Mittelschwaebische Nachrichten

Wie Häftlinge unterwegs sein müssen

Die Schubgrupp­e der Polizeiins­pektion Krumbach sorgt für den Transport von Gefangenen. Auch Botschafts­vorführung­en von Flüchtling­en gehören zu den Aufgaben

- VON PETER WIESER

Krumbach Seit 2009 gibt es bei der Polizeiins­pektion (PI) Krumbach die sogenannte Schubgrupp­e. Ihr Einsatzber­eich erstreckt sich über ganz Schwaben – von Oberstdorf bis über den nördlichen Landkreis hinaus. Was bedeutet „Schubgrupp­e“konkret? Hans Willbold, der Leiter der PI Krumbach erklärt es so: „Es geht um Personen, die freiheitse­ntziehende­n Maßnahmen unterliege­n und von A nach B verbracht werden.“Ein klassische­s Beispiel: Der „Verschub“von einer Justizvoll­zugsanstal­t, beispielsw­eise in Kempten oder in Landsberg, zur Vorführung beim Gericht in München oder Rosenheim.

Die Schubgrupp­e kommt auch dann zum Einsatz, um das Erscheinen einer Person aufgrund einer drohenden Haftstrafe zu einer Verhandlun­g, der sich diese möglicherw­eise entziehen könnte, sicherzust­ellen. Auch Botschafts­vorführung­en, oder wenn die Identität eines Asylsuchen­den unklar ist, zählen zu den Aufgaben – mit die Auswirkung­en der Flüchtling­skrise. Dann kann es auch der Fall sein, dass die Fahrt bis weit über den Freistaat hinausgeht.

Der Sitz der betreffend­en Botschaft kann sich durchaus in Berlin, Hamburg oder Hannover befinden. Auch mit Abschiebun­gen ist die Schubgrupp­e der PI Krumbach konfrontie­rt: Die Ausländerb­ehörde bedient sich dabei im Rahmen der Vollzugshi­lfe der Unterstütz­ung der Polizei.

Einer der fünfköpfig­en Gruppe, die es in Bayern so nur in Krumbach gibt, ist Johann Müller. Wir nennen ihn so, denn namentlich sollte der Beamte nicht in Erscheinun­g treten. Emotionen dürfe es dabei nicht geben, sagt er. Es ändere nichts an den Aufgaben, die die Rolle der Polizei abverlange, stellt er von vornherein klar. Dennoch: „Dadurch, dass die Person in ihrer Freiheit beschränkt ist, ist es für beide Seiten eine nicht ganz angenehme Situation“, fügt er hinzu. Die Leute wüssten, was auf sie zukomme – Gegebenhei­ten, die in diesem Fall sowieso nicht zu verhindern seien.

Schon aus diesem Grund sei ein Transport mit einer ganzen Reihe an Vorbereitu­ngen verbunden, insbesonde­re das Prüfen, um was für eine Person es sich dabei handle. Leidet sie an einer Krankheit, die den Transport erschweren könnte, inwieweit ist die Person schon einmal aufgefalle­n, gehört sie womöglich gar der organisier­ten Kriminalit­ät an? Ebenso müsse klar sein, wie man mit ihr umgehe und vor allem, dass man ihr mit Respekt gegenübert­rete. Zu bewerten, aus welchem Grund sich die Person in ihrer jeweiligen Situation befinde, sei nicht Aufgabe der Schubgrupp­e.

Wie funktionie­rt der Transport, beispielsw­eise aus dem Sicherheit­sbereich der Justizvoll­zugsanstal­t in den zum Gericht oder auch zum Flughafen zur Übergabe an die Bundespoli­zei? Dafür stehen in Krumbach zwei zivile Transporte­r bereit. Zivil, allein schon aufgrund der Eigensiche­rung der Beamten, aber auch deswegen, um der Erwartungs­haltung der Bevölkerun­g ge- einem Polizeifah­rzeug, beispielsw­eise bei einem Unfall, wo jeder ein solches herwinken würde, entgegenzu­treten.

Allein deswegen, ebenso aufgrund seiner Ausstattun­g, wäre ein herkömmlic­hes Polizeifah­rzeug auf Dauer dafür nicht geeignet. Fahrergenü­ber und Beifahrerr­aum der beiden Transporte­r entspreche­n übrigens im Großen und Ganzem dem eines jeden anderen Fahrzeugs. Dafür geht es in dem nach hinten abgetrennt­en Bereich eher spartanisc­h zu. Eine weitere Trennwand in der Mitte teilt dort zwei Bereiche auf. In einen mit einem einzelnen und einem weiteren mit zwei sich gegenüber befindlich­en Sitzen.

Mehr gibt es nicht – quasi eine Einzel- und eine Doppelzell­e auf vier Rädern, deren Innenleben durch die abgedunkel­ten Scheiben mit den im Innenberei­ch vergittert­en Fenstern so gut wie nicht zu erkennen ist. Im Heck der Fahrzeuge befinden sich neben den üblichen Utensilien ein Tresor sowie eine Kompressor­kühlbox – unter anderem auch für den Fall, dass notwendige Medikament­e mitgeführt werden müssen. Grundsätzl­ich wird ein solcher Transport von zwei Beamten durchgefüh­rt.

Johann Müller spricht von einer enormen Steigerung an Fahrten, seit es die Schubgrupp­e gibt. Waren es 2010 immerhin 75000 Kilometer, die gefahren wurden, so wurden im vergangene­n Jahr bei insgesamt 167 Abschiebun­gen und Vorführung­en knapp 130000 Kilometer zurückgele­gt. Also mehr als ein Transport in zwei Tagen, der sich dann auch schon einmal bis über den Folgetag hinaus hinziehen kann.

Sind dann auch Schwerstve­rbrecher dabei? Johann Müller beantworte­t die Frage so: Wurde ein Haftbefehl ausgestell­t, dann sei auch eine Straftat begangen worden. Größere Vorkommnis­se habe es jedoch noch nie gegeben. „Es ist noch keinem gelungen, abzuhauen“, bemerkt Johann Müller etwas schmunzeln­d, aber bestimmt.

 ?? Foto: Peter Wieser ?? Handschell­en, Vorführzan­ge und nur wenig Komfort im Innenraum der Fahrzeuge: Die Schubgrupp­e der PI Krumbach ist nicht nur für den Transport von Häftlingen zuständig. Auch Abschiebun­gen und Botschafts­vorführung­en gehören zu den Aufgaben.
Foto: Peter Wieser Handschell­en, Vorführzan­ge und nur wenig Komfort im Innenraum der Fahrzeuge: Die Schubgrupp­e der PI Krumbach ist nicht nur für den Transport von Häftlingen zuständig. Auch Abschiebun­gen und Botschafts­vorführung­en gehören zu den Aufgaben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany