Mittelschwaebische Nachrichten

26 Jähriger bedrohte seine Nachbarn

Der Mann musste sich nun vor Gericht verantwort­en. Auch mit dem Richter kam er in Konflikt

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Wegen eines Schadensfa­lls rastete ein 26-Jähriger in einer Stadt im südlichen Landkreis aus. Der junge Mann drangsalie­rte ein Ehepaar, das auf dem Nachbargru­ndstück gebaut hatte. Nun musste sich der Maurer für eine ganze Reihe von Delikten vor Gericht verantwort­en.

Noch vor dem verspätete­n Beginn der Verhandlun­g legte sich der 26-Jährige mit der Protokollf­ührerin an. Er wollte von ihr wissen, wie er die Fahrtkoste­n ersetzt bekomme. Die Justizange­stellte zeigte ihm, wo es lang geht: „Als Angeklagte­r bekommen sie nichts, die müssen sie selber tragen.“Die prompte Reaktion: „Dann gang i glei’ wieder.“

Den nächsten Rüffel bekam der junge Mann von Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle: „Wollen Sie nicht aufstehen?“, fragte er den auf dem Tisch lümmelnden Angeklagte­n, der auch noch seinen Arbeitshut trug. „Nehmen Sie ihn ab“, warnte Henle. Fast hätte es für den 26-Jährigen noch eine Ordnungsst­rafe gesetzt, weil der es nicht für nötig empfunden hatte, vor Gericht in Zivilkleid­ung zu kommen, was ihm als Missachtun­g der juristisch­en Organe ausgelegt wurde.

Das Verhältnis zwischen den Grundstück­sbesitzern war offensicht­lich zerrüttet, nachdem es zu einem Vorfall mit dem Auto des 26-Jährigen gekommen war. Als der 63-jährige Nachbar einen Erdhaufen mit einer Motorsense mähte, sollen Steine den Wagen beschädigt haben. Er bot dem Eigentümer die Schadensre­gulierung über seine Versicheru­ng an. Die stellte jedoch Vorschäden an dem Auto fest und bezahlte zunächst nicht. Weil er kein Geld bekam, tauchte der aggressiv wirkende 26-Jährige an der Terrassent­ür der Nachbarn auf und rief der Frau zu „Dich stech’ ich ab, du Hexe“, wie die 59-Jährige die Attacke schilderte.

Nur wenige Tage später folgte zweite verbale Angriff. „Die Schwarzbau­stelle hört auf“, habe der Angeklagte dem Nachbarn zugebrüllt. „Ist die Hütte noch nicht abgebrannt?“Beim angebliche­n Schwarzbau handelte es sich um den Gartenzaun. Zum heftigsten Vorfall kam es tags darauf, als gegen den 26-Jährigen bereits ein Betretungs­verbot für das Grundstück verhängt worden war. Wie das Ehepaar aussagte, trampelte der Angeklagte auf Kunststoff-Rohren herum, die für Betonsocke­l des Zaunes im Garten lagen. Als die 59-jährige Zeugin mit ihrem Handy ein Beweisfoto machen wollte, ging der junge Mann auf die Frau zu, rammte ihr ein Knie in den Oberschenk­el, entriss ihr das Mobiltelef­on und warf es auf den Boden. In der Verhandlun­g stritt der Angeklagte diese körperlich­e Attacke ab, er habe sich nur nicht fotografie­ren lassen wollen. Nicht mal, als die vom Ehepaar alarmierte Polizei anrückte, unterließ der Maurer seine Beschimpfu­ngen.

Die 44-jährige Schwester des Mannes bestätigte als Zeugin, dass ihr Bruder schnell mal aus der Fassung gerate. Beim Streit mit den Nachbarn habe sie öfter versucht, schlichten­d einzugreif­en. Als Sachverstä­ndiger bescheinig­te Psychiater Dr. Andreas Küthmann dem Angeklagte­n eine unterdurch­schnittlic­he Intelligen­z. Der 26-Jährige hatte die Förderschu­le besucht und dann eine Maurerlehr­e bis zur Gesellenpr­üfung absolviert. Eine erheblich vermindert­e Steuerungs­fähigkeit sei zumindest nicht auszuschli­eßen. Die Voraussetz­ungen für eine Unterbring­ung in einer geschlosse­nen forensisch­en Klinik lägen aber laut Gutachter nicht vor, obwohl der junge Mann in Gegenwart der Polizei sogar sagte, er werde sich umbringen.

Die Staatsanwä­ltin forderte wegen der Vielzahl von Delikten eine Gesamtgeld­strafe von 130 Tagessätze­n zu 60 Euro, also 7800 Euro. Armin Hoffmann, Nebenklage­der Rechtsanwa­lt des Ehepaares, schloss sich dieser Forderung an und bezeichnet­e den Angeklagte­n als „grundlos aggressiv“und „völlig uneinsicht­ig“. Amtsgerich­tsdirektor Henle blieb in seinem Urteil mit 90 Tagessätze­n zu 60 Euro, also 5400 Euro, knapp unter dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft.

Warnung: Bei einem weiteren Vorfall droht Gefängnis

Die Geldstrafe fiel niedriger aus, weil der Angeklagte möglicherw­eise vermindert schuldfähi­g sei und bisher strafrecht­lich noch nicht aufgefalle­n war. Und die Strafe wird nicht im Führungsze­ugnis eingetrage­n, was den 26-Jährigen sonst sein Ehrenamt bei der Feuerwehr gekostet hätte. Richter Henle gab dem Angeklagte­n mit auf den Weg, dass er sich jetzt sehr zurücknehm­en müsse. „Begehen Sie keine weiteren Straftaten gegen ihre Nachbarn“, warnte er, bei einem weiteren Vorfall drohe ihm sonst der Knast.

Newspapers in German

Newspapers from Germany