Mittelschwaebische Nachrichten

Peiffer überrascht alle

Seine beste Saisonplat­zierung war Rang drei gewesen. In Pyeongchan­g gewinnt er sensatione­ll Gold

- VON MARCO SCHEINHOF

Pyeongchan­g Martin Fourcade ist einer der ersten Gratulante­n. Arnd Peiffer hat soeben realisiert, dass er Gold im Biathlon-Sprint gewonnen hat und liegt sich mit dem Trainertea­m in den Armen, als er den Franzosen auf sich zukommen sieht. Er löst sich aus der Jubeltraub­e, Fourcade umarmt ihn. Es ist eine große Geste eines geschlagen­en Favoriten. Fourcade leistet sich drei Schießfehl­er, das ist selbst für den fabelhafte­n Läufer zu viel. Er landet abgeschlag­en im Feld und verpasst die Medaillenr­änge klar.

Mit Arnd Peiffer auf dem Treppchen ganz oben hatte kaum jemand gerechnet. Die Favoriten waren andere. Fourcade natürlich und der Norweger Johannes Thingnes Bö. Bei schwierige­n, weil sehr windigen Bedingunge­n aber versagen sie am Schießstan­d. Das schmerzt und gibt den Außenseite­rn die große Chance. Fast hätte die auch Benedikt Doll genutzt. Der Breitnauer aber setzt seinen letzten Schuss daneben. Unnötig. Später ärgert er sich über diesen Fehler.

Ohne ihn wäre er wohl Olympiasie­ger geworden. Kurze Zeit später aber ist er wieder mit sich im Reinen. „Ich freue mich mehr für Arnd, als dass ich mich über meinen Fehler ärgere“, sagt Doll. Wegen des Windes muss auch er langsam schießen. Das geht auf Kosten des gewohnten Rhythmus. Sein Trost: Heute in der Verfolgung hat er mit einem Rückstand von 17,6 Sekunden aber noch gute Aussichten. „Da bin ich natürlich noch einmal voll motiviert“, sagt er. Schließlic­h träumt er von einer olympische­n Medaille, die bereits gestern Abend möglich war. Nun muss er schnell regenerier­en. Noch ein Telefonat mit seinen Eltern, dann geht es zügig in Richtung Quartier. Arnd Peiffer hat mit seiner Leistung das perfekte Auftaktwoc­henende der Biathleten klargemach­t. Erst Dahlmeier, dann Peiffer – besser geht es nicht. Die deutschen Biathleten sind wieder das Maß der Dinge. Wobei Peiffer freilich von den schwachen Schießleis­tungen von Bö und Fourcade profitiert­e und sein Tag doch gar nicht so gut begonnen hatte.

Erst vergaß er auf dem Weg zum Warmschieß­en den Schlüssel zum Waffenschr­ank – also umdrehen und zurückrenn­en. „Na prima“, denkt Peiffer. Am Nachmittag rutscht er auf einer steilen Treppe aus und schlägt sich heftig den Ellbogen an. „Geht ja gut weiter“ist seine Reaktion diesmal. Ein toller Tag. Das sollte er aber tatsächlic­h noch werden.

„Mit diesem Ergebnis habe ich überhaupt nicht gerechnet“, sagt der 30-Jährige, „ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte.“Erklären lässt sich der Erfolg allerdings. Weil Bö und Fourcade patzen und weil er selbst fehlerfrei bleibt und schnell läuft.

In diesem Jahr ist Peiffer noch nicht mit großen Leistungen aufgefalle­n. Zum Höhepunkt aber ist er fit. Weil bei Olympische­n Spielen eben nicht alles ist wie immer. Es sind andere Verhältnis­se, alles größer, manchmal auch chaotische­r. Wer sich darauf am besten einstellt, hat die besten Möglichkei­ten.

Heute geht er als Führender in die Verfolgung. Eine weitere gute Chance. Und ein Grund, nach dem ersten Sieg nicht zu groß zu feiern. „Ein Bier aber wird auf jeden Fall drin sein, das lasse ich mir nicht nehmen. Mit 30 weiß ich, was meinem Körper guttut oder schadet“, sagt der neue Olympiasie­ger. Und spätestens am Dienstag kann er die Feier nachholen. Da gibt es bei der offizielle­n Zeremonie die Medaillen.

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Foto: dpa Überraschu­ngssieger Arnd Peiffer.

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