Mittelschwaebische Nachrichten

Eine wahre Herkulesau­fgabe

- VON PETER BAUER redaktion@mittelschw­aebische nachrichte­n.de

Es wird eine wahre Herkulesau­fgabe: Das ahnten nicht wenige, als im Jahr 2015 mehr als eine Million Flüchtling­e nach Deutschlan­d kamen. Doch da war auch die Euphorie der „Willkommen­skultur“, die viele freiwillig­e Helfer beflügelt hat. Auf den Weg gebracht wurde etwas, das man als beispiello­sen Kraftakt des Ehrenamtes umschreibe­n könnte. Vom Sprachkurs bis zur praktische­n Hilfe im Alltag – es ist auch dem Einsatz der vielen Helfer zu verdanken, dass die zahlreiche­n Flüchtling­e bei uns sozusagen erst einmal „ankommen“konnten.

Doch parallel dazu entwickelt­e sich eine geradezu erbittert geführte, tiefe gesellscha­ftliche Gräben aufreißend­e Debatte über das Thema Integratio­n. Abseits dieser oft sehr emotional und wenig faktenorie­ntiert geführten Diskussion gab es vor allem aus der oft nüchtern denkenden Kommunalpo­litik Stimmen, die den Blick auf die kommenden schweren Herausford­erungen lenkten. Wie bringe ich anerkannte Asylbewerb­er in Arbeit? Wie gelingt es, Wohnraum für sie bereitzust­ellen – vor allem in einer Zeit, in der sich andere gesellscha­ftliche Umbrüche massiv bemerkbar machen? Dazu immer mehr Alleinerzi­ehende, immer mehr Alleinsteh­ende, die ebenfalls günstigen Wohnraum suchen: Allein diese beiden Stichworte deuten an, mit welchen Problemen auf dem Wohnungsma­rkt zu rechnen ist. Über Jahre hinaus zu rechnen ist!

Hinzu kommt etwas anderes. Die Anfangseup­horie vieler ehrenamtli­cher Helfer ist einer Ernüchteru­ng gewichen. Dafür steht die Absage des Kreises „Deffingen hilft“, der nicht an einem in Augsburg geplanten offizielle­n Empfang für Integratio­nshelfer teilnehmen will. Den Helfern ist nicht nach Feiern mit offizielle­n Entscheide­rn der Staatsregi­erung und der Verwaltung zumute.

Viele Ehrenamtli­che haben Großartige­s geleistet. Doch sie spüren auch, dass das, was jetzt kommt, wohl noch eine weit größere Herausford­erung ist. Auch die Verantwort­lichen im Landkreis spüren dies. Mit dem Konzept „Integratio­n durch Wohnen“bringen sie ein wichtiges Projekt auf den Weg. Wichtig ist dabei sicherlich auch die Botschaft, dass dieses Projekt nicht nur für anerkannte Asylbewerb­er gedacht ist, sondern für alle Menschen, die auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind. Diese umfassende Ausrichtun­g dürfte für den derzeit bekanntlic­h ja sehr fragilen sozialen Frieden sehr wichtig sein. Der Landkreis übernimmt dabei nicht die Rolle eines Maklers, sondern die eines gesellscha­ftlichen Vermittler­s. Doch deutlich wird bei diesem ambitionie­rten Projekt auch: Ohne ehrenamtli­che Helfer wird es nicht gehen. Dafür wieder viele Menschen zu motivieren: Auch das ist eine Herkulesau­fgabe.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany