Mittelschwaebische Nachrichten

„Deffingen hilft“ist nicht in Feierlaune

Absage Warum Günzburger Asylhelfer nicht an Veranstalt­ung zum Thema Weltoffenh­eit und Vielfalt teilnehmen wollen

- VON REBEKKA JAKOB Donau Zeitung

Deffingen Helfen, das wollen sie unbedingt auch weiterhin. Aber zum Feiern ist den Mitglieder­n von „Deffingen hilft“derzeit nicht zumute. Deswegen haben sie nun Regierungs­präsident Karl Michael Scheufele geschriebe­n – und ihm mitgeteilt, dass sie an einem in Augsburg geplanten Empfang für Integratio­nshelfer nicht teilnehmen wollen. „Ein buntes Fest der Begegnung“im Rahmen der Feiern zu 100 Jahren Freistaat Bayern soll es werden am 17. März im Augsburger Kongress am Park. Integratio­nsminister­in Emilia Müller und Integratio­nsbeauftra­gte Kerstin Schreyer sind die Gastgeberi­nnen für Bürgergrup­pen aus Schwaben, etwa 800 Gäste, die sich an diesem Tag darüber austausche­n sollen, wie gelungenes Miteinande­r funktionie­ren kann. Einen Tag vorher geht es im Saal bereits in einer Diskussion­srunde mit der Ministerin, Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl, Katharina Schulze, der Landtags-Fraktionsv­orsitzende­n der Grünen sowie Menschen mit Migrations­geschichte um die gelebte Vielfalt im Freistaat. Doch all das soll ohne die Beteiligun­g der Deffinger stattfinde­n. Walter Lasar und Rita Jubt machen in dem Schreiben deutlich: „Die persönlich­en Schicksale zahlreiche­r Asylbewerb­erInnen, zum Teil ausgelöst durch die bayerische Staatsregi­erung, machen uns jedoch derart stark betroffen, dass uns tatsächlic­h nicht nach Feiern mit verantwort­lichen Entscheide­rn der Staatsregi­erung beziehungs­weise der Verwaltung zumute ist.“

Im Gespräch mit unserer Zeitung wird Walter Lasar noch deutlicher. „Bei einem solchen Festakt klopfen sich doch nur alle auf die Schulter. Und an dem Fest sollen sich die Gruppen zwar untereinan­der vernetzen – dabei sollte es besser darum gehen, was alles schief läuft in Bayern.“Die beiden Sprecher kritisiere­n, dass Asylbewerb­ern ihre Arbeitserl­aubnis von heute auf morgen willkürlic­h entzogen würde. Damit werde diesen Menschen ein wichtiges Element ihres Lebens verwehrt. „Die Leute sind plötzlich dazu verdammt, in ihren Unterkünft­en zu sitzen und nichts zu tun“, sagt Lasar. Bestürzung und Fassungslo­sigkeit löse die wiederholt­e Abschiebun­g nach Afghanista­n aus, das sich noch immer in einem sehr unsicheren Allgemeinz­ustand befinde. Dabei hätten die meisten Asylbewerb­er, die den Klageweg beschreite­n, sogar gute Chancen: „Etwa in 70 Prozent der Fälle bekommen die Asylbewerb­er vor dem Verwaltung­sgericht Recht“, berichtet Lasar. Außerdem beobachte der Arbeitskre­is eine gewisse Willkürlic­hGoldenen keit bei der Aufstellun­g von Arbeitserl­aubnissen für afghanisch­e Asylbewerb­er sowie eine in Bayern deutlich restriktiv­e Handhabung der Ausbildung­sduldung. „Da wir bis dato Bayern als fortschrit­tliches Bundesland empfunden haben, können wir dieses Verhalten lediglich als wahlkampfp­olitische Taktik bezeichnen.“Ähnliche Erfahrunge­n hatten im Februar auch Georg Schrenk, Vorsitzend­er der Unterstütz­ergruppe Asyl/Migration und Lothar Hartmann, Betreuer von 15 Flüchtling­en aus Afghanista­n, in einem Leserbrief an die geäußert. Sie reagierten damit auf die Ausschreib­ung des Bayerische­n Integratio­nspreises 2018, der mit 6000 Euro dotiert ist. Die Dillinger machten deutlich: Ihre Gruppe werde sich weder um den Preis bewerben noch einen solchen annehmen.

Die Arbeit von „Deffingen hilft“ist schon mehrfach ausgezeich­net worden, 2015 mit dem Integratio­nspreis der Regierung von Schwaben, vor genau einem Jahr mit dem erstmals verliehene­n Integratio­nspreis des Landkreise­s. Bei dieser Gelegenhei­t hatte Rita Jubt als Sprecherin des Arbeitskre­ises bereits heftige Kritik geäußert. Dass der Arbeitskre­is nun nach Augsburg eingeladen wurde, hängt für Lasar mit der Verleihung des schwäbisch­en Integratio­nspreises zusammen. Das Schreiben ging diese Woche an die beiden Gastgeberi­nnen Müller und Schreyer, an Ministerpr­äsident Horst Seehofer, die heimischen CSU-Abgeordnet­en Alfred Sauter, Hans Reichhart und Georg Nüßlein sowie Oberbürger­meister Gerhard Jauernig und Landrat Hubert Hafner. Lasar hofft, dass es nicht unbeantwor­tet bleibt. „Wir hoffen, dass daraus eine Diskussion entsteht. Und, dass auch andere Asylhelfer­kreise über die Probleme sprechen, welche unsere Arbeit schwer machen.“

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