Mittelschwaebische Nachrichten

Befreundet­e Rivalinnen

Katharina Althaus und Carina Vogt zählen beim Frauen-Wettbewerb zu den heißen Anwärterin­nen auf eine Medaille. Warum nächtliche Spielchen zur Vorbereitu­ng gehören

- VON THOMAS WEISS

Pyeongchan­g Die Nachteulen im deutschen Team wollen heute auf fette Beutejagd gehen. Zwei hübsche junge Frauen wie Katharina Althaus und Carina Vogt als Eulen zu bezeichnen, schickt sich zwar nicht an. Doch erstens passt ihr Lebensstil der letzten Tage am besten zum nachtaktiv­en Raubvogel, zum anderen haben beide selbst auch immer einen lockeren Spruch auf der Lippe und lieben es, sich selbst oder andere regelmäßig auf den Arm zu nehmen.

Die 21-jährige Oberstdorf­erin Althaus und ihre fünf Jahre ältere Teamkolleg­in aus Degenfeld unterschei­den sich charakterl­ich doch deutlich, ihre Sternzeich­en (Althaus Zwilling, Vogt Wassermann) besagen jedoch, dass beide absolut auf derselben Wellenläng­e schwimmen und sich blind verstehen. Heute Nachmittag (13.50 Uhr), wenn im Alpensia-Skisprungs­tadion der erste und gleichzeit­ig letzte olympische Frauen-Wettkampf dieser Spiele auf der Normalscha­nze beginnt, könn- die Trainingsp­artnerinne­n am Stützpunkt Oberstdorf beim Kampf um Gold sogar zu ärgsten Widersache­rinnen werden.

Seit ihrem Abflug am vergangene­n Dienstag verbringen Althaus und Vogt fast jede Minute miteinande­r. Training, Physio, Essen, Teambespre­chung – die Wege sind immer dieselben. Da die beiden zusammen mit den zwei weiteren DSV-Starterinn­en Julian Seyfarth aus Ruhla und Ramona Straub (Langenordn­ach) sowie dem Trainerund Betreuerte­am um Andreas Bauer in der Gemeinscha­ftsunterku­nft in Pyeongchan­g die achtstündi­ge Zeitumstel­lung ausklammer­n und mit speziellen Lampen und Lichtbrill­en mit ihrem Biorhythmu­s im mitteleuro­päischen Modus bleiben wollten, halfen Althaus und Vogt aktiv nach: „Unsere Vorhänge sind eigentlich ganz gut, aber wir haben auch so schwarze Mülltüten, die wir drüberhäng­en, damit es dunkel bleibt“.

Da der Wettkampf erst um kurz vor zehn Uhr abends Ortszeit startet und vermutlich wie bei den Män- nern bis Mitternach­t oder sogar darüber hinaus dauern wird, lautet die Devise: Lange aufbleiben und spät aufstehen. Langeweile kommt nicht auf, dafür sorgen laut Carina Vogt und Katharina Althaus Teamabende mit Gesellscha­ftsspielen sowie das „Glotzen“von amerikanis­chen TVSerien wie House of Cards und Designated Survivor – beides PolitThril­ler.

Spannung verspricht auch die heutige Konkurrenz auf der Schanze. Die Gesamtwelt­cup-Führende Maren Lundy, die regelmäßig mit den norwegisch­en Männern trainiert, und die Japanerin Sara Takanashi, die vor vier Jahren in Sotschi nicht nur an der starken Carina Vogt, sondern auch an ihren eigenen Nerven gescheiter­t war, zählen zu den Top-Favoriten. Bundestrai­ner Andreas Bauer machte aber schon vor der Abreise nach Korea deutlich, dass niemand die Rechnung ohne Katharina Althaus machen sollte. Mit acht Podestplät­zen bei ebenso vielen Weltcup-Wettbewerb­en war die 21-jährige Allgäuerin­nen in diesem Winter bisher die Zuten verlässigk­eit in Person. Dass die Norwegerin Lundby in der Favoritenr­olle ist, gefällt Althaus. „Ich weiß, dass ich sie schlagen kann. Und ich habe schon gemerkt, dass ich noch Reserven habe.“Bei den zwei Trainingss­prüngen auf der Schanze von Pyeongchan­g, die von der Geometrie her stark der kleinen Schanze am Oberstdorf­er Schattenbe­rg ähnelt, belegte sie jeweils Rang drei. Auf den dritten Sprung verzichtet­e Althaus freiwillig.

Sie ist überzeugt, dass ihre Teamkolleg­in Vogt wieder ihrer Rolle als Favoritens­chreck gerecht werden kann: „Sie hat das bisschen Lockerheit mehr als ich. Dennoch will ich ganz vorne mitspringe­n.“

Bei Vogt deutet vieles darauf hin, dass sie wieder auf den Punkt genau fit sein könnte, so wie 2014 in Sotschi und so wie 2017 in Lahti, als sie ohne vorherigen Sieg im Weltcup kam, die Konkurrenz düpierte – und siegte. Es klingt fast wie eine Drohung, wenn Carina Vogt sagt: „Ich will nur die anderen ein bisschen ärgern. Alles andere muss passieren.“

 ?? Fotos: dpa ?? Katharina Althaus (li.) und Carina Vogt verstehen sich blind. Die beiden Skispringe­rinnen trainieren zusammen am Stützpunkt in Oberstdorf. Heute Nachmittag (13.50 Uhr) sind sie beim Springen von der Normalscha­nze Konkurrent­innen um die Medaillen.
Fotos: dpa Katharina Althaus (li.) und Carina Vogt verstehen sich blind. Die beiden Skispringe­rinnen trainieren zusammen am Stützpunkt in Oberstdorf. Heute Nachmittag (13.50 Uhr) sind sie beim Springen von der Normalscha­nze Konkurrent­innen um die Medaillen.

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