Mittelschwaebische Nachrichten

Die Wut der Hochspring­erin

Gretel Bergmanns Autobiogra­fie ist eine Wucht

- Till Hofmann

kennen Gretel Bergmann nicht? Die Wissenslüc­ke können Sie schließen, indem Sie die bewegende Lebensgesc­hichte dieser ungewöhnli­chen Sportlerin lesen. Es lohnt sich!

Nicht einmal eine Autostunde von Günzburg entfernt ist Gretel Bergmann in Laupheim aufgewachs­en. Gretel war groß, wirkte burschikos. Einer Rauferei ging sie – um der Gerechtigk­eit willen und um Schwächere­n zu helfen – nicht immer aus dem Weg. Sie verbrachte eine glückliche Jugend in der oberschwäb­ischen Stadt und entwickelt­e sich mit Spaß und Schinderei zu einer der besten deutschen Athletinne­n ihrer Zeit. Wenige Wochen vor den Olympische­n Sommerspie­len 1936 in Berlin stellte sie mit 1,60 Meter den nationalen Hochsprung­rekord ein. Doch an den Wettkämpfe­n durfte sie nicht teilnehmen, weil sie Jüdin war. Bergmanns Autobiogra­fie „Ich war die große jüdische Hoffnung“entwickelt eine ungeheure Wucht. Sie zeigt, zu was ideologisc­h verbohrte Menschen in der Lage waren und demaskiert deren fiese Tricks. Sie erzählt davon, wie eine Sportlerin mit ihrer Leidenscha­ft und ihrer Wut versucht hat, gegen das NaziSie Regime anzukämpfe­n und beinahe daran zerbrochen wäre. Bergmann emigrierte 1937 in die USA. Über sechs Jahrzehnte später versöhnte sie sich mit dem Land der Peiniger und besuchte die alte Heimat. Emotional bin ich deshalb berührt, weil ich für ein Interview in unserer Zeitung die Ehre hatte, aus Anlass ihres 100. Geburtstag mit Gretel Bergmann zu sprechen. Sie starb im Sommer 2017 mit 103.

Das Buch „Ich war die große jüdische Hoffnung“ist im Verlag Regionalku­ltur erschienen. Herausgebe­r ist das Haus der Geschichte Baden Württember­g. 392 Seiten, ausführlic­her Fototeil. ISBN 978 3 89735 908 6, Preis: 19,90 ¤.

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