Mittelschwaebische Nachrichten
Gegensätzliche Pioniere
„Die Vermessung der Welt“
Ein Blick in die Psyche zweier Genies, Szenen aus einer abenteuerlichen Expedition und eine nicht wahrheitsgetreue, aber überaus lebendige Einordnung in die Historie um 1800 – das fasziniert mich an „Die Vermessung der Welt“. Der Roman von Daniel Kehlmann ist eine fiktive Doppelbiografie der Wissenschaftler Johann Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt.
Er beginnt mit einer Reise Gauß’, der unausstehlich wirkt, mit seinem Sohn Eugen, den er als Nichtsnutz sieht und häufig auch als solchen beschimpft. In folgenden Kapiteln springt die Geschichte in die Kindheit Humboldts und seinen Werdegang, dann wieder zurück. Der Leser reist von Preußen nach Südamerika, Russland und wo es Humboldt sonst noch hin verschlägt. Gleichzeitig erlebt er mit, wie Gauß als 19-Jähriger ein altes mathematisches Problem, die Konstruktion eines 17-Ecks mit Zirkel und Lineal, löst. Erst im elften Kapitel und viele Jahre später kehrt Humboldt zurück, die Wege der beiden kreuzen sich.
Das Buch zeichnet sich durch die Zusammenführung der gegensätzlichen Charaktere und Realitäten eines Entdeckers und eines mathematischen Grüblers, die nur ihr genialer Geist verbindet, aus. Es ist kein wissenschaftliches Lehrbuch, doch bietet es einen ungewöhnlichen und schönen Zugang zu dem Thema. Für mich hat „Die Vermessung der Welt“Grenzen aufgelöst, wo ich sie durch Begriffe wie Biologie, Physik und Geografie gezogen hatte. Es hat mir verdeutlicht, was Naturwissenschaft im ursprünglichsten Sinne bedeutet und mich dabei bestens unterhalten.
Das Buch „Die Vermessung der Welt“ist im Rowohlt Taschenbuch Verlag er schienen und kostet zehn Euro.