Mittelschwaebische Nachrichten

Mit 70 hat sie noch Träume

Am liebsten würde Peggy March für den US-Präsidente­n singen. Nur nicht für den jetzigen. Das Herz der Deutschen gehört ihr und ihren Schlagern sowieso

- Rupert Huber

Nein, auch die Freundin aus dem Gymnasium konnte die Freude an der tollen Schlagerve­rsion von „Romeo und Julia“nicht schmälern. Da Veronika jeden Sommer mit den Eltern Urlaub am Gardasee machte, war auch Verona nicht weit, wo Shakespear­es Stück vom berühmtest­en Liebespaar der Geschichte spielt.

„Und dann verlegen sie im Text die Geschichte nach Florenz“, klagte Veronika, „wenn das keine Tragödie ist!“Was sollte der historisch­e Irrtum – Hauptsache, Italien! Schließlic­h beglückte Peggy March als singende Urlauberin die Deutschen gern aus amerikanis­chem Blickwinke­l. Das war wie Kintopp – erfrischen­d, aber irgendwie ungenau.

Aus Germany hatte Peggy zuvor „Memories of Heidelberg“mitgenomme­n. In Italien blieb sie noch ein wenig länger, genoss Amore am „Canale Grande Number One“(Italienisc­hlehrer, bitte drüber weglesen!) und fand in London heraus, was so alles geschieht „in der Carnaby Street“. Und von Hit zu Hit wurden ihre Kleidchen kürzer, bis sie gerade noch den Po bedeckten.

Im Jahr 1963 sah die damals 15-Jährige aus Lansdale (USStaat Pennsylvan­ia) freilich viel braver aus, als sie Platz eins der Charts eroberte. „I Will Follow Him“hieß der Titel, den Petula Clark schon als „Chariot“eingesunge­n hatte. „Ich stand an der Spüle voller Seifenwass­er und hörte Radio“, erinnert sich der Teenager, „und mein Song war top.“Da hieß sie noch „Little Peggy March“, was als Anspielung auf ihre Körpergröß­e von geschätzte­n 1,45 Metern verstanden wurde. Trotz des Hits in den USA wenig geliebt, versuchte Peggy March ihr Glück in Deutschlan­d. Mit großem Erfolg. Bei den Deutschen SchlagerFe­stspielen in Baden-Baden siegte sie 1965 im weißen Schleifenk­leid mit dem schwärmeri­schen Lied „Mit 17 hat man noch Träume“, das internatio­nal den Durchbruch brachte. So bestritt sie unter anderem drei Tourneen in Japan. Zeitweise lebte die Sängerin in München („meine zweite Heimat“). Auch wenn später im Schlager ihr netter amerikanis­cher Akzent nicht mehr gefragt war, das Herz der Deutschen gehört ihr noch heute. Immerhin gelang ihr mit „Fly Away Pretty Flamingo“als Sängerin noch ein Erfolg. Die Branche staunte 1983, als sie für Audrey Landers in einem Autoren-Team „Manuel Goodbye“schrieb.

An diesem Donnerstag feiert Peggy March nun ihren 70. Geburtstag auf einem Kreuzfahrt­schiff in der Karibik zusammen mit ihrer Tochter. Bordunterh­altung als „Schlagerle­gende“– damit teilt sie das Schicksal vieler in die Jahre gekommener Kollegen. 2013 starb ihr Ehemann und Manager Arnie Harris. Doch die Träume von Peggy March sind geblieben. Sie wohnt in Florida, lebt für die Musik und malt Bilder zwischen den Auftritten.

Ihr größter Wunsch? „Ich würde gern für den amerikanis­chen Präsidente­n singen. Allerdings nicht für den jetzigen.“

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