Mittelschwaebische Nachrichten
Wie aussagekräftig sind Blutuntersuchungen?
Warum Patienten, wenn ihnen Testergebnisse komisch vorkommen, ihren Arzt darauf ansprechen sollten
Ingolstadt Blutuntersuchungen können Ärzten entscheidende Hinweise auf bestimmte Krankheiten geben. Deshalb ist es wichtig, dass die Tests verlässlich sind. Immer wieder gibt es die folgende Kritik: Da Bluttests rechtlich zu den Medizinprodukten und nicht zu den Arzneimitteln gehören, gelten bei ihrer Zulassung und Überprüfung angeblich laxere Regeln. Aber was bedeutet das für den Patienten? Bei der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) sieht man die Situation gelassen, äußert aber vorsichtige Kritik am Zulassungsverfahren. Wir beantworten wichtige Fragen zu dem Thema.
Bluttests liefern offenbar nicht immer verlässliche Ergebnisse. Wie groß ist die Gefahr, dass es deshalb zu Fehldiagnosen kommt? Antwort: Laut DGKL eher gering. Es kann zwar vorkommen, dass Labortests unterschiedliche Ergebnisse liefern. Das braucht aber nicht daran zu liegen, dass das Verfahren unzuverlässig ist. Viele verschiedene Faktoren – angefangen von körperlicher Belastung des Patienten über Fehler bei der Blutabnahme bis hin zum nicht fachgerechten Transport der Proben – können das Ergebnis beeinflussen. Daher ist es wichtig, dass ein Arzt die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet und sie zudem im Zusammenhang mit anderen Untersuchungsergebnissen sieht. Ein Beispiel: Im Blut eines Malaria-Patienten lassen sich während einer fieberfreien Phase keine Erreger nachweisen. Daraus darf man aber nicht ableiten, dass er nicht an Malaria leidet. „Häufig muss Blut zu mehreren Zeitpunkten untersucht werden, um eine gesicherte Diagnose zu erstellen“, erklärt DGKL-Präsident Prof. Dr. Matthias Nauck.
Stimmt es, dass manche Tests nicht richtig funktionieren? Antwort: Die meisten Tests, die im Labor eingesetzt werden, liefern richtige Werte. Allerdings gibt es Störfaktoren, die den Labormedizinern die Arbeit erschweren. So kann bei einem Patienten die Zusammensetzung des Blutes so stark verändert sein, dass die Analyse im Labor problematisch ist. Beispiel Fettstoffwechselstörungen: Wenn die Konzentration von Fetten im Blut sehr hoch ist, kann das Blut sogar weiß aussehen. Das macht die Laboranalyse schwierig, im Extremfall sogar unmöglich. „In der Regel sind diese Einschränkungen bei den Messungen bekannt“, erklärt Nauck. „Aber es gibt auch immer wieder Situationen, in denen Störfaktoren nicht sofort erkannt werden.“Abgesehen davon räumt er ein, dass die Qualität der Testverfahren unterschiedlich ist: So fordert Nauck, dass die Labormediziner die Hoheit über die Auswahl der im Labor angewendeten Verfahren behalten müssten. „Diese Entscheidungen dürfen wir uns nicht aufgrund von finanziellen Forderungen von kaufmännischen Leitungen im Krankenhausbereich abnehmen lassen. Damit könnte die Patientensicherheit durchaus gefährdet werden.“
Wird etwas unternommen, um die Qualität der Testverfahren zu verbessern? Antwort: Wissenschaftliche Fachgesellschaften und die Bundesärztekammer arbeiten laufend an bestimmten Vorgaben, um die Qualität der Verfahren zu sichern. Allen voran gibt es eine umfangreiche „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen“. Darin ist zum Beispiel klar vorgegeben, welche Messabweichungen noch im Rahmen sind. Außerdem ist vorgeschrieben, dass Labore regelmäßig an sogenannten Ringversuchen teilnehmen. Dabei schickt ein Ringversuchsanbieter eine identische Probe an mehrere Labore, die dort unter vorgeschriebenen Bedingungen untersucht wird. Anschließend werden diese Ergebnisse vom Anbieter analysiert und dadurch die Messqualität der Labore ermittelt. „Nur wenn diese Ringversuche bestanden werden, können diese Messverfahren gegenüber den Krankenkassen in Rechnung gestellt werden“, erklärt Nauck. Er betont: „Das deutsche Qualitätssicherungssystem nimmt weltweit eine Spitzenposition ein.“
Was kann man als Patient tun? Antwort: Leider wenig. Wenn einem Patienten Testergebnisse „komisch“vorkommen, sollte er dennoch seinen Arzt darauf ansprechen. Vielleicht klärt sich durch das Gespräch einiges. Oder der Arzt nimmt es zum Anlass, die Untersuchung zu wiederholen. Nauck sagt: „Bei unplausiblen Ergebnissen sollten Analysen wiederholt und gegebenenfalls in einem anderen Labor eine zweite Meinung eingeholt werden.“