Mittelschwaebische Nachrichten
Der Mensch, ein Eiferer
Neun Jahre muss es her sein, da hat das amerikanische Generalkonsulat für eine kurze Zeit USTouristen vor Reisen nach Bayern gewarnt. Anlass war eine zünftige Wirtshausschlägerei in Niederbayern, bei der fatalerweise einer gestorben ist. Obwohl solche handgreiflichen Auseinandersetzungen in Bayern Tradition haben, kommt es nur mehr selten zu Todesfällen. Und das ist eigentlich eine gute Entwicklung.
Und doch hat man das seltsame Gefühl, dass die Menschen in diesen Tagen – allerdings nicht nur im Freistaat – immer noch aggressiver werden, dass sie sich sofort über Nichtigkeiten aufregen, dass sich sofort eine Hasssuada über einen ergießt, allein wenn man mal anderer Meinung ist.
Das kann einem heute überall passieren – im Straßenverkehr, in den digitalen Freundschaftsnetzen, im Fußballstadion, sonstwo in der Öffentlichkeit oder unter Parteifreunden. Wenn das so weitergeht, werden sich die Menschen schon beim Diskutieren übers Wetter verbal beharken. Dabei muss man sagen: Wenn es dabei bleibt, Glück gehabt! Denn es kann durchaus schlimmer kommen. Im Jobcenter in Kempten mussten beispielsweise Sicherheitskräfte patrouillieren, weil ein Sanguiniker gedroht hatte, mit einer Kalaschnikow aufs Wohnungsbauamt zu marschieren.
An Mitarbeitern der Deutschen Bahn kühlen die neuen Eiferer offenbar am liebsten ihr Mütchen. 2012 wurden da 966 Fälle von Körperverletzung registriert, 2016 waren es 2374 – also zweieinhalb Mal so viele. Von einem Sicherheitsmitarbeiter ist das Zitat überliefert: „Ich habe schon eine gebrochene Nase gehabt, zwei Mal eine Flasche im Gesicht, ich wurde gebissen während des Oktoberfests und hatte sogar mal einen Messerstich in der Hand.“Was soll man dazu sagen? Bei so viel Wahnsinn versuchen wir es mit einem versöhnlichen „Prosit der Gemütlichkeit“!