Mittelschwaebische Nachrichten
Aroma ade?
Lebensmittel sollen ab sofort weniger gesundheitsschädliches Acrylamid enthalten. Das bedeutet aber auch, dass Pommes und Brot anders zubereitet werden müssen
Brüssel Wirklich gesund werden Pommes wohl nie – aber die EUKommission will sie zumindest ein Stück weit gesünder machen: Ab heute gilt in der Europäischen Union eine neue Verordnung, die das als krebserregend geltende Acrylamid in Lebensmitteln verringern soll. Was bedeutet das für den nächsten Einkauf? Die wichtigsten Fragen und Antworten haben wir hier.
Was ist Acrylamid?
Acrylamid entsteht beim Backen, Braten, Frittieren und Rösten bei hohen Temperaturen über 120 Grad Celsius – vor allem dann, wenn der Stärkegehalt der Lebensmittel besonders hoch ist. Denn der darin enthaltene Zucker geht beim Erhitzen mit der ebenfalls enthaltenen Aminosäure Asparagin eine giftige Liaison ein – und es entsteht Acrylamid. Die Krux: Auch die beliebten Röstaromen entstehen zusammen mit dem Acrylamid, genauer gesagt ab einer Temperatur von 150 Grad. Es ist nachgewiesen, dass Acrylamid ab 170 Grad sogar sprunghaft in den Lebensmitteln ansteigt. Der Prozess wird noch begünstigt, wenn das Produkt wenig Feuchtigkeit enthält.
Worin ist Acrylamid enthalten?
Der krebserregende Stoff kommt besonders in Chips, Pommes frites, Bratkartoffeln oder Kroketten vor. Aber auch Getreideprodukte wie Kekse, Kräcker, Toast- und Knäckebrot oder geröstete Frühstücksflocken können Acrylamid enthalten. Selbst in Nüssen und in Gebäck konnte der Stoff nachgewiesen werden. Auch Kaffee enthält Acrylamid – bei Robusta-Bohnen liegt der Acrylamidgehalt sogar höher als bei den Arabica-Bohnen.
Wie gefährlich ist Acrylamid wirklich?
Ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im vergangenen Jahr bestätigt, dass Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht. Bei der Aufnahme von Acrylamid entsteht das Stoffwechselprodukt Glycidamid, das als wahrscheinlichste Ursache der in Tierversuchen beobachteten Genmutationen und Tumoren gilt. Eine Höchstmenge oder ein Grenzwert, bis zu denen Acrylamid bedenkenlos konsumiert werden kann, lässt sich nicht festlegen. Grundsätzlich gilt nach Auffassung von Wissenschaftlern jedoch: Je mehr Acrylamid in den menschlichen Organismus gelangt, desto höher ist das Risiko.
Was genau schreibt die EU-Verordnung denn nun vor?
Die Europäische Union hat lediglich Richtwerte vorgegeben, keine Obergrenzen. Hersteller von Pommes, Chips, Keksen und Brot sind jedoch zu einer möglichst schonenden Zubereitung verpflichtet. So müssen etwa Pommes-Produzenten künftig stärkeärmere Sorten verwenden, die somit einen niedrigen Zuckergehalt aufweisen – zudem dürfen die Sorten nicht zu trocken sein. Liegt die Temperatur über 168 Grad Celsius, müssen die Hersteller nachweisen, dass die je nach Produkt unterschiedlichen AcrylamidRichtwerte dennoch eingehalten werden.
Wieso gibt es keinen einheitlichen Grenzwert?
Bestimmte Lebensmittel wie etwa Brot werden in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich hergestellt, sodass der Gehalt von Acrylamid stark schwanken kann. Zum Teil liegen die europäischen Richtwerte deshalb deutlich über den zuletzt 2010 ermittelten nationalen Werten.
Wer überprüft, ob die schonende Zubereitung durch Bäcker und Pommesbuden eingehalten wird?
Solche Kontrollen sollen die örtlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden übernehmen. Wenn sich Unternehmen nicht an die Regeln halten, können ihre Produkte vom Markt genommen werden.
Was kann ich selbst tun, um Acrylamid zu vermeiden?
Die Verbraucherzentrale empfiehlt, Pommes nicht länger als dreieinhalb Minuten zu frittieren und die Fritteuse maximal auf 175 Grad Celsius einzustellen. Bei Gebäck und Kuchen können geringere Temperaturen, dafür aber eine etwas längere Backzeit helfen.