Mittelschwaebische Nachrichten

Vielen Spielhalle­n droht die Schließung

Staatliche Auflagen machen Betreibern von Spielothek­en das Leben schwer. Manche klagen dagegen, die Gerichte blocken aber ab. Lösen kann das Problem nur die Politik

- VON ALEXANDER SING

Landkreis Verwaltung­sgerichte in ganz Deutschlan­d bekommen derzeit vermehrt Klagen von Spielhalle­nbetreiber­n auf den Tisch. Denn vielen Betreibern von Spielothek­en droht spätestens im Jahr 2021 die Schließung. Auch im Landkreis Günzburg. Zuletzt klagte ein Spielhalle­nbetreiber aus Günzburg vor dem Verwaltung­sgericht Augsburg, betroffen waren Filialen in Wertingen. Er ist nicht der Einzige. Laut Gerichtssp­recher Stefan Eiblmaier stehen weitere Verhandlun­gen an, andere seien bereits abgeschlos­sen.

Hintergrun­d ist der Glücksspie­lstaatsver­trag (siehe Infokasten). Diese Vereinbaru­ng regelt bundesweit die Rahmenbedi­ngungen für den Betrieb von Spielothek­en, Wettbüros, Lotterien, Casinos und Co. Die Regelungen sind jedoch veraltet, die Länder streiten seit Jahren über Änderungen im Glücksspie­lrecht, bisher ohne Erfolg. Zuletzt verweigert­en Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen die Ratifizier­ung des neuen Vertrags, der eigentlich am 1. Januar 2018 in Kraft treten sollte. Alle 16 Bundesländ­er müssen aber zustimmen.

Deshalb hängen viele Spielhalle­nbetreiber in der Luft. Sie wissen nicht, wie lange sie ihre Spielothek­en noch betreiben dürfen. Gerhard Grießmayr von der Stadtverwa­ltung Günzburg erklärt auf Anfrage unserer Zeitung: „Die Befristung der Betriebser­laubnis für Spielhalle­n ist notwendig geworden, da der Glücksspie­lstaatsver­trag nur noch bis zum 21. Juli 2021 gilt. Danach werden voraussich­tlich neue Regelungen abgestimmt und das Glücksspie­lwesen überdacht.“Im Stadtgebie­t seien 14 Spielhalle­n betroffen.

Gewerblich­e Spielhalle­n haben bereits zahlreiche Auflagen zu erfüllen, die in der ersten Änderung des Vertrages im Jahr 2011 festgelegt wurden. Sie betreffen unter anderem den Jugendschu­tz und Werbeverbo­te. Aber es gibt auch räumliche Einschränk­ungen. Laut Roman Gepperth vom Landratsam­t Günzburg gilt in Bayern eine „Bannmeile“von 500 Metern um Spielhalle­n, in der keine weitere Spielothek betrieben werden darf. In Ausnahmefä­llen seien auch 250 Meter zulässig. Auch Spielhalle­nkomplexe sind verboten. Dadurch soll die Zahl der Hallen reduziert werden. Der Bestandssc­hutz für bereits existieren­de Hallen lief im vergangene­n Jahr aus, es existiert aber eine Härtefall-Regelung, die bei Erfüllung verschiede­ner Bedingunge­n einen Aufschub von weiteren vier Jahren erlaubt. Befristet wird die Betriebser­laubnis dennoch, das Landratsam­t habe in-

zwischen, so Gepperth, rund 35 Bescheide an Betreiber verschickt. Sofort geschlosse­n worden sei aber keine. Dennoch seien Klagen angekündig­t.

Erfolg hatte bisher noch kein Kläger. Das Verwaltung­sgericht (VG) Augsburg beruft sich auf die Rechtsprec­hung von Bundesverf­assungsger­icht und Bundesverw­altungsger­ichtshof, für die die aktuelle Lage rechtmäßig ist. Eingehende Klagen werden ruhend gestellt. Erst mit neuem Staatsvert­rag gäbe es rechtliche Klarheit.

Rechtsanwa­lt Willi Reisser sieht noch eine andere Möglichkei­t. Der Augsburger Jurist ist Experte für Glücksspie­lrecht und betreut zahlreiche Kläger. Seiner Meinung nach verstoßen die Beschränku­ngen für Spielhalle­nbetreiber gegen europäisch­es Recht. „Es gibt eine Niederlass­ungsund Dienstleis­tungsfreih­eit, in die Behörden nicht einfach so eingreifen dürfen.“Zwar hätten die obersten Bundesgeri­chte entschiede­n, dass EU-Recht hier nicht anwendbar wäre. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) habe sich dazu

aber noch nicht geäußert. Als einfacher Bürger könne man sich jedoch nicht an die Richter in Luxemburg wenden, sagt Willi Reisser. „Ein Gericht müsste eine sogenannte Vorlagefra­ge stellen, damit sich der EuGH mit dem Thema befasst.“So geschah es etwa 2016, als der EuGH auf Anfrage des Amtsgerich­ts Sonthofen staatliche Sanktionen gegen Sportwettb­üros offiziell untersagte. Das VG Augsburg werde diesen Weg nicht gehen, so Reisser. Man müsse auf ein anderes deutsches Gericht hoffen.

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Symbolfoto: Ole Spata, dpa Für den Betrieb von Spielhalle­n gibt es strenge Auflagen. Der Staat will ihre Zahl reduzieren, bestehende­n Hallen droht spätestens in drei Jahren das Aus.

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