Mittelschwaebische Nachrichten

Nicht in Schieflage geraten

Auf dem Papier ist es ein Duell Erster gegen Zweiter. Doch wenn der VfL Günzburg beim TV Erlangen-Bruck antritt, kann er eigentlich nur gewinnen

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Günzburg Verkehrte Bayernliga­welt: Kein Handballex­perte der Welt hätte prognostiz­ieren können, dass in der Saison 2017/18 die Begegnung zwischen dem TV Erlangen-Bruck und dem VfL Günzburg das Spitzenspi­el der Liga – Erster gegen Zweiter – sein könnte. Wenn nämlich am Samstag um 20 Uhr beide Teams aufeinande­r treffen, dann ist der Liga-Hit auch die Begegnung des letztjähri­gen Drittletzt­en (Günzburg) gegen den letztjähri­gen Viertletzt­en.

Während die Schwaben in ihrem ersten Bayernliga­jahr besonders in der Vorrunde eifrig Lehrgeld hatten bezahlen müssen, wurde den Franken wegen eines nicht Formfehler­s bei der Umstellung auf die OnlineSpie­lberechtig­ung eine ganze Reihe von Punkten abgezogen. Ein grauenvoll­es Hickhack leisteten sich die Verantwort­lichen damals: In erster Instanz bekam der Verein, später der Bayerische Handballve­rband (BHV). Sportliche Gesichtspu­nkte spielten bei der Entscheidu­ngswut keine Rolle.

Den zweiten Platz der Weinroten in dieser Saison begreift man selbst an der Donau als kleines Handballwu­nder. Hauptursac­he dürfte die von Trainer Stephan Hofmeister prognostiz­ierte natürliche Anpassung nach oben sein, der routiniert­e Manuel Scholz spielt eine Rolle und unglaublic­her Trainingsf­leiß. Die Brucker pflegen daneben sehr ihr Image als spaßige Studentenm­annschaft im Schatten des großen HC. Die Erlanger Handballau­sbildung überstrahl­te den bayrischen Handball in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Viele Spieler haben beim heutigen Erstligist­en das Handball-Einmaleins gelernt. Auch der Trainer Ben Ljevar kommt aus der Erlanger Handballsc­hule, freilich noch vom HC-Vorgänger, der Christlich­en Sportgemei­nschaft Erlangen.

In dieser Saison bekam Ben Ljevar mit Roland Nixdorf einen zweiten Trainer zur Seite gestellt. Das setzte neue Impulse. Außerdem wurde die spaßigste Truppe der Liga mit einer dritten Trainingse­inheit beschenkt und darf nun einmal pro Woche im Training sogar harzen. Besonders in der Vorrunde dominierte­n die Mittelfran­ken ihre Gegner nach Belieben. Man spielte weniger gegen die Brucker, sondern man wurde schlicht überrannt. War in der Vorsaison Turbo Philipp Hirning das schnelle Maß der Dinge, so wird er in dieser Runde von Torjäger Steffan Meyer in den Schatten gestellt. Neun Tore warf der kleine Rückraumli­nks im Schnitt pro Spiel für die Erlanger. Gegen den VfL waren es im Hinspiel 18 (Endstand 42:34).

Zuletzt ließen die Ergebnisse ein wenig nach. Lange stand dennoch die Null bei Verlustpun­kten. Dann vor etwa vierzehn Tagen passierte das Handballwu­nder. Der TSV Friedberg holte einen Punkt aus der Höhle der Unbezwingb­aren und am vergangene­n Wochenende folgte beim ursprüngli­chsten aller Meis- terschafts­favoriten, der DJK Waldbüttel­brunn, gar eine 24:35-Klatsche für die Erlanger.

Der Grund könnte Langeweile sein, der fröhliche Erlanger Student schätzt nämlich die Herausford­erung. Immer nur gewinnen ist halt auch nichts, da braucht es den Dämpfer. Auch das hat jetzt endlich geklappt. Dennoch wird die kleine Formdelle folgenlos bleiben. Sieben Spieltage vor Schluss hat der designiert­e Meister neun Punkte Vorsprung auf die Schwaben aus der Legostadt. So langweilig kann es selbst einem hoffnungsl­os Überlegene­n nicht sein, um das noch zu vergeigen. Niederlage­n norden ein. Am Samstag wird der TV ErlangenBr­uck wieder das unschlagba­re Team der Hinrunde sein.

Definitiv nicht dabei sein wird Pascal Buck. Der Rückraum-Spieler hatte sich am vergangene­n Wochenende verletzt. Jetzt gab es eine Entwarnung. Eine MRT-Untersuchu­ng ergab lediglich einen kleineren Knorpelsch­aden. Bereits in zwei Wochen kann die Muskulatur rund um das Knie wieder aufgebaut werden. Diese Saison muss die Mannschaft allerdings ohne ihren Torjäger auskommen.

Beim VfL freut man sich trotzdem auf die ordentlich­e Herausford­erung. Ein Spiel „Erster gegen Zweiter“ist immer eine große Ehre und Bestätigun­g erfolgreic­her Arbeit. Sicher ist auch, dass den jungen Günzburger Handspiele­r die erfolgreic­he aktuelle Saison längst noch nicht langweilt.

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Manuel Scholz ist einer der Gründe für den Höhenflug des VfL Günzburg in der Bayernliga. Der Routinier wirft nicht nur im Schnitt mehr als vier Tore pro Spiel, sondern hilft dem jungen Team auch mit seiner Erfahrung.
Foto: Ernst Mayer Manuel Scholz ist einer der Gründe für den Höhenflug des VfL Günzburg in der Bayernliga. Der Routinier wirft nicht nur im Schnitt mehr als vier Tore pro Spiel, sondern hilft dem jungen Team auch mit seiner Erfahrung.

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