Mittelschwaebische Nachrichten
Im Sitzungssaal allein unter 16 Männern
Judith Popp ist die einzige Frau im Bucher Gemeinderat. Sie spricht über das Verhältnis zu ihren Kollegen, ihre Sicht auf die Kommunalpolitik und Spannungen im Gremium
Ritzisried Ja, gibt Judith Popp zu, sie habe sich schon Gedanken gemacht, als sie vor knapp vier Jahren als einzige Frau in den Bucher Gemeinderat gewählt wurde: „Allein unter 16 Männern – was wird das wohl?“, sagt sie und lacht. Aber mittlerweile hat sie ihren festen Platz im Gremium. Und sagt jetzt sogar: „So habe ich mir das vorgestellt.“
Die 48-Jährige war schon immer im Ortsleben engagiert: Zwölf Jahre lang war sie Elternbeiratsvorsitzende an der Bucher Schule, seit 15 Jahren ist sie in Faschingsgruppen aktiv, sie ist Mitglied im Förderverein für Wachkomapatienten in Illertissen und Umgebung – und daneben auch noch Mutter, Tierliebhaberin, Reiterin, Massagepraktikerin und unter anderem Wellnessberaterin.
Zu ihrer Tätigkeit im Gemeinderat ist sie eher durch Zufall gekommen: Vor ein paar Jahren seien die Freien Wähler Buch, die sich bis vor Kurzem noch Freie Bürger Buch nannten, auf sie zugekommen. „Weil man Frauen in der Fraktion gesucht hat“, sagt Popp. Kurzerhand habe sie sich dann dazu entschlossen, sich den Freien Wählern anzuschließen und für die Gemeinderatswahl aufstellen zu lassen. Bei ihrem ersten Versuch, ins Gremium zu kommen, hatte Popp noch nicht genügend Stimmen. „Das war damals ganz knapp“, sagt sie. Doch dann, vor vier Jahren, der Erfolg: Die Ritzisriederin schaffte es als einzige Frau auf einen Platz im Bucher Gemeinderat.
„Bei den Freien Wählern fühle ich mich wohl“, erzählt sie. Deshalb habe sie sich für diese Partei entschieden – und werde von den männlichen Kollegen gut behandelt. Sogar in den Ansprachen habe man sich in den Sitzungen an eine Frau in den eigenen Reihen angepasst: Die Rede sei dann oftmals nicht mehr nur von Gemeinderäten, sondern eben auch von einer Gemeinderätin. „Für mich ist das alles sehr interessant. Ich habe früher oft über den Gemeinderat geschimpft. Aber wenn man die Hintergründe erfährt, ist das eine ganz andere Sache“, sagt sie. Popp lerne viel über die Kommunalpolitik, etwa über das Verfahren, wie Baugebiete zustande kommen.
Schwierig sei es, immer alle Ortsteile im Blick zu behalten. Denn zum Markt gehören etliche kleine Dörfer. Als Ritzisriederin weiß das Popp natürlich. Viele Bürger kämen auf sie zu, wenn sie Themen im Gemeinderat besprochen haben möchten. „Ich bin ein sehr offener Mensch und unterhalte mich gerne.“Und sie gebe die Anregungen dann auch weiter. In Ritzisried drehe sich das Ortsgespräch gerade beispielsweise um ein neues Baugebiet.
Im Gremium selbst seien sich die Räte natürlich nicht immer einig, regelmäßig komme es zu Diskussionen. „Die Fehde zwischen Obenhausen und Buch gibt es aber schon immer“, weiß Popp. Ein kniffliges Thema ist ihrer Meinung nach der Kindergarten in Obenhausen. Dort werden die Kinder aus brandschutztechnischen Gründen nur noch in einem Stockwerk betreut. Die richtige Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes zu fällen, sei nun nicht einfach. Dennoch: Sie ist sich sicher, dass sich der Markt und die Ortsteile sehr gut entwickeln.
Judith Popp ist aber nicht nur Mitglied im Gremium, sondern auch Jugendbeauftragte des Marktes und Teil der Gemeinschaftsversammlung. Als Jugendbeauftragte hat sie ein offenes Ohr für Mädchen und Buben, die Probleme haben, egal ob in der Familie oder in der Schule. „Aber gravierende Fälle haben wir bei uns nicht“, sagt die 48-Jährige. Dass sie all ihre Angelegenheiten unter einen Hut bekommt, habe sie vor allem einer verständnisvollen Familie zu verdanken. Und wahrscheinlich helfen ihr auch ihre außergewöhnlichen Tätigkeiten, um gelassen zu bleiben. Sie geht beispielsweise mit Wünschelruten auf Wasseradersuche.
Wie ihre Karriere in der Kommunalpolitik weitergeht, kann sie noch nicht sagen. Weitermachen will Judith Popp aber auf jeden Fall.