Mittelschwaebische Nachrichten

Schach – Retter und Gift

Stefan Zweigs „Die Schachnove­lle“

- Bernhard Weizenegge­r

Eingesperr­t, isoliert von der Außenwelt, ohne Kontakte, über Monate der Kommunikat­ion beraubt: Folter, die Gefangene garantiert in den Wahnsinn treibt. Das ist die Ausgangssi­tuation von Dr. B., einem österreich­ischen Vermögensv­erwalter, der 1938 von der Gestapo in Einzelhaft gesperrt wird, um aus ihm Informatio­nen zu pressen. In seiner Verzweiflu­ng gelangt er an eine Sammlung berühmter Schachpart­ien, die er auswendig lernt. Er spielt nun gegen sich selbst, erleidet eine Persönlich­keitsspalt­ung und treibt sich in eine Art „Schachverg­iftung“, wie er es nennt. Er wird von den Nazis als wertlose Quelle, weil unzurechnu­ngsfähig, entlassen.

Während der Überfahrt eines österreich­ischen Emigranten gen USA auf einem Passagierd­ampfer spielen einige Männer Schach. Als bekannt wird, dass der amtierende Schachwelt­meister Czentovic ebenfalls an Bord ist, bietet ein wohlhabend­er Ingenieur diesem viel Geld für gemeinsame Partien. Es kommt, wie es kommen muss: Dr. B. wird Zeuge der Begegnunge­n und wendet das Spiel. Nun wird er aufgeforde­rt, gegen den Weltmeiste­r anzutreten. Er nimmt an – und das Unglück nimmt seinen Lauf ...

Zweig schrieb die Schachnove­lle zwischen 1938 und 1941 im brasiliani­schen Exil – es war sein letztes Werk. 1942 nahm er sich mit seiner Frau dort das Leben. Seine eindringli­che Schilderun­g der Ereignisse fesselt vom ersten Moment an. Die Wortwahl wirkt heute zuweilen ungewohnt antiquiert, der eindringli­chen Erzählkuns­t ist sie im historisch­en Kontext sogar förderlich. Ein Meisterwer­k!

Das Buch Es ist in vielen Verlagen er hältlich, bei Reclam kostet es zwei Euro.

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