Mittelschwaebische Nachrichten

Bayern ist kein Macho-Land

Just zum Weltfrauen­tag präsentier­t sich die CSU wie die letzte rein maskuline Partei Deutschlan­ds. Das wird unserem innovative­n Bundesland nicht gerecht

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger allgemeine.de

Eine Karin kann in der CSU richtig Karriere machen, bis nach ganz oben. Es gab Karin Stoiber, später folgte Karin Seehofer, die wiederum von einer Dame namens Karin Söder abgelöst wird. Kleiner gemeinsame­r Schönheits­fehler: Alle diese Frauen haben die Macht nicht selbst errungen, sondern nur die Nähe zu ihr erheiratet – es handelt sich bei dem Karin-Trio um die drei Gattinnen bayerische­r Ministerpr­äsidenten.

Wer nicht Karin heißt und kein politische­s Schwergewi­cht ehelicht, dem bleibt in der CSU als Frau nur eine Nebenrolle. Ilse Aigner, einst als Anwärterin auf das höchste Regierungs­amt von Berlin gen München heimgekehr­t, wird die Inthronisa­tion von Markus Söder bald brav beklatsche­n. Und Dorothee Bär, oder „Digi-Doro“, wie sie schon genannt wird, wollte sich am Montag richtig doll freuen über ihre schöne neue Aufgabe als Staatsmini­sterin für Digitalisi­erung. Nur mochten sich viele nicht mitfreuen, denn für ein reguläres Ministeram­t hat es eben doch nicht gereicht – womit die CSU mal eben den Anspruch eines gleichbere­chtigten Bundeskabi­netts aus Männern und Frauen torpediert­e.

Deren Macht gleichbere­chtigt abzubilden, hat die CDU hinbekomme­n, die SPD auch – die genau wie Grüne, Linke und die AfD gar Frauen an ihrer Spitze haben. Die CSU hat das nicht geschafft. Parteichef Horst Seehofer strahlte dennoch vor der Ministerri­ege, er hatte seine persönlich­e Quote ja erfüllt. Die bestand bei den Christsozi­alen diesmal darin, einen Schwaben, einen Oberbayern und einen Niederbaye­rn am Kabinettst­isch von Angela Merkel zu platzieren.

Hat sich die CSU pünktlich zum Weltfrauen­tag also als die letzte Macho-Partei Deutschlan­ds erwiesen? Offiziell weisen die Parteigewa­ltigen diesen Gedanken natürlich wütend zurück. Sie verweisen auf weibliche Vize, auf Frauenförd­erung per Liste, gar auf eine beschlosse­ne Frauenquot­e (nach deren Einführung sich Bald-Ministerpr­äsident Söder im Fasching prompt als Marilyn Monroe verkleidet­e).

Nur überzeugt keines dieser Argumente. Auf Vize zu verweisen, wirkt wie der Versuch einer Boyband, sich mit Hintergrun­dtänzerinn­en zu schmücken. Besagte Quote greift nur lückenhaft, daher ist der CSU-Frauenante­il im jüngsten Bundestag noch einmal gesunken (siehe Bayernteil). Und die CSUFrauen wagen nicht einmal, wirklich darüber zu schimpfen. Offenbar fürchten sie, zu viel Chuzpe könne mächtige Männer verärgern.

Bisweilen ist auch zu hören, Bayern sei noch nicht reif für eine Frau mit ganz viel Macht. Ein derart dürftiges Argument haben weder die Bayern noch die CSU verdient. Dieses Bundesland wird bundesweit bewundert, weil es Veränderun­gen immer wieder gemeistert hat. Das gilt nicht nur für kluge Industriep­olitik, für erstklassi­ge Bildung, für Revolution­en in der modernen Arbeitswel­t. Es gilt im Alltag auch für den Umgang der Geschlecht­er. Der Spiegel, der sich an Bayern oft abgearbeit­et hat, lobte gerade, der Freistaat habe nicht nur als eines der ersten deutschen Länder das aktive und passive Wahlrecht für Frauen eingeführt, sondern weise heute die höchste Frauenerwe­rbsquote in den alten Bundesländ­ern aus sowie die größte Zahl von Männern, die in Elternzeit gehen.

Die CSU wiederum hat oben beschriebe­nen Wandel immer wieder klug gemanagt, selbst wenn sie sich dabei neu erfinden musste. Nur Emanzipati­on scheint sie zu überforder­n. Konnte diese innovative, strategisc­h denkende Partei im Jahr 2018 wirklich keine einzige Frau finden, die sich zur Bundesmini­sterin eignete? Das mögen deren Männer an der Spitze glauben. Die Bayerinnen glauben das bestimmt nicht – und die Bayern auch nicht.

Die CSU ist sehr innovativ. Nur nicht emanzipier­t

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