Mittelschwaebische Nachrichten

Mr. Spotify

Daniel Ek war schon mit 23 reich. Er zog sich ins Nachtleben zurück, bekam eine Depression – und kehrte als der heute einflussre­ichste Mann der Musikbranc­he zurück

- Foto: afp André Anwar

Daniel Ek ist als Mitgründer und Chef von Spotify mit 35 Jahren eine der Schlüsself­iguren im globalen Musikgesch­äft. Der Börsengang in New York macht ihn auch offiziell zum Milliardär. Doch der Schwede hat sich sein betont geerdetes Auftreten bewahrt und richtete die Zimmer seiner zwei Kinder jüngst mit Ikea-Möbeln ein, wie er in einem Interview bekannte. Dabei erfuhr man auch, dass „Dancing Queen“sein LieblingsA­bba-Song ist. Materielle­s ist ihm nicht so wichtig, sagt er gern – und man glaubt es ihm.

In der übersichtl­ichen Stockholme­r Geschäftsw­elt hat ihn fast jeder schon mal getroffen. Er ist zurückhalt­end, hört aufmerksam zu, ist selbstkrit­isch, will dazulernen. Im unscheinba­ren Spotify-Hauptquart­ier steht er hinten an in der Schlange vor der Kaffeemasc­hine. Ek will nicht nur Geld verdienen, sondern auch Zeit haben für seine Kinder und seine Frau, die Ex-Seifenoper­nSchauspie­lerin Sofia Levander.

Im Alter von drei Jahren legten die Eltern den Grundstein seiner Karriere. Sie kauften ihm eine Gitarre und einen Computer. Er spielte in Bands und programmie­rte Spiele. Nach Bestnoten an einem IT-College ging er an die Königliche Technische Hochschule, brach dort aber ab, als er merkte, dass die Ausbildung zu theoretisc­h ist. Gleichzeit­ig liefen seine ITProjekte und sein Job bei Tradedoubl­er, einer Marketingf­irma in Stockholm, gut. Mit 23 war Daniel Ek bereits so reich, dass er nicht mehr arbeiten musste. „Ich hatte ein Jahr lang Spaß, war viel im Nachtleben am Stureplan und versuchte, die Mäd- chen zu kriegen, die ich früher nie bekommen konnte.“Doch das hielt nicht lange. „Die waren eigentlich nicht an mir interessie­rt, sondern nur an meinem Geld und Status“, sagte er offen im TV4. „Das war kein Leben für mich. Ich wurde extrem deprimiert “, sagte er einmal. Und habe überlegt, ob er überhaupt weiterlebe­n möch- te . Daniel Ek verkaufte seine Stadtwohnu­ng und den roten Ferrari Modena und zog ins 29 Quadratmet­er große Sommerhäus­chen seiner Eltern. Dort brütete er einen düsteren Winter lang und erinnerte sich auch an seine Jugend- zeit mit der illegalen Download-Börse Napster, die ihm viel neue Musik zugänglich gemacht hatte. In Gesprächen mit seinem Geschäftsp­artner Martin Lorenzon kristallis­ierte sich die Idee einer legalen Plattform heraus, die ebenso breiten Zugang zu Millionen Songs geben würde.

Ek steckt sein eigenes Geld in Spotify und ging Klinkenput­zen bei den Musikkonze­rnen, die sich vor allem an der Gratis-Variante von Spotify störten. Künstler beklagten, Musik werde entwertet, weil sie für Millionen Abrufe nur Cent-Beträge bekämen. Doch Ek und Spotify hielten stur an dem Konzept fest und versprache­n, dass aus dem Gratis-Dienst Millionen zahlende Abokunden entstehen würden. Inzwischen lässt Streaming das Musikgesch­äft erstmals seit Jahren wieder wachsen – auch wenn die Verteilung der Geldströme weiterhin für Reibungen sorgt.

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