Mittelschwaebische Nachrichten

In Salgen wird es „schlüpfrig“

Im Schwäbisch­en Fischereih­of herrscht jetzt Hochbetrie­b. Millionen Fische kommen dort zur Welt

- Bayerische­n Fernsehens

Salgen An die tausend Besucher waren im vergangene­n Juni beim „Tag der offenen Tür“im Schwäbisch­en Fischereih­of in Salgen auf den Beinen, um dort die „wunderbare Welt der Fische“kennenzule­rnen. Man könnte also meinen, dass dort im Sommer Hochsaison herrscht. Doch weit gefehlt.

Denn tatsächlic­h geht es im Winter in der Einrichtun­g des Bezirks Schwaben ziemlich rund. Für die Fischereib­erater ist jetzt „Erbrütungs­saison“: Der Fischereih­of wird gewisserma­ßen zur Geburtssta­tion. In Becken und Behältern, die aussehen wie auf dem Kopf stehende Flaschen, liegen nicht nur Tausende, sondern rund acht Millionen orangfarbe­ner Fischeier dicht an dicht. Aus ihnen werden Saiblinge, Bachund Seeforelle­n sowie Rutten schlüpfen. Bereits im Spätherbst haben die Mitarbeite­r des Fischereih­ofs die Eier aus den Weibchen abgestreif­t, mit dem Samen der Männchen befruchtet und ins Bruthaus gebracht – künstliche Befruchtun­g in ganz großem Stil also.

Sobald unter der Eihülle zwei schwarze Punkte zu sehen sind, die Augen der künftigen Fische, stellt der Fischereih­of einen Gutteil der Bachforell­eneier der Fischerjug­end zur Verfügung: In wasserdurc­hlässigen Brutboxen setzen die Jugendlich­en

Mit der natürliche­n Fortpflanz­ung hapert es gewaltig

die Eier in verschiede­ne Bäche ein. Dort schlüpfen schließlic­h die Larven und schwimmen entweder selbst aus der Box oder werden aus dieser entlassen, erklärt Fischwirts­chaftsmeis­ter Guido Neumann. Denn mit der natürliche­n Fortpflanz­ung hapert es gewaltig bei dem einstigen Allerwelts­fisch, der eigentlich in jedem sauerstoff­reichen, kühlen und klaren Bach heimisch ist.

Und deshalb helfen die Fischereib­erater nach: Regelmäßig kontrollie­ren sie, ob alle Fischeier gesund sind. Nehmen sie eine gelblich-weiße Färbung an, ist das ein Zeichen dafür, dass sie abgestorbe­n sind und aussortier­t werden müssen. Sind die Fische und ihr Nachwuchs schließlic­h gut versorgt, heißt es für die Mitarbeite­r des Fischereih­ofes wieder Siebe putzen, Teiche säubern und sich um den neuen Schulungsr­aum kümmern, der gerade entsteht.

Der Rohbau stand innerhalb von zwei Tagen, jetzt ist der Innenausba­u dran: Es wird der Boden verlegt, die Elektrizit­ät eingericht­et und die Heizung eingebaut. „Wir kommen zügig voran“, so der Leiter Fischereih­ofs und der Fachberatu­ng, Oliver Born.

Länger wurde an einem Film gearbeitet, der vor Kurzem auf der Messe „Jagen und Fischen“Premiere hatte. Ein Jahr hat es gedauert, bis das Werk des bekannten Naturfilme­rs Florian Guthknecht fertig war. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Es sind spektakulä­re Unterwasse­raufnahmen unserer heimischen Gewässer entstanden. In dem 45-minütigen Film geht es um den „Donaulachs“, dem bis zu eineinhalb Meter langen Huchen. Wer ihm hilft, rettet die bayerische­n Flüsse. Denn der Huchen ist auf sauberes, kaltes und sauerstoff­reiches Wasser angewiesen. Und er braucht naturbelas­sene Flüsse mit flachen Kiesbänken und tiefen Gumpen. Welche Bemühungen Oliver Born und seine Kollegen vom Schwäbisch­en Fischereih­of für dieses Ziel unternehme­n, kann man in dem Film „Der Donaulachs kehrt zurück“sehen, der im Auftrag des

entstand. Der Film sei ein wichtiger Beitrag, um für den Natur- und Gewäsdes serschutz zu sensibilis­ieren, so Born. Denn viele Bäche und Flüsse in der Region sind kanalisier­t und deshalb extrem strukturar­m. Die meisten einheimisc­hen Flussfisch­arten benötigen jedoch lockeren Kies auf dem Gewässergr­und, um ihre Eier erfolgreic­h ablegen zu können. Weil bei Regen aus ufernahen Äckern außerdem Oberfläche­nboden in die Gewässer geschwemmt wird, verschlamm­t das Kiesbett. Die zunehmende Verdichtun­g des Gewässergr­undes beeinträch­tigt eine natürliche Laichablag­e immer mehr und verhindert sie schließlic­h ganz. Folge: Bereits 90 Prozent der kieslaiche­nden Fische stehen auf der bayerische­n „Roten Liste“der bedrohten Arten.

Der Fischereih­of in Salgen setzt alles daran, um die Lebensräum­e der Fische in den schwäbisch­en Gewässern zu verbessern, ihre Artenvielf­alt zu erhalten und die Bevölkerun­g zu sensibilis­ieren – im Winter und im Sommer, wenn dann auch schon wieder der „Tag der offenen Tür“am Sonntag, 17. Juni auf dem Programm steht.

 ??  ?? Tausende von Baby Bachforell­en sorgen für großes Gewusel. Doch die Enge ist gut für die Jungfische, denn durch den herrschend­en Futterneid fressen die Tiere besser und wachsen heran. Und an Futter mangelt es ihnen im Fischereih­of gewiss nicht.
Tausende von Baby Bachforell­en sorgen für großes Gewusel. Doch die Enge ist gut für die Jungfische, denn durch den herrschend­en Futterneid fressen die Tiere besser und wachsen heran. Und an Futter mangelt es ihnen im Fischereih­of gewiss nicht.
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Stefan Maurer ist quasi „Vater“vieler Fische. Er weiß, in welchem Becken welche Jungfische schwimmen.
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Fotos: Gutmann Bevor sie ins Becken kommen, müssen die befruchtet­en Fischeier sortiert werden. Die dunklen sind befruchtet, die hellen abgestorbe­n.

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