Mittelschwaebische Nachrichten

Giftattack­e: WM Boycott Englands?

Mysteriöse­r Anschlag auf Ex-Doppelagen­ten

- VON KATRIN PRIBYL

London Nach dem mutmaßlich­en Giftanschl­ag auf den früheren russischen Agenten Sergej Skripal hat die britische Regierung mit heftigen Konsequenz­en gedroht. Sollte sich der Verdacht auf eine russische Verwicklun­g in den Fall bestätigen, sei es „schwer vorzustell­en“, dass das Vereinigte Königreich bei der Fußball-Weltmeiste­rschaft in Russland vertreten sei, sagte Außenminis­ter Boris Johnson. Und er kündigte in jedem Fall eine „angemessen­e und robuste“Antwort seiner Regierung an. Obwohl der Vorfall bislang nicht mit Terrorismu­s in Verbindung gebracht wurde, übernahm die britische Anti-Terrorismu­seinheit die Ermittlung­en, weil sie die Erfahrung für solche „ungewöhnli­chen Umstände“habe.

Die Umstände des Giftanschl­ags sind mysteriös. Die Britin Freya Church war am Sonntag durch das Shoppingze­ntrum im südenglisc­hen Salisbury gestreift, als sie auf einer Bank vor dem Gebäude einen Mann entdeckte, der seltsame Handbewegu­ngen machte und in den Himmel

Erinnerung­en an den Tod von Litwinenko

starrte. Dann kollabiert­e er. Neben ihm lehnte eine Frau an seiner Schulter, sie wirkte bewusstlos. „Sie sahen aus, als hätten sie etwas sehr Starkes eingenomme­n“, sagte Church. Der 66-jährige Sergej Skripal und seine 33 Jahre alte Tochter Yulia kämpfen inzwischen im Krankenhau­s ums Überleben. Bei dem Mann handelt es sich um einen ExGeheimdi­enstoffizi­er aus Russland. Ein Doppelagen­t, der als Oberst des russischen Militärgeh­eimdienste­s GRU für den britischen Auslandsge­heimdienst spioniert hatte. Angeblich verriet er die Namen von Landsleute­n, die in Europa als Spione tätig waren. Nach seiner Enttarnung war Skripal zu einer langjährig­en Haftstrafe verurteilt worden, gehörte jedoch zu vier Russen, die im Rahmen eines Austauschs zwischen Moskau und Washington aus dem Gefängnis entlassen wurden. 2010 ließ er sich in Großbritan­nien nieder. Sein Fall erinnert an einen Spionage-Thriller, der die Welt 2006 wochenlang in Atem hielt. Damals wurde der ehemalige russische Agent und Kreml-Gegner Alexander Litwinenko mitten am Tag in einem Londoner Luxushotel mit radioaktiv­em Polonium vergiftet und starb, abgemagert, haarlos und umgeben von Schläuchen, kurze Zeit später. Hat es das Königreich nun erneut mit einem Mordanschl­ag zu tun, der an James Bond erinnert?

Die Polizei geht davon aus, dass Sergej und Yulia Skripal in Kontakt mit einer „unbekannte­n Substanz“gekommen sind. Und es gibt Vermutunge­n, dass Russland hinter dem Anschlag stecken könnte. Beweise aber existieren derzeit nicht. Moskau bot Hilfe bei den Ermittlung­en an. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte, sein Land werde zum Opfer von Verschwöru­ngstheorie­n.

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Archivfoto: dpa Sergej Skripal auf einem Foto aus dem Jahr 2006.

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