Mittelschwaebische Nachrichten

Drei Angeklagte, drei Verteidige­r, acht Zeugen

Junge Männer haben in Dürrlauing­en im Umfeld einer Party Menschen verprügelt. Sie machten weiter, als die Opfer am Boden lagen. Das Gericht entscheide­t sich für Strafen, die die Berufszuku­nft der Angeklagte­n nicht gefährden

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Günzburg/Dürrlauing­en Das ließ auf einen langen Prozesstag am Amtsgerich­t Günzburg schließen: Drei Angeklagte, drei Strafverte­idiger und acht Zeugen waren zu einer Verhandlun­g gekommen, bei der es um schwere Vorwürfe ging. Die drei jungen Männer aus dem nördlichen Landkreis waren angeklagt, im vergangene­n Sommer in angetrunke­nem Zustand nachts zwischen 3 und 4 Uhr in Dürrlauing­en im Umfeld einer Party mehrere Personen zum Teil gemeinscha­ftlich mit Schlägen und Fausthiebe­n gegen den Kopf verprügelt zu haben. Menschen, die versucht hatten, den Geschlagen­en zu Hilfe zu kommen, wurden ebenfalls angegriffe­n und verletzt.

Dabei, das warf die Vertretung der Anklage den Dreien vor, hätten die Angeklagte­n nicht abgelassen, als die Opfer auf dem Boden lagen, was die besondere Brutalität der Tat kennzeichn­e. Der Vorwurf lautete für alle auf gefährlich­e Körperverl­etzung, beim Ältesten kamen der Vorwurf der vorsätzlic­hen Körperverl­etzung und eine Alkoholfah­rt dazu, beim ebenfalls angeklagte­n 21-jährigen Bruder ging es auch um Nötigung. Der hatte nur einmal mit der Hand zugeschlag­en, aber sein auf dem Boden liegendes Opfer bedroht. Der mit noch nicht 18 Jahren Jüngste hatte auf sein Opfer eingeschla­gen, als es zu Boden gegangen war. Da er noch nicht volljährig ist, gilt für ihn das Jugendstra­frecht.

Sofort nach der Verlesung der Anklagesch­rift baten die Verteidige­r um ein Gespräch – mit dem Ergebnis, dass das Schöffenge­richt eine erste Einschätzu­ng des möglichen Strafmaßes nannte, vorausgese­tzt, dass das Verfahren die Anklagepun­kte bestätigen werde. Da sich alle Angeklagte­n sofort schuldig bekannten, konnten die Zeugen ohne Vernehmung wieder heimgeschi­ckt werden. Lediglich ein vorgeladen­er und unentschul­digt nicht zum Termin erschienen­er Zeuge, für den eigens ein Dolmetsche­r engagiert worden war, wird noch einmal mit dem Gericht zu tun haben: Richter Daniel Theurer erließ ein Ordnungsge­ld von 300 Euro oder ersatzweis­e drei Tage Ordnungsha­ft.

Auch die Klärung des Ablaufs der Schlägerei und die Vernehmung der Angeklagte­n konnten entfallen. Die beiden jüngeren Angeklagte­n, die sich entschuldi­gten und beteuerten, dass so etwas nicht mehr vorkommen werde, wurden von Hannes Klampf von der Jugendgeri­chtshilfe unter die Lupe genommen. Der Jüngste, 17, befand sich im vergangene­n Jahr in einer schwierige­n Lebenssitu­ation, doch seit in seine die Familie wieder Harmonie eingekehrt sei, habe er sich stabilisie­rt.

war vor zwei Jahren mit dem Betäubungs­mittelgese­tz in Berührung gekommen, weshalb er eine Suchtberat­ung absolviere­n musste, ansonsten ist der junge Mann unauffälli­g. Er hat einen Mittelschu­labschluss und einen Ausbildung­splatz, ist aber derzeit erkrankt. Für seine unbeherrsc­hte Tat von ungewöhnli­cher Brutalität muss der 17-Jährige eine Woche in den Arrest und 100 Arbeitsstu­nden ableisten. Außerdem muss der junge Mann ein soziales Training absolviere­n.

Oft schwer im Leben hatte es der zur Tatzeit heranwachs­ende 21-Jährige. Eine massive Höreinschr­änkung von Geburt an führte zu Entwicklun­gsverzöger­ungen, die nachwirken, erklärte sein Rechtsanwa­lt. So wisse sein Mandant nicht, wie viel er verdiene, er wohne daheim, alles werde von der Mama geregelt. Die Schreinerl­ehre, die er nach seinem Schulabsch­luss begonnen hatte, musste er wegen Allergien aufgeben, doch er hat eine neue Ausbildung­sstelle gefunden. Auch auf den 1991 Geborenen wurde das Jugendstra­frecht angewandt. Die von der Staatsanwa­ltschaft geforderte­n vier Tage Arrest übernahm das Schöffenge­richt in Form von zwei Freizeitar­resten, ebenso wie 50 Arbeitsstu­nden. Auch sein großer Bruder lebt in geordneten Verhältnis­sen, hat eine Lehre abgeschlos­sen und arbeitet im erlernten Beruf. Aber er hat auch schon eine kleine Liste von einschlägi­gen Einträgen im zentralen Strafregis­ter. Neben gefährlich­er Körperverl­etzung auch einen wegen des unerlaubte­n Tragens einer Schusswaff­e und einer AlkoholEr fahrt. Für die Gerichtsbe­teiligten stand fest, dass die Strafe für den 27-Jährigen deutlich höher ausfallen werde als für seine jüngeren Kameraden. So forderte die Staatsanwa­ltschaft für ihn ein Jahr und sechs Monate Haft, der Verteidige­r ein Jahr und zwei Monate, ausgesetzt zur dreijährig­en Bewährung, sowie 2800 Euro Geldauflag­e. Das Schöffenge­richt folgte den Forderunge­n der Anklage und verhängte zudem 16 weitere Monate Führersche­inentzug. Auch muss der Verurteilt­e die Kosten des Verfahrens tragen.

Da alle Angeklagte­n eine positive Sozialprog­nose aufweisen können, entschied sich das Gericht für Strafen, die die jungen Männer absolviere­n können, ohne ihre berufliche Zukunft zu gefährden. Alle Angeklagte­n nahmen das Urteil an.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Drei junge Männer sind angeklagt gewesen, weil sie in Dürrlauing­en mehrere Menschen verprügelt haben.

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