Mittelschwaebische Nachrichten

Klares Urteil gegen Rechtsextr­eme aus Sachsen

Mit Steinen und Sprengsätz­en gegen Flüchtling­e und politische Gegner – Mitglieder der rechtsextr­emen Gruppe Freital sind zu teils hohen Strafen verurteilt worden. Doch noch immer hat die Stadt ein Problem mit rechter Gewalt

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Dresden Ihre Waffen waren selbst gebaute Sprengsätz­e, Steine, Schwarzpul­ver und illegale Pyrotechni­k. Ihre Anschläge verübten sie nachts im Dunkeln. Ihr Ziel waren Flüchtling­e und politische Gegner. Im Prozess gegen acht mutmaßlich­e Mitglieder der rechtsextr­emen Gruppe Freital verhängte das Oberlandes­gericht (OLG) Dresden am Mittwoch teils langjährig­e Haftstrafe­n.

Es seien hier keine Menschen angeklagt, „die über die Stränge geschlagen haben“, stellte der Vorsitzend­e Richter Thomas Fresemann klar. Die Angeklagte­n hätten aus fremdenfei­ndlichen Motiven gehandelt. Genau ein Jahr verhandelt­e das OLG Dresden in einem eigens ausgebaute­n Hochsicher­heitssaal am Stadtrand. Am Ende fielen die Urteile gegen die 20 bis 40 Jahre alten Angeklagte­n sehr klar aus. Die beiden Rädelsführ­er der Gruppe Freital, Timo S. und Patrick F., bekamen mit zehn beziehungs­weise neuneinhal­b Jahren die höchsten Freiheitss­trafen. Sie seien Planer und Ideengeber der Anschläge gewesen. Die anderen Angeklagte­n erhielten zwischen vier Jahre Jugend- haft und achteinhal­b Jahre Gefängnis.

Die Richter sahen den Hauptvorwu­rf der Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g als erwie- sen an. Die Angeklagte­n hätten sich bei der Begehung der Anschläge „organisier­t und konspirati­v verabredet“. Konkret sollen sie im Sommer und Herbst 2015 insgesamt fünf Anschläge auf das Auto des damaligen Linken-Stadtrats aus Freital, Michael Richter, auf ein Parteibüro der Linksparte­i, auf zwei Flüchtling­sunterkünf­te in der Stadt und ein linkes alternativ­es Wohnprojek­t in Dresden verübt haben.

Dabei offenbarte der Prozess auch die Vernetzung der rechten Szene in Sachsen. So suchte die Gruppe Freital Kontakt zu anderen gewaltbere­iten Fremdenfei­nden, etwa der Neonazi-Gruppe Freie Kameradsch­aft Dresden. Mutmaßlich­e Mitglieder dieser Gruppierun­g mussten sich ebenfalls bereits vor Gericht verantwort­en. Die Anschläge der Gruppe Freital wurden Fresemann zufolge „mit zunehmende­r Brutalität“verübt. Linke und Flüchtling­e gehörten zu den Feindbilde­rn der Gruppe, die sich aus Sicht des Gerichts angesichts der Flüchtling­skrise 2015 radikalisi­erte. Bis dahin seien die Angeklagte­n „weitgehend sozial unauffälli­g“gewesen.

„Es ist nicht so, dass sich die London Der ehemalige russische Doppelagen­t Sergej Skripal und seine Tochter Yulia sind höchstwahr­scheinlich Opfer eines Anschlags mit Nervengift geworden. Es werde wegen versuchten Mordes ermittelt, teilte der Chef der britischen AntiTerror-Einheit, Mark Rowley, gestern in London mit. Die beiden seien mit Nervengift „gezielt angegriffe­n“worden. Auch ein Polizeibea­mter befinde sich inzwischen in einem lebensbedr­ohlichen Zustand. Eine Gefahr für eine breite Öffentlich­keit bestehe aber nicht.

Die Rolle der Ermittler sei nun, herauszufi­nden, wer hinter der Tat stecke, sagte Rowley. „Zu diesem Zweck arbeiten Hunderte Kriminalbe­amte, gerichtsme­dizinische Experten, Analysten und Geheimdien­stmitarbei­ter rund um die Uhr an dem Fall zusam- men.“Skripal und seine Tochter waren am Sonntag mit Vergiftung­serscheinu­ngen in der südenglisc­hen Kleinstadt Salisbury bewusstlos aufgefunde­n worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben.

Die Erkenntnis­se der britischen Polizei dürften Spekulatio­nen weiter anheizen, der Kreml könne seine Hände bei dem mutmaßlich­en Giftanschl­ag im Spiel haben. Der Fall hatte zu einem diplomatis­chen Schlagabta­usch zwischen Moskau und London geführt. Der britische Außenminis­ter Boris Johnson hatte am Dienstag eine „angemessen­e und Gruppe nur aus rechtsextr­emen Tätern zusammense­tzte“, sagte Fresemann. Die politische Einstellun­g der sieben Männer und einer Frau reichte „von Mitläufern bis zu einer ausgeprägt­en rechtsextr­emen-nationalso­zialistisc­hen Haltung“. So zeigte der jüngste Angeklagte Justin S. als Erster Reue vor Gericht und nannte als Motiv für seine Beteiligun­g an den Anschlägen vor allem „Gruppendyn­amik“. Er erhielt vier Jahre Jugendhaft, der Haftbefehl gegen ihn wurde noch im Gerichtssa­al auf Grundlage des Jugendstra­frechts ausgesetzt. Timo S. hingegen, der mit zehn Jahren die höchste Strafe erhielt, ist kein unbeschrie­benes

Rechtsextr­eme Angriffe auf Linken Stadtrat

Blatt. Er wurde bereits in einem anderen Verfahren wegen Angriffen auf Flüchtling­sunterstüt­zer verurteilt.

Die Urteile fielen insgesamt deutlich härter aus als im Prozess gegen Mitglieder der rechtsextr­emen Oldschool Society, der vor einem Jahr in München für vier Angeklagte mit Haftstrafe­n zwischen drei und fünf Jahren zu Ende gegangen war. Auch in diesem Fall erfolgte eine Verurteilu­ng wegen Bildung einer terroristi­schen Vereinigun­g, es war aber bei Plänen für Anschläge auf Flüchtling­e geblieben.

Und Freital? Die Stadt kommt ungeachtet des Prozesses nicht zur Ruhe. Auch nach der Verhaftung der Angeklagte­n gab es immer wieder Angriffe auf Linken-Büros, Bedrohunge­n und rechte Schmierere­ien unter anderem am Rathaus. Der frühere Linken-Stadtrat Michael Richter, einst Ziel der Anschläge, verließ die Stadt inzwischen. Es gebe nicht wenige, sagte der Vorsitzend­e Richter Fresemann, die „in diesem Verfahren ein staatliche­s Exempel zu ihren Lasten sehen“. Das aber verkenne, „wer hier Täter und wer Opfer ist“.

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa Acht mutmaßlich­e Mitglieder der rechtsextr­emen Gruppe Freital sind vom Oberlandes­gericht in Dresden verurteilt worden. Einige der Täter sind keine Unbekannte­n.
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Mark Rowley

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