die Industrie beschäftig­t. Dabei war es nicht nur die umstritten­e Ökostrom-Umlage zur Förderung der erneuerbar­en Energien, die die Kosten nach oben trieb. Auch der Betrieb des Stromnetze­s wurde zuletzt immer teurer. Ein Haushalt in Deutschlan­d zahlt derzeit bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattst­unden Strom pro Jahr im Schnitt 29,4 Cent für eine Kilowattst­unde, wie der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft berichtet. Davon entfielen über sieben Cent allein auf den Betrieb des Netzes. Zumindest hier aber sieht der Präsident der Bundesnetz­agentur erst einmal das Schlimmste hinter den Kunden liegen: „Die Netzentgel­te für den Verbrauche­r werden im kommenden Jahr in vielen Bereichen praktisch nicht steigen“, meinte Jochen Homann am Samstag.

Viele Stromkunde­n in Deutschlan­d müssten damit zumindest bei den Netzkosten vorerst keine zusätzlich­en Belastunge­n fürchten. Bereits 2018 sinken in einigen Regionen die Netzgebühr­en. Dafür haben laut Homann unter anderem geringere Ausgaben für die sogenannte­n „vermiedene­n Netzentgel­te“gesorgt. Diese wurden früher an lokale Stromprodu­zenten gezahlt. Dahinter steckte die Annahme, die dezentrale Stromerzeu­gung entlaste die Netze. Dies hat sich inzwischen aber als weitgehend falsch herausgest­ellt. Deshalb wurden die Zahlungen eingefrore­n.

Zudem werde die geplante bundesweit­e Neuverteil­ung der Kosten für die großen Übertragun­gsnetze für eine Entlastung in einzelnen Regionen sorgen. „Man kann ja nicht erklären, dass eine Region, die zufällig eine der Hochspannu­ngsleitung­en bekommt, diese auch finanziere­n muss“, sagte Homann. Derzeit sind die Netzentgel­te regional unterschie­dlich hoch. Die höchsten Gebühren gibt es im ländlichen Raum, vor allem in den neuen Bundesländ­ern und in Norddeutsc­hland. Ab 2023 sollen sie überall in Deutschlan­d gleich hoch sein.

In Bayerisch-Schwaben befürchtet man aber, zu den Verlierern der Angleichun­g zu gehören. Denn in unserer Region waren selbst im bayerische­n Vergleich die Netzgebühr­en des Betreibers Amprion recht niedrig. Jetzt werden sie Schritt für Schritt angegliche­n.

„Die Vereinheit­lichung bringt für Bayerisch-Schwaben ab 2019 zusätzlich­e Kosten mit sich, welche sukzessive steigen werden und im Jahr 2023 in vollem Umfang zum Tragen kommen“, warnte unlängst die Industrie- und Handelskam­mer Schwaben nach der Auswertung einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie. Grund sei das neue sogenannte Netzentgel­t-Modernisie­rungsgeset­z, kurz NeMoG. „Mit dem NeMoG müssen alle Endverbrau­cher in Schwaben, sowohl privat als auch gewerblich, folglich mit Mehrkosten rechnen“, berichtete die Kammer.

Die Studie errechnete für Privathaus­halte eine Mehrbelast­ung von 13 Euro im Jahr ab 2023. Für mittlere gewerblich­e Energiever­braucher wie Molkereien oder Maschinenb­auer seien es rund 41 000 Euro, für Großverbra­ucher wie Papierfabr­iken zwischen 138 800 und 178900 Euro.

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Foto: M. Becker Einen großen Teil machen Abgaben und Netzkosten aus.

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