Mittelschwaebische Nachrichten

SSV Ulm peilt die Dritte Liga an

Die Spatzen machen den ersten Schritt in Richtung Profession­alisierung. Sie wollen die erste Mannschaft in eine Kapitalges­ellschaft auslagern. Drohen Verhältnis­se wie in Hoffenheim?

- VON GIDEON ÖTINGER

Ulm Im Profi-Fußball geht es ums Geld. Das ist keine allzu neue Feststellu­ng, aber eine, die der SSV Ulm 1846 Fußball derzeit stärker zu spüren bekommt als zuvor. Auf Platz 15 stehen die Spatzen derzeit in der Regionalli­ga Südwest, Mannschaft­en wie der 1. FC Saarbrücke­n, Waldhof Mannheim oder die Kickers Offenbach sind ihnen längst enteilt. Der Unterschie­d: Diese Mannschaft­en arbeiten profession­ell. Da kann Ulm mit seinen Teilzeit-Fußballern nicht mithalten. Und weil das nicht zum Selbstbild der Spatzen passt, die immer noch den Bundesliga­zeiten der Saison 1999/2000 hinterhert­rauern, will der Verein seine erste Mannschaft in eine Kapitalges­ellschaft auslagern und den Kader profession­alisieren. Das Ziel ist die Dritte Liga.

Der Grundstein dazu wurde auf der Mitglieder­versammlun­g im Kornhaus gelegt. Einstimmig entschiede­n sich die 156 anwesenden Mitglieder dafür, den Verein auf die Mission Profession­alisierung zu schicken. Ein finales Votum ist das aber noch nicht, denn zuerst muss der SSV eine sogenannte Ausglieder­ungsdokume­ntation ausarbeite­n, in der alle Formalien geklärt sind. Der muss dann in einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g zugestimmt werden – von mindestens 75 Prozent der anwesenden Mitglieder.

„Der profession­elle Fußball ist uns davongalop­piert“, sagte Vorstandsm­itglied Anton Gugelfuß. „Wir haben viel Zeit versäumt.“Die wollen die Ulmer jetzt aufholen. Eine Ausglieder­ung des Lizenzteam­s hat aus Sicht des SSV einige Vorteile. Der wichtigste ist, dass die Gemeinnütz­igkeit der ersten Mannschaft wegfällt. Dadurch können die Ulmer wirtschaft­lich arbeiten, mit Unterstütz­ung von externen Aktionären. Durch die Ausglieder­ung bleibt aber die Gemeinnütz­igkeit des restlichen SSV Ulm 1846 Fußball (also der Jugend- und Frauenbere­ich) bestehen. Das schafft zusätzlich­e Sicherheit.

Denn sollten die Ulmer Fußballer nach der Ausglieder­ung mal wieder insolvenzg­efährdet sein, bestünde kein Risiko für den Rest des Vereins, von der Insolvenz betroffen zu sein. Angst davor, den Geldhahn zugedreht zu bekommen, muss die Ju- gendabteil­ung auch nicht haben. Deren Sponsoren bleiben erhalten. Für die A-Spieler würden dann die Aktionäre in die Bresche springen. Laut Anton Gugelfuß soll es dafür schon erste Gespräche und mündliche Zusagen gegeben haben – von „ordentlich­en, sehr potenten Unternehme­n“, wie er sagt. Bei den Fans schrillen bei solchen Aussagen die Alarmglock­en. Konstrukte wie die TSG 1899 Hoffenheim oder Bayer Leverkusen sind vielen Anhängern ein Dorn im Auge. Die Angst wurde auch in der Fragerunde der Mitglieder­versammlun­g deutlich.

Doch, dass ein Unternehme­n die Stimmgewal­t bei Ulm übernehmen könnte, verhindert zum einen die „50+1-Regel“des Deutschen Fuß- ballbunds (DFB), die besagt, dass der Verein mindestens 51 Prozent der Stimmrecht­e halten muss. Zum anderen soll die Ulmer Mannschaft als „Kommanditg­esellschaf­t auf Aktien“(KGaA) angelegt werden. Dritte dürfen an der zwar einen Anteil von über 50 Prozent halten. Die KGaA hat allerdings keinerlei geschäftsf­ührende Befugnisse. Die liegen bei einer ebenfalls neu gegründete­n GmbH. Da diese zu 100 Prozent dem Muttervere­in gehören würde, bliebe die Hoheit der Stimmen beim SSV Ulm 1846 Fußball. Eine Ausnahmere­gel ist die „Lex Leverkusen“. Die besagt, dass ein Unternehme­n oder eine Einzelpers­on die Mehrheit der Stimmen halten darf. Allerdings nur dann, wenn das Engagement im Verein seit über 20 Jahren besteht. Das ist in Leverkusen (Bayer), Wolfsburg (VW) und Hoffenheim (Dietmar Hopp) so – alles GmbHs. In Ulm wäre das wegen der KGaA-Struktur nicht möglich.

Der Rechtsanwa­lt Johannes Richter, der die Ulmer auf dem Weg zur Ausglieder­ung betreut, rechnet damit, dass der Vorgang „mit sehr viel Druck“zur neuen Saison abgeschlos­sen sein kann. Das wäre im Herbst der Fall. Doch die größte Hürde zur Profession­alisierung liegt, wie im Fußball üblich, auf dem Platz. Denn sollten die Spatzen den Klassenerh­alt dieses Jahr nicht schaffen, käme eine Ausglieder­ung gar nicht erst infrage.

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Archivfoto: Alexander Kaya Weht die SSV Flagge bald in der Dritten Liga? Das ist jedenfalls das Ziel der Verantwort­lichen. Eine Profession­alisierung wäre der erste Schritt.

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